Sonntag, 24. August 2014

Gotteskindschaft und Gottebenbildlichkeit - der kleine Unterschied

Seht, wie groß die Liebe ist, die der Vater uns geschenkt hat: Wir heißen Kinder Gottes und wir sind es. Die Welt erkennt uns nicht, weil sie ihn nicht erkannt hat. (...) Daran kann man die Kinder Gottes und die Kinder des Teufels erkennen: Jeder, der die Gerechtigkeit nicht tut und seinen Bruder nicht liebt, ist nicht aus Gott. (1. Joh 3,1.2.10)

Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt. Er war in der Welt und die Welt ist durch ihn geworden, aber die Welt erkannte ihn nicht. Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf. Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden, allen, die an seinen Namen glauben, die nicht aus dem Blut, nicht aus dem Willen des Fleisches, nicht aus dem Willen des Mannes, sondern aus Gott geboren sind. Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt und wir haben seine Herrlichkeit gesehen, die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, voll Gnade und Wahrheit. (Joh 1,9-14)

Die Heilige Schrift macht einen Unterschied zwischen der "Welt" und den Kindern Gottes. Ganz eindeutig umfasst die Gemeinschaft der Kinder Gottes nicht alle Menschen, die auf Erden leben. Die Schrift nennt die Kriterien, die den Kindern Gottes eigen sind: Kind Gottes ist allein derjenige, der Jesus Christus aufgenommen hat, an Seinen Namen glaubt, aus Gott geboren, sprich: getauft ist, der Gerechtigkeit übt und seinen Bruder liebt.

Der Katechismus der Katholischen Kirche (KKK) bestätigt, dass die Gotteskindschaft Frucht der göttlichen Gnade, verliehen durch die Sakramente der heiligen Kirche, ist:
KKK 1129 Die Kirche sagt, daß die Sakramente des Neuen Bundes für die Gläubigen heilsnotwendig sind [Vgl. K. v. Trient: DS 1604]. Die „sakramentale Gnade" ist die jedem Sakrament eigene, durch Christus gespendete Gnade des Heiligen Geistes. Dieser heilt und verwandelt alle, die ihn empfangen, indem er sie dem Sohn Gottes gleichgestaltet. Die Frucht des sakramentalen Lebens besteht darin, daß der Geist der Gotteskindschaft den Gläubigen Anteil an der göttlichen Natur schenkt [Vgl. 2 Petr 1,4.], indem er sie mit der Lebenskraft des einzigen Sohnes, des Erlösers, vereint.

Die Umgestaltung in Christus, die Anteilnahme des Menschen am göttlichen Leben als Sohn oder Tochter Gottes beginnt mit der heiligen Taufe. Damit ist der Same gelegt für das Heranwachsen im Glauben und wie es Lebensaufgabe des Getauften ist, sich ganz und immer mehr in Christus, den einzigen Sohn Gottes, umzuwandeln und so wie er den Willen des himmlischen Vaters zu erfüllen, ist es die Aufgabe der Kirche, den Menschen, nachdem sie als Mutter diese durch die Taufe Gott dem Vater als neue Kinder geboren hat, nun für das Wachstum im Glauben und die Nachfolge Christi auszustatten, zu beschützen und durch Erneuerung oder Vermehrung des göttlichen Lebens zu nähren.
KKK 1213 Die heilige Taufe ist die Grundlage des ganzen christlichen Lebens, das Eingangstor zum Leben im Geiste [vitæ spiritualis ianua] und zu den anderen Sakramenten. Durch die Taufe werden wir von der Sünde befreit und als Söhne Gottes wiedergeboren; wir werden Glieder Christi, in die Kirche eingefügt und an ihrer Sendung beteiligt [Vgl. K. v. Florenz: DS 1314; CIC, cann.  [link] 204, § 1;  [link] 849; CCEO, can. 675, § 1]: „Die Taufe ist das Sakrament der Wiedergeburt durch das Wasser im Wort" (Catech. R. 2,2,5).

So hat Gott sich aus Heiden und Juden ein Volk geschaffen und die "einst ein Nicht-Volk waren, sind jetzt Gottes Volk" (1 Petr 2,9-10). Auch hier wird deutlich, dass es einen Unterschied gibt zwischen denen, die Gottes Volk angehören, weil sie durch Teilhabe am göttlichen Leben seine Kinder sind, und den übrigen Menschen, nämlich denen, die noch in Finsternis und ohne (christliche) Hoffnung leben.

