Prof. Dr. Georg May
Die andere Hierarchie
Teil 28
Verlag Franz Schmitt Siegburg AD 1997
Fortsetzung von hier
Die andere Hierarchie
Teil 28
Fortsetzung von hier
Gründe des Priestermangels (Forts.)
f) Die Zölibatsdiskussion
Seit
35 (Anm.: nunmehr 52) Jahren wird die ausnahmslose priesterliche
Lebensform des ehelosen, keuschen Lebens in Frage gestellt. Es gibt eine
regelrechte Kampagne gegen den Zölibat (33).
Die
Priesterkandidaten wissen nicht mehr, wieviel der Kirche die
Enthaltsamkeit wert ist, es ist ihnen ungewiss, wohin der Weg in dieser
Frage gehen wird. Viele Bischöfe haben sich an der Verunsicherung der
Priesterkandidaten mitschuldig gemacht.
Um
ein Beispiel zu erwähnen: Der Bischof von Linz (Anm.: Maximilian Aichern war damals Bischof von 1981-2005) erhofft eine
"Erweiterung" der "Zulassungsbestimmungen" zum Priestertum (34). Das
kann doch wohl nur heißen: Der Zölibat muss fallen. Nach meiner
Schätzung gibt es in der Deutschen Bischofskonferenz eine überwältigende
Mehrheit, die bereit ist, verheiratete Männer zu Priestern zu weihen.
Damit würde das Ende des zölibatären Priestertums eingeläutet.
Ein
Teil des Klerus ist zölibatsmüde. Er träumt von den Freuden der Ehe,
weil er das Glück in seinem heiligen Tun nicht mehr findet. Mit dieser
Unzufriedenheit an seinem zölibatären Status züchtet er die eigene
Geringschätzung und die heimliche Genugtuung seiner Gegner.
Es
sind falsche Freunde der Priester, die sagen: Lasst sie doch heiraten.
Die so sprechen, wissen, dass mit dem Zölibat mehr fällt als das Gesetz
geschlechtlicher Enthaltsamkeit. Der Zölibat weist auf die besondere
Verähnlichung mit Jesus Christus hin, die der Priester im Weihesakrament
erfahren hat.
Aber
eben diese einzigartige Prägung des Priesters ist den Progressisten
zuwider. Deshalb soll der Zölibat, in dem sie ihren Ausdruck findet,
verschwinden. Der Zölibat unterstreicht, weil sein Träger auf irdische
Vaterschaft verzichtet, die geistliche Vaterschaft des Priesters. Aber
gerade die Vaterschaft des Priesters ist den Systemveränderern verhasst.
Darum soll der Zölibat, der sie deutlich macht, fallen.
Der
Hass gegen den Zölibat bezieht seine Wucht aus der Ideologie des
Demokratismus, die nicht dulden will, dass führende Persönlichkeiten zu
einer besonderen Lebensweise verpflichtet werden. Die Zölibatsgegner
spüren auch instinktiv, dass es mit einem verheirateten Klerus noch
bequemer in der Kirche würde, als es seit dem Konzil ohnehin ist. Sie
rechnen damit, dass verheiratete Geistliche die göttlichen Normen über
die Ehe, Gebrauch der Ehe und Unauflöslichkeit der Ehe nach ihrem
eigenen Bedürfnis zurechtbiegen würden.
Ich
bin überzeugt, dass diese Erwartung zutrifft. Manche raten von der
Diskussion über den Zölibat zur Aktion überzugehen. Nach Fuchs ist es
kein Problem, verheiratete Priester jetzt schon zum "pastoralen Dienst"
aufzunehmen; das ist nach ihm der Gehorsam, "den sie (sc. die Bischöfe)
der pastoralen Verantwortung schuldig sind" (35).
g) Die Diffamierung des Priesterstandes
g) Die Diffamierung des Priesterstandes
Noch
ein letzter Grund für das Ausbleiben des Priesternachwuchses sei
erwähnt: Es ist eine Tatsache, dass der Priesterstand nicht mehr auf der
sittlichen Höhe steht, die er vor 40 (Anm.: nunmehr ca. 57) Jahren
einnahm. Zu viele Abfälle und Skandale haben das gläubige Volk in seinem
Vertrauen zum Priestertum erschüttert und den Feinden der Kirche
willkommenes Material zur Schmähung geliefert.
Doch
damit nicht genug. Es war stets ein wirksames Mittel aller Feinde der
Kirche, die Fehler, Mängel und Schwächen der Geistlichen zu brandmarken,
aber auch zu übertreiben, um auf diese Weise den Glauben und die
Autorität der Kirche zu treffen Diese Methode wird heute von allen
Massenmedien angewandt.
Namentlich
gescheiterte und ausgebrochene Priester fallen mit immer neuen
Verdächtigungen und Verleumdungen über die Priesterschaft her. Um ihr
eigenes Versagen zu kaschieren, geben sie ihre ehmaligen Mitbrüder als
Heuchler, die ein Doppelleben führen, aus. Dabei werden teilweise
horrende Zahlen genannt, die völlig aus der Luft gegriffen sind und
jeder empirischen Basis entbehren.
Selten
und schwach sind die berufenen Schützer des Priesterstandes, die
Bischöfe, gegen diese unerhörten Schmähungen aufgestanden. Die
Diffamierung des gesamten Priesterstandes durch den Augsburger
Pastoraltheologen Hanspeter Heinz (36) blieb folgenlos; dem Verleumder
wurde kein Haar gekrümmt. Heiz trug seine Ungeheuerlichkeiten
sinnigerweise in der von den Jesuiten herausgegebenen Zeitschrift
"Stimmen der Zeit" vor.
Die Theologiestudierenden kennen die Situation der Diffamierung und Verdächtigung der Priesterschaft. Dass sie dadurch nicht zum Streben nach dem Priestertum ermutigt werden, liegt auf der Hand.
Die Theologiestudierenden kennen die Situation der Diffamierung und Verdächtigung der Priesterschaft. Dass sie dadurch nicht zum Streben nach dem Priestertum ermutigt werden, liegt auf der Hand.
(33) May, das Priestertum in der nachkonziliaren Kirche45-56; derselbe, Priester und priesterliche Lebensform 82-119
(34) Amtsblatt 140, 1994, 64-66 (22. Mai 1994
(35) Fuchs, Ämter für eine Kirche der Zukunft 137
(36) Hanspeter Heinz, Homosexualität und geistliche Berufe. Ein pastoraltheologischer Zugang: Stimmen der Zeit 214, 1996, 681-692; derselbe, Weder Schuld noch Schande: Herder-Korrespondenz 51, 1997, 460-464
Fortsetzung folgt
Übersicht: Zu den bisher erschienenen Fortsetzungen
Weiteres zum Thema "Priestermangel und Zölibat":
- Interview Die Tagespost vom 28/29. 01.2011: Prof. Dr. Andreas Wollbld: „Der Zölibat ist der Schatz der Kirche“
- P. Bernward Deneke: Priestermangel und berufungsfreundliches Klima
- Benedikt XVI.: Der priesterliche Zölibat, Angleichung an den Lebensstil Christi (2007)
- Kardinal Meisner (Köln): Hirtenbrief zum Priesterjahr über den Zölibat (2009) pdf
+ + +
Andreas Wollbold:
Wegweisung für Wegweiser - Eine Hilfe zur Reinigung und Erneuerung des priesterlichen Lebens
Wegweisung für Wegweiser - Eine Hilfe zur Reinigung und Erneuerung des priesterlichen Lebens
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen