Predigt von P. Bernward Deneke FSSP, Wigratzbad zum 2. Sonntag nach Erscheinung des Herrn (Evangelium: Jo 2,1-11)
Es mag vorkommen, daß jemand mit Recht seinen Geschäftspartner fragt: „Was habe ich denn mit Ihnen zu tun?“ Sagt er es aber ohne Grund, so liegt darin zumindest eine Unfreundlichkeit.
Es mag vorkommen, daß jemand mit Recht seinen Geschäftspartner fragt: „Was habe ich denn mit Ihnen zu tun?“ Sagt er es aber ohne Grund, so liegt darin zumindest eine Unfreundlichkeit.
Bekommt man
von einem nahestehenden Menschen, gar einem vertrauten Freund zu
hören: „Was habe ich mit Dir zu tun?“, dann wiegt das bereits
viel schwerer. Die Freundschaft kann durch eine derart lieblose
Bemerkung belastet sein und sogar zerbrechen.
Wie
schmerzlich aber mögen es erst gute Eltern empfinden, wenn ihnen die
eigenen Kinder zu verstehen geben, daß sie mit ihnen nicht viel zu
tun haben und haben wollen? Dieselbe Feststellung wird in einem
solchen Fall zum Angriff auf die tiefsten und zugleich feinsten
Bande, die Menschen miteinander verbinden können.
Und
ausgerechnet dieses Wort spricht im heutigen Evangelium Jesus zu
Seiner Mutter.
Die
gläubigen, ehrfürchtigen Übersetzer mögen sich winden und wenden
in dem Versuch, der Stelle einen harmloseren Klang zu geben. Etwa den
einer rein informativen Frage: „Frau, was willst Du von mir?“
(Aber auch darin stört ja noch das reichlich befremdliche „Frau“
gegenüber der eigenen Mutter!) In Wirklichkeit steht es nun einmal
unverrückbar im griechischen Urtext: tí emoì
kaì soí, gýnai; – in der lateinschen
Übersetzung: Quid mihi, et tibi est mulier?
– und folglich in deutscher Wiedergabe (wörtlich): „Was ist Dir
und mir, Frau?“ Das bedeutet: „Was ist zwischen uns, was haben
wir miteinander zu tun?“
Überlegen
wir doch einmal:
Sie, die Ihm
durch die Zustimmung zur Botschaft des Engels den Weg in die Welt
geöffnet hat;
sie, die dem
größten aller Wunder in sich Raum gab, als Er in ihrem Schoß die
menschliche Natur annahm und mit der göttlichen vereinte;
sie, die Ihm
während neun Monaten gleichsam ein Tabernakel war und Ihn mit reinem
Glauben, inniger Liebe umfing;
sie, die
später von anderen selig gepriesen wurde, weil ihr Leib Ihn getragen
und ihre Brust Ihn genährt hat;
sie, die Ihn
in Armut und Entbehrung zur Welt brachte;
sie, der
keine Mühe und Gefahr zu groß war für Ihn;
sie, die von
Anfang an alles, was Er sagte und tat, liebevoll in ihrem Herzen
bewahrte und erwog;
sie, die Ihm
die ersten Worte und Schritte beibrachte;
sie, die
Ihn, als Er verloren schien, mit Schmerzen suchte:
Maria, die
Jesus mehr Liebe schenkte als sonst ein Mensch, muß nun dieses Wort
hören: „Was ist zwischen uns, Frau?“
Lassen wir
es in seiner ganzen Wucht und Fremdartigkeit stehen. Und versuchen
wir dennoch etwas von dem zu erfassen, was damit gemeint ist. Der
Herr kann ein solches Wort ja nicht leicht dahingesagt haben. Solches
zu denken, verbietet sich von vornherein. Auch der nachfolgende Satz
läßt erahnen, daß es um mehr geht: „Noch ist meine Stunde nicht
gekommen.“
Und daß die
Gottesmutter sich nicht von ihrem Sohn abgewiesen fühlt, geht allein
schon aus der Tatsache hervor, daß sie jetzt, gerade jetzt die
Initiative ergreift und sich an die Diener wendet: „Was Er euch
sagt, das tut.“
Weshalb aber
dieses Wort Jesu zu Seiner Mutter? Hätte Er ihr nicht sagen können:
„Mutter, auch ich sehe, daß kein Wein mehr vorhanden ist. Wenn Du
mich darum bittest, will ich dem Mangel gerne abhelfen“? Das hätte
unseren Vorstellungen vielleicht zunächst mehr entsprochen.
Doch bereits
ein oberflächlicher Blick in die Geschichte des Heils zeigt, daß es
eine Art „Tradition“ für solchen scheinbar schroffen Umgang
gibt. Wir erleben ihn bei den Propheten. Wie hart und scheinbar
lieblos fährt beispielsweise Elias seinen Schüler Elisäus bei
dessen Berufung an. Dieser möchte sich noch rasch von seinen
Verwandten verabschieden. Da bekommt er zu hören: „Geh nur zurück,
denn was habe ich mit dir zu tun?“ Später zeigt sich, wie viel die
beiden miteinander zu tun haben.
Aber es
verfährt ja Gott selbst manches Mal nicht anders mit denen, die Er
für Besonderes auserwählt hat. Denken wir im Neuen Testament an das
Verhalten Jesu gegenüber manchen Bittstellern, die Er zunächst von
sich zu weisen scheint. „Es ist nicht recht, den Kindern das Brot
zu nehmen und es den Hunden zu geben“, muß eine Mutter in großen
Nöten hören, deren Glauben der Herr wenig später rühmen wird.