Die Dogmatische Konstitution Lumen gentium des 2. Vatikanischen Konzils schreibt im Kapitel 9 über das Volk Gottes sehr deutlich:
Diesen neuen Bund hat Christus gestiftet, das Neue Testament nämlich in seinem Blute (vgl. 1 Kor 11,25). So hat er sich aus Juden und Heiden ein Volk berufen, das nicht dem Fleische nach, sondern im Geiste zur Einheit zusammenwachsen und das neue Gottesvolk bilden sollte. Die an Christus glauben, werden nämlich, durch das Wort des lebendigen Gottes (vgl. 1 Petr 1,23) wiedergeboren nicht aus vergänglichem, sondern aus unvergänglichem Samen, nicht aus dem Fleische, sondern aus dem Wasser und dem Heiligen Geist (vgl. Joh 3,5-6), schließlich gemacht zu "einem auserwählten Geschlecht, einem königlichen Priestertum ..., einem heiligen Stamm, einem Volk der Erwerbung ... Die einst ein Nicht-Volk waren, sind jetzt Gottes Volk" (1 Petr 2,9-10).

Dieses messianische Volk hat zum Haupte Christus, "der hingegeben worden ist wegen unserer Sünden und auferstanden ist um unserer Rechtfertigung willen" (Röm 4,25) und jetzt voll Herrlichkeit im Himmel herrscht, da er den Namen über allen Namen erlangt hat. Seinem Stande eignet die Würde und die Freiheit der Kinder Gottes, in deren Herzen der Heilige Geist wie in einem Tempel wohnt. Sein Gesetz ist das neue Gebot (vgl. Joh 13,34), zu lieben, wie Christus uns geliebt hat. Seine Bestimmung endlich ist das Reich Gottes, das von Gott selbst auf Erden grundgelegt wurde, das sich weiter entfalten muß, bis es am Ende der Zeiten von ihm auch vollendet werde, wenn Christus, unser Leben (vgl. Kol 3,4), erscheinen wird und "die Schöpfung selbst von der Knechtschaft der Vergänglichkeit zur Freiheit der Herrlichkeit der Kinder Gottes befreit wird" (Röm 8,21).

So ist denn dieses messianische Volk, obwohl es tatsächlich nicht alle Menschen umfaßt und gar oft als kleine Herde erscheint, für das ganze Menschengeschlecht die unzerstörbare Keimzelle der Einheit, der Hoffnung und des Heils. Von Christus als Gemeinschaft des Lebens, der Liebe und der Wahrheit gestiftet, wird es von ihm auch als Werkzeug der Erlösung angenommen und als Licht der Welt und Salz der Erde (vgl. Mt 5,13-16) in alle Welt gesandt. (Hervorhebungen in Fettdruck von mir)

Nach christlichem Verständnis ist also keineswegs das Volk Gottes gleichbedeutend mit der gesamten Menschheit und nicht jeder Mensch ist schon Kind Gottes. Vielmehr fordert Gott unser Erkennen und unsere Entscheidung, diesem seinem Volk, dem mystischen Leib, angehören und Kind Gottes werden zu wollen. Diese Entscheidung kann nur im Herzen und in aller Freiheit aus Liebe zu Gott getroffen werden. 

Was aber uns alle, die gesamte Menschheit, im Innersten verbindet, ist die Gott-Ebenbildlichkeit, in der Gott uns erschaffen hat (vgl. Gen 1,26). Daher eignet jedem Menschen von Beginn an die ihm eigene Würde und Unantastbarkeit seines Lebens. Jeder Mensch, alle Menschen, sind dazu berufen, Gott zu suchen, ihn zu erkennen und nach seinem Willen und seinen Geboten zu leben. In diesem natürlichen Sinne sind wir alle blutsverwandt und stammen von gemeinsamen natürlichen Eltern ab. In diesem Sinne betrachten wir uns als (natürliche) Brüder und Schwestern. 

Davon unterschieden ist die übernatürliche Verwandtschaft durch dieselbe gemeinsame Gesinnung, denselben Glauben an den einzigen Erlöser Jesus Christus. In Gott sind wir wahrhaft eine Familie, Brüder und Schwestern; wir haben Gott durch Teilhabe der Sohnschaft Jesu Christi zum Vater und die Kirche, die uns durch die Taufe zu neuem, ewigen Leben gebiert, zur Mutter. (Vgl. Johannes Chrysostomos, Kommentar zum Römerbrief 20. Homilie,Kap. 8: "Bei Christen gilt Blutsverwandtschaft nichts (für ihr ewiges Heil), sondern da gibt es nur eine geistige Verwandtschaft....")

Diese verschiedenen Ebenen des Miteinander-Verwandtseins, die natürliche einerseits und die übernatürliche andererseits, sollte man niemals verwechseln oder durcheinanderbringen...



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