Die andere Hierarchie
Teil 31
Verlag Franz Schmitt Siegburg AD 1997
Fortsetzung von hier
§ 8 Der Pfarrer
I. Rechtliche Stellung
Das
Urbild des Priesters ist der Pfarrer. Der Pfarrer ist der eigene Hirt
der ihm übertragenen Pfarrei, der die Seelsorge der ihm anvertrauten
Gemeinde unter der Autorität des Diözesanbischofs ausübt, zu dessen
Teilhabe am Dienst Christi er berufen ist. Er leistet für seine Gemeinde
die Dienste des Lehrens, Heiligens und Leitens, wobei andere Priester
oder Diakone mitarbeiten und Laien ihren Beitrag leisten (c. 519).
Der
Pfarrer muss immer Priester sein (c.521 §1), denn nur ein Priester kann
Christus als Hirten repräsentieren und die durch die
Christusrepräsentation bedingten Dienste leisten. Insofern er Priester
ist, gehört er als eine Stufe zu der Hierarchie göttlichen Rechts.
Die
Priester sind nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil Väter in Christus (Lumen gentium Nr. 28). Diese Vaterschaft ist geistlicher Art und besagt
die autoritative Stellung und die lebensspendende Aufgabe. Die
Verleihung des Pfarramtes steht dem Diözesanbischof zu, und zwar
grundsätzlich ohne rechtliche Bindung bei der Auswahl der Person (c.
523). Der Oberhirte hat sich dabei einerseits an der Zahl und Qualität
der zur Verfügung stehenden Kleriker, andererseits an den Bedingungen
und Bedürfnissen der zu besetzenden Stellen zu orientieren.
Die
pfarrlichen Pflichten sind außerordentlich umfangreich (cc. 528-535).
Dem Pfarrer ist die Sorge für die Verkündigung des Wortes Gottes
aufgetragen. Mittel dazu sind Predigt und Katechese, Religionsunterricht
und Unterweisung der Jugend.
Dem
Pfarrer besonders anempfohlen sind die Abständigen und Abgefallenen
sowie die nichtkatholischen Christen. Er muss die Eucharistie zum
Mittelpunkt des pfarrlichen Lebens machen. Er hat Sorge für häufigen
würdigen Empfang der Sakramente des Altares und der Buße zu tragen.
Er
muss seine Gläubigen kennen, besuchen und mit ihnen Freude und Leid
teilen. Er muss sie stärken und zurechtweisen. Er muss sich der Kranken
und Sterbenden annehmen. Der Pfarrer soll seine Liebe den Armen,
Betrübten und Einsamen zuwenden, Gatten und Eltern und Familien bei der
Erfüllung ihrer Pflichten unterstützen.
Im
Besonderen sind ihm aufgetragen die Spendung der Taufe, der Firmung und
der Krankensalbung, die Assistenz bei der Eheschließung und das
christliche Begräbnis sowie die Eucharistiefeier an Sonn- und
Feiertagen. Bei allen Rechtsgeschäften vertritt der Pfarrer die Pfarrei
(c. 532). Wenn er handelt, dann handelt durch ihn die Pfarrei, d. h. die
Gemeinde; er ist deren Repräsentant.
II. Die heutige Lage
Jeder
Priester wird grundsätzlich für die Seelsorge geweiht. Der Prototyp des
Seelsorgers ist der Pfarrer. Das Amt des Pfarrers ist außerordentlich
anspruchsvoll und verlangt vollen Einsatz.
Der
Pfarrer, der seine Aufgabe richtig versteht, ist sozusagen immer im
Dienst; er hat kein Privatleben. Es ist nun offensichtlich, dass heute
nicht wenige Pfarrer bei ihrer Amtsführung bedenkliche Schwächen zeigen,
erheblich mehr als etwa vor 40 (Anm.: nunmehr etwa 57) Jahren. Die
pfarrlichen Pflichten werden von manchen Seelsorgern wenig ernst
genommen. Die Spendung des Bußsakramentes wird vernachlässigt und hat
an manchen Orten beinahe aufgehört.
In
nicht wenigen Pfarreien liegt die priesterliche Sorge um Kranke und
Sterbende darnieder. Laien überbringen bettlägrigen Kranken die
Kommunion, doch von der vorhergehenden Beichte ist keine Rede. Aus der
Krankensalbung ist an manchen Orten eine Gesunden- bzw. Altensalbung
geworden.
Man
kann nur staunen, wie großzügig heute manche Pfarrer ihre
Residenzpflicht auslegen. Sie lassen den Sonntagsgottesdienst ausfallen,
um mit einer Gruppe der Pfarrei eine Exkursion in die Toskana oder
anderswohin zu unternehmen.
Die
Verkündigung liegt weithin im Argen. Aus Predigern sind Vorleser
geworden. Die kirchliche Lehre wird an vielen Stellen verbogen oder
abgeschwächt. Die erschütternden Wahrheiten unseres Glaubens bleiben
weithin ungesagt. Die kirchliche Moral des Geschlechtlichen wird den
Gläubigen vorenthalten. Es kommt vor, dass junge Männer und Frauen
des Entsetzens voll sind über das, was sie von Pfarrern und anderen
kirchlichen Funktionären an Abwegigem bei der Ehevorbereitung zu hören
bekommen.
Im
Klerus herrscht weithin Entmutigung und Erschlaffung. Die Pfarrer sind
davon an erster Stelle betroffen. Missionarische Seelsorge, die auf
Gewinnung neuer Kirchenglieder und Rückholung verlorener Gläubiger
gerichtet ist, geschieht in den wenigsten Pfarreien. Viele Pfarrer
streben zum frühestmöglichen Zeitpunkt die Pensionierung an.
In
manchen Diözesen besteht der Eindruck, dass Pfarrer von der
Diözesanleitung zum Amtsverzicht gedrängt werden, um auf diese Weise den
Priestermangel zu verstärken und laikale Ersatzpersonen in die pfarrlichen Positionen einzuschleusen. Die Schwäche des Pfarrerstandes
war eine Voraussetzung für die Etablierung der anderen Hierarchie auf der Ebene der Pfarrei.
Fortsetzung folgt
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Die obige Analyse ist an manchen Stellen vielleicht etwas überzogen, aber grundsätzlich richtig! Gerade das mit den Pfarrern, die ihre ureigenen Aufgaben nicht mehr wahrnehmen und auch froh sind, dass vieles von Laien übernommen wird (Krankenkommunion, aber auch Kommunionvorbereitung, Firmvorbereitung, Wortgottesdienste... ). So sind beide Seiten "zufrieden": die Laien, die betonen, wie liberal der Pfarrer doch ist, die ihn loben, weil er ihnen "freie Hand lässt" (dass das eine Umschreibung für Desinteresse ist, habe ich auch erst nach langer Zeit mitbekommen!). Und der Pfarrer ist auch zufrieden, er "muss" dann ja viele Dinge nicht mehr machen, ja sich nicht einmal für deren Ausführung interessieren oder die Laien darin begleiten. Natürlich hat der Pfarrer immer mehr Aufgaben und kann nicht alles machen - das meine ich hier nicht! Und es ist auch nicht nur Schuld des Pfarrers: in bürokratischer Hinsicht müsste man ihn entlasten, damit er sein Kerngeschäft wahrnehmen könnte: die Seelsorge! Aber wie gesagt: WOLLEN das alle Pfarrer? Mir erscheint es auch eher wie eine Flucht, dass man sich mehr mit Bürokratischem beschäftigt als mit den Kernaufgaben, da sich viele nicht mehr mit diesen identifizieren. Und die, die es tun, werden dann noch von ihren "Mitbrüdern" verächtlich" angesehen, weil sie ihre Identifikation mit ihrem Amt dann vielleicht auch noch in der Kleidung zeigen. Statt dass man sich zunächst mal über jeden jungen, begeisterten, überzeugten Prieser freut und ihn unterstützt... oft erfahren ja diese "konservativen" Priester von sogenannten "Fernstehenden" mehr Zuspruch als von ihren Amtsbrüdern und tw. auch Bischöfen. Ich finde, das ist traurig.
AntwortenLöschenLiebe Lina,
AntwortenLöschendas ist sicher alles richtig , was Du schreibst.
Vieles liegt wohl auch an dem Verlust des Bewusstseins von der übernatürlichen Bedeutung der priesterlichen Sendung und dem falschen Priesterbild, dass inzwischen weit verbreitet ist, wegen der Unwissenheit der Gläubigen breiten Zuspruch erhält und kaum noch Widerstand hervorruft. Der Priester ist kein Funktionär sondern "Diener der Erlösung" und "Werkzeug der Neuschöpfung" der Menschheit. Darauf müssen wir uns zurückbesinnen und das Priestertum neu wertschätzen lernen.
Aber es gibt immer noch (oder schon wieder Stimmen), z. B. hier oder hier, die auf die Wirklichkeit des geweihten Priesters aufmerksam machen. Und wenn man diese Wahrheiten kennengelernt und begriffen hat (soweit uns Menschen das möglich ist), dann kann man eigentlich nur noch jubeln über dieses große Geschenk Gottes an seine Kirche.
Sehr gut dazu auch die neue Ausgabe 2./2014 der UNA VOCE-Korrespondenz über das Thema "Die Stellung des Priesters in der Liturgie"!
Und auch diese Lektüre ist in dieser Hinsicht lohnenswert: die Neuausgabe des Direktoriums für Dienst und Leben der Priester" von 2013. Wir sollten wirklich aufhören, irgendwelchen Hirngespinsten hinterherzulaufen, die gar keinen Bezug zur Wirklichkeit haben, die uns manche aber aufoktroyieren wollen.