Ähnlich
ergeht es dem heidnischen Hauptmann, dem Er zunächst den nicht sehr
freundlichen Vorwurf macht: „Wenn ihr nicht Zeichen und Wunder
seht, so glaubt ihr nicht.“ Als der Mann sich aber hartnäckig
zeigt, wird er erhört und erhält sogar das Zeugnis, ein Glaube wie
der Seine sei in Israel nicht zu finden.
Und ist es
denn anders in den uns bekannten Leben großer Heiliger? Je mehr
Einblick wir in ihr Inneres haben, desto häufiger sehen wir sie in
der Lage des scheinbar nicht Erhörten, ja des von Gott Abgewiesenen
und Verstoßenen.
Sogar der
Heiligste aller Heiligen, Jesus Christus selbst, hat, obwohl Er der
ewige Sohn ist, zu einer Stunde – Seiner Stunde! – mit den Worten
des Psalms gerufen: „Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich
verlassen!“
Hier kann es
nicht einfach um eine pädagogische Lektion gehen. Gott treibt auch
keine mutwilligen Spielchen mit uns Menschen. Er verfährt gerade
dort so, wo Er einen Menschen besonders für Seine Pläne gebrauchen
will. Wenn Er ihn sozusagen für einen Moment draußen stehen läßt,
dann nur, um ihn sogleich ganz besonders mit Sich selbst und Seinem
Wirken zu vereinigen.
Die
Gottesmutter verhält sich bei der Hochzeit zu Kana sogleich richtig
angesichts des Satzes: „Was habe ich mit Dir zu tun, Frau?“ Sie
lehnt sich nicht auf, läßt sich aber auch nicht abweisen. Vielmehr
faßt sie das Wort Jesu als Anruf auf, sich nun um so fester,
entschlossener, ja kühner zu zeigen. Zwar ist die entscheidende
Stunde noch nicht gekommen. Aber gerade im Hinblick auf diese Stunde
hin bewährt sie sich schon jetzt. Und wird darin bestätigt. Das
Wunder geschieht.
Welches aber
ist diese geheimnisvolle Stunde, von der Jesus spricht? An einer
anderen Stelle nennt Er Maria nochmals „Frau“, nämlich vom Kreuz
herab: „Frau, siehe da, Dein Sohn!“ „Frau“
klingt hier nicht mehr wie die Anrede irgendeiner Frau auf der
Straße. Es ist das Wort des Gatten zur Gattin. Jetzt, unter dem
Kreuz, ist Maria die „Frau“ im uranfänglichen Sinne des
Paradieses. Dort gab Gott gab dem Adam die Frau als Gehilfin.
Maria steht
also nicht mehr nur als irgendein gläubiger und am Leiden Christi
mitleidender Mensch unter dem Kreuz. Sie ist vielmehr tätig in das
Geschehen einbezogen. Sie wirkt mit, unterstützt sozusagen wie eine
Ehegattin ihren Mann bei dem schwersten Werk, das Er zu vollbringen
hat. Mit Ihm geht sie in die äußerste Finsternis scheinbaren
Verworfenseins ein. Und gerade dort empfängt sie – als die erste
Frucht Seines Opfertodes – Johannes zum Sohn. Johannes, den ersten
ihrer vielen Söhne und Töchter der Gnade nach!
Und von hier
aus fällt nun auch ein helles Licht auf das Ereignis von Kana: Schon
da ist Maria die Frau und Gehilfin. Auf ihr Betreiben hin verwandelt
der Herr Wasser in Wein. Er schenkt dem Wasser sozusagen eine neue,
höhere, „übernatürliche“ Qualität, so wie er uns vom Kreuz
herab das neue, höhere, übernatürliche Leben schenkt. In beiden
Fällen aber ist Maria innigst in den Vorgang einbezogen als
Mittlerin und Mitwirkende.
„Was habe
ich mit Dir zu tun?“ Dieses Wort des Herrn an Seine Mutter wurde zur Erprobung gesprochen, um die Festigkeit und Unnachgiebigkeit ihres
Anhangens an Ihn herauszustellen. Und es ist zugleich die
Aufforderung an uns, uns nicht in unserem Bitten beirren zu lassen.
Wir sollen
auch wir wissen, daß wir in Momenten, in denen wir uns ohne das
Bewußtsein einer bestimmten Sünde von Gott abgewiesen fühlen; in
Zeiten, in denen Gebete lange keine Erhörung finden und ein Einsatz
für die Sache des Herrn sich nicht mehr zu lohnen scheint, - daß
wir uns gerade in solchen Augenblicken Seiner Macht, die in unserer
Unfähigkeit zur Vollendung gelangen will, bedienen dürfen.
Maria ist
uns auch darin Vorbild und Helferin. Wenn wir uns so verhalten,
fordern wir wie sie unseren Herrn und Gott heraus zu immer größeren
Wundertaten in unserem Leben und in dem anderer. Rufen wir als
scheinbar von Ihm Abgewiesene dennoch mit dem Patriarchen Jakob: „Ich
lasse Dich nicht, Du segnest mich denn!“, so wird Gott wie in Kana
neu Seine Herrlichkeit an uns offenbaren.
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