Aus der Predigt des Bischofs von Augsburg, Konrad Zdarsa, zum 1. Advent:
Rufen wir nicht auch nach dem äußersten und endgültigen Eingreifen Gottes, wenn wir beten: Adveniat regnum tuum – Zu uns komme dein Reich?
Und doch sind wir uns des tiefen Sinnes dieser Bitte oft gar nicht so recht bewusst, sind uns gar nicht so recht darüber einig, was wir denn eigentlich damit meinen, und denken schon gar nicht daran, an unserem Alltagstrott auch nur das Geringste zu verändern.
Sich besinnen aber heißt doch wohl, bei allem, was wir tun und lassen, die Frage nach dem Sinn stellen oder den Dingen, mit denen wir uns beschäftigen, einen Sinn geben oder geben lassen. Dann aber wird die Antwort auf die Frage, woher wir kommen und wohin wir gehen, die Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Ganzen zwangsläufig zum Programm. Dann erst sind wir in der Lage, die Zeit und den Lauf der Dinge, unser Leben und das Leben unserer Mitmenschen zu be-sinnen, ihnen Halt und Richtung zu geben.
Dann erst werden die anderen merken, dass wir ihnen etwas zu bringen haben, wenn wir nicht im eigenen Namen daherkommen, sondern im Namen des Logos, des menschgewordenen Sinns, unseres Herrn Jesus Christus.
Was das oft bemühte Motto des amerikanischen PR "Doing right and talking about" für uns Christen bedeutet, erläuterte Bischof Zdarsa mit folgenden Worten:
Richtig handelt, wer die richtige Reihenfolge beachtet. Bevor wir beten: Dein Reich komme (Adveniat regnum tuum), beten wir: Geheiligt werde dein Name (Sanctificetur nomen tuum). Die Menschen müssen merken, dass wir in der Spur bleiben, dass wir alles, was wir unternehmen, im Blick und mit der Ausrichtung auf unseren Herrn tun.
Wir heißen Kirche, weil wir zum Herrn gehören, nicht weil wir uns zusammengeschlossen und etwa einen sozialen Sinn entwickelt haben. Wir sind nicht nur auf die Zukunft ausgerichtet, sondern auf die Ewigkeit. Und nur wer dem Menschen die Perspektive Ewigkeit eröffnet, wird ihm auch Zukunft bieten können. Darum dürfen wir das Wissen um die Ewigkeit nicht einfach stillschweigend voraussetzen, sondern wir müssen immer wieder darüber reden.
Dann stellt der Augsburger Oberhirte fest, dass der Christ nicht erst in der Ewigkeit, sondern bereits hier auf Erden dazu berufen ist, "nach dem Maß Gottes" zu handeln:
Die Antwort auf die Frage, ob es schon während dieser Weltzeit ein Handeln nach dem Maß Gottes gibt, der in der Welt der äußeren Machtausübung entsagt, wurde uns schon mit dem Gleichnis Jesu von den anvertrauten Talenten gegeben. Ja, wir sind gehalten, nach seinem Willen und in dieser Welt nach Gottes Maß und Auftrag zu handeln. Gott gibt uns nicht nur so viel Gnade und Zuwendung, dass wir gerettet werden können, sondern er überträgt seine Aufgaben auch nur denen, denen er es zutraut, sie zu erfüllen. (...)
Die Wachsamkeit, zu der wir aufgefordert sind, ist die Entschlossenheit, in dauerndem Bewusstsein des Geschenks der Gnade zu leben und zu handeln.
Gottesdienst und Gebet sind dem Christen Quelle und Lebensstrom der göttlichen Gnade, aus denen alle Wohltätigkeit erst erwächst. Gottesdienst und Gebet seien keine "Gelegenheiten", menschliche Pläne und Projekte zur Weltverbesserung vorzutragen:
Die Ermahnung zu tätiger Wachsamkeit ist nach dem Evangelium des Markus die letzte Weisung Jesu an seine Jünger vor seiner Passion. In einer Zeit, in der die Christen weltweit verfolgt, diskriminiert, angegriffen und getötet, aber auch verspottet und verhöhnt werden, hat Gottes Wort den absoluten Vorrang. Die Verkündigung der Frohen Botschaft, die Feier der Vergegenwärtigung von Tod und Auferstehung unseres Herrn, unser Gottesdienst und Gebet sind nicht traditionell willkommene Gelegenheiten, unsere Pläne und Projekte zur Weltverbesserung zu offerieren. Sie sind vielmehr Quelle und Lebensstrom, aus denen alle Wohltätigkeit und Barmherzigkeit genährt und belebt werden muss.
Bischof Zdarsa erinnerte daran, dass die Christen vor allem durch die Feier der Hl. Eucharistie "am realsten und am glaubwürdigsten" ihren Willen und ihre Bereitschaft erklären, ihr eigenes Leben nach dem
Evangelium auszurichten.
Die ganze Predigt vom 30. November 2014 (1. Adventsonntag und Eröffnung der Aktion Adveniat) findet man auf der Homepage des Bistums Augsburg.
Zu den Predigten anderer deutscher Bischöfe zum 1. Advent 2014:
- Bischof Stefan Oster, Passau: Im Advent den Herzensplatz für Jesus wieder freiräumen
- Predigt des Freiburger Erzbischofs Stephan Burger
- Beiboot Petri: Gutes aus Freiburg, Hirtenbrief zum Advent
- Invenimus Messiam: Zum Hirtenbrief von Erzbischof Stephan Burger, Freiburg
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen