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Samstag, 14. Juni 2014

Prof. Georg May: Die andere Hierarchie - Teil 29: Der ökumenische Betrieb

Prof. Dr. Georg May

Die andere Hierarchie


Teil 29

Verlag Franz Schmitt Siegburg AD 1997


Fortsetzung von hier

V.  Der ökumenische Betrieb

Ein wahres Verhängnis für das katholische Priestertum war die Eröffnung des ökumenischen Betriebs durch das Zweite Vatikanische Konzil. Hier wurde eine Lawine losgetreten, die das Priestertum zu vernichten droht.

Man versteht, weshalb die Modernisten und Progressisten allesamt fanatische Ökumeniker sind. Denn ihre geistige Heimat ist der Protestantismus. Je mehr Gemeinsamkeit mit dieser Religion hergestellt wird, um so geringer muss das katholische Wesen der Kirche werden. Je protestantischer die Kirche wird, um so leichter lassen sich ihre Aufstellungen vertreten und um so selbstverständlicher werden die chaotischen Verhältnisse, in welche die sogenannten Reformen sie hineingestoßen haben.

Wenn Bischof Lehmann erklärt, die Chancen für die Wiedervereinigung der Kirche seien heute so groß "wie noch nie in der Geschichte" (37), dann hat er recht.

Noch nie war der Klerus für den Protestantismus so anfällig wie heute. Noch nie war der Widerstand gegen die Protestantisierung so gering wie heute. Die allermeisten Katholiken wissen nicht mehr, was katholisch ist und weshalb sie katholisch bleiben sollen. Die Masse der katholischen Christen mag sich erst recht nicht mehr als katholisch bekennen und will sich nicht mehr als katholisch behaupten. Sie will sein wie die anderen, untertauchen in der Menge entkirchlichter und entchristlichter Zeitgenossen.

Der ökumenische Betrieb trifft das katholische Priestertum in der Wurzel. Im Namen des Ökumenismus zwingen die deutschen Bischöfe ihre Priester, mit nichtkatholischen Religionsdienern in gemeinsamen Gottesdiensten zusammenzuwirken. Auf diese Weise verwirren sie die Gewissen, verdunkeln den Glauben und fördern den Übergang zum Protestantismus.

Die Entwicklung ist auch hier, wie vorauszusehen war, über die bischöflichen Vorgaben hinausgegangen. Kanzeltausch und Interzelebration sind in deutschen Landen keine Seltenheit mehr. Ich kenne einen katholischen Pfarrer, der den Vorabendgottesdienst am Samstag von einer protestantischen Pastorin halten ließ. Niemals ist etwas Ernsthaftes geschehen, um die Missbräuche zu unterbinden. Man bedenke, was hier geschieht: Der katholische Priester, der mit dem nichtkatholischen Religionsdiener bei religiösem Tun gemeinsam auftritt, begibt sich damit eines Stückes seiner Identität.

Der protestantische Pfarrer ist unserer Achtung gewiss. Aber eines dürfen Sie nicht tun, meine Herren Bischöfe! Stellen Sie ihn nicht auf dieselbe Ebene wie den katholischen Priester, denn dahin gehört er nicht. Er ist ein mit gewissen religiösen Funktionen betrauter Laie, aber kein seinsmäßig Christus, dem Priester, verähnlichter Vollzieher unsagbarer Geheimnisse. Hören Sie auf mit dem Ökumenismus, der den Priesternachwuchs erdrosselt, dem geweihten Priester das Würdebewusstsein raubt und das gläubige Volk in die totale Verwirrung führt! Der Teil des katholischen Volkes, der sich den Glauben bewahrt hat will den geweihten Priester haben, nicht den protestantischen Religionsdiener!

Viele Priester haben keine Einwände, wenn die Kirche immer mehr nach dem protestantischen Vorbild umgestaltet wird. Sie spüren, wie die Kirche immer mehr in protestantisches Fahrwasser abdriftet, und sie helfen dabei kräftig mit, denn das Leben wird bequemer.

Die Moral ist schon auf weite Strecken protestantisiert. Von der Glaubenslehre bröckelt ein Gegenstand nach dem anderen ab. Der Empfang des Bußsakramentes hat weithin aufgehört. Viele Priester haben in  Lehre und Lebenswandel das protestantische Vorbild weitgehend übernommen.

Die katholische Wahrheit bleibt häufig ungesagt oder wird verkehrt, die protestantischen Irrtümer werden nicht aufgezeigt. Die Kirche wird geschmäht, über den Protestantismus darf nur Gutes geäußert werden.

Ein beträchtlicher Teil des Klerus ist damit beschäftigt, die Gläubigen in die protestantischen Hürden zu treiben. Die Haltung gegenüber dem Protestantismus ist bei der Mehrheit die konstante Bereitschaft zur Kapitulation. Das Ringen um den katholischen Abschluss von Mischehen, um die katholische Taufe und Erziehung der Kinder und um die Beheimatung der Mischehen in der katholischen Kirche hat fast überall aufgehört.


(37)  Materialdienst 47, 1996, 43; L'Osservatore Romano Nr. 8 vom 23. Februar 1996 S. 4


Fortsetzung folgt




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