Samstag, 14. Juni 2014

Prof. Georg May: Die andere Hierarchie - Teil 28: Der Priestermangel (3) - Die Zölibatsdiskussion und Diffamierungen des Priesterstandes

Prof. Dr. Georg May

Die andere Hierarchie


Teil 28

Verlag Franz Schmitt Siegburg AD 1997


Fortsetzung von hier

Gründe des Priestermangels (Forts.)

f)  Die Zölibatsdiskussion

Seit 35  (Anm.: nunmehr 52) Jahren wird die ausnahmslose priesterliche Lebensform des ehelosen, keuschen Lebens in Frage gestellt. Es gibt eine regelrechte Kampagne gegen den Zölibat (33).

Die Priesterkandidaten wissen nicht mehr, wieviel der Kirche die Enthaltsamkeit wert ist, es ist ihnen ungewiss, wohin der Weg in dieser Frage gehen wird. Viele Bischöfe haben sich an der Verunsicherung der Priesterkandidaten mitschuldig gemacht.

Um ein Beispiel zu erwähnen: Der Bischof von Linz (Anm.: Maximilian Aichern war damals Bischof von 1981-2005) erhofft eine "Erweiterung" der "Zulassungsbestimmungen" zum Priestertum (34). Das kann doch wohl nur heißen: Der Zölibat muss fallen. Nach meiner Schätzung gibt es in der Deutschen Bischofskonferenz eine überwältigende Mehrheit, die bereit ist, verheiratete Männer zu Priestern zu weihen. Damit würde das Ende des zölibatären Priestertums eingeläutet.

Ein Teil des Klerus ist zölibatsmüde. Er träumt von den Freuden der Ehe, weil er das Glück in seinem heiligen Tun nicht mehr findet. Mit dieser Unzufriedenheit an seinem zölibatären Status züchtet er die eigene Geringschätzung und die heimliche Genugtuung seiner Gegner.

Es sind falsche Freunde der Priester, die sagen: Lasst sie doch heiraten. Die so sprechen, wissen, dass mit dem Zölibat mehr fällt als das Gesetz geschlechtlicher Enthaltsamkeit. Der Zölibat weist auf die besondere Verähnlichung mit Jesus Christus hin, die der Priester im Weihesakrament erfahren hat.

Aber eben diese einzigartige Prägung des Priesters ist den Progressisten zuwider. Deshalb soll der Zölibat, in dem sie ihren Ausdruck findet, verschwinden. Der Zölibat unterstreicht, weil sein Träger auf irdische Vaterschaft verzichtet, die geistliche Vaterschaft des Priesters. Aber gerade die Vaterschaft des Priesters ist den Systemveränderern verhasst. Darum soll der Zölibat, der sie deutlich macht, fallen.

Der Hass gegen den Zölibat bezieht seine Wucht aus der Ideologie des Demokratismus, die nicht dulden will, dass führende Persönlichkeiten zu einer besonderen Lebensweise verpflichtet werden. Die Zölibatsgegner spüren auch instinktiv, dass es mit einem verheirateten Klerus noch bequemer in der Kirche würde, als es seit dem Konzil ohnehin ist. Sie rechnen damit, dass verheiratete Geistliche die göttlichen Normen über die Ehe, Gebrauch der Ehe und Unauflöslichkeit der Ehe nach ihrem eigenen Bedürfnis zurechtbiegen würden.

Ich bin überzeugt, dass diese Erwartung zutrifft. Manche raten von der Diskussion über den Zölibat zur Aktion überzugehen. Nach Fuchs ist es kein Problem, verheiratete Priester jetzt schon zum "pastoralen Dienst" aufzunehmen; das ist nach ihm der Gehorsam, "den sie (sc. die Bischöfe) der pastoralen Verantwortung schuldig sind" (35).

g)  Die Diffamierung des Priesterstandes

Noch ein letzter Grund für das Ausbleiben des Priesternachwuchses sei erwähnt: Es ist eine Tatsache, dass der Priesterstand nicht mehr auf der sittlichen Höhe steht, die er vor 40 (Anm.: nunmehr ca. 57) Jahren einnahm. Zu viele Abfälle und Skandale haben das gläubige Volk in seinem Vertrauen zum Priestertum erschüttert und den Feinden der Kirche willkommenes Material zur Schmähung geliefert.

Doch damit nicht genug. Es war stets ein wirksames Mittel aller Feinde der Kirche, die Fehler, Mängel und Schwächen der Geistlichen zu brandmarken, aber auch zu übertreiben, um auf diese Weise den Glauben und die Autorität der Kirche zu treffen Diese Methode wird heute von allen Massenmedien angewandt.

Namentlich gescheiterte und ausgebrochene Priester fallen mit immer neuen Verdächtigungen und Verleumdungen über die Priesterschaft her. Um ihr eigenes Versagen zu kaschieren, geben sie ihre ehmaligen Mitbrüder als Heuchler, die ein Doppelleben führen, aus. Dabei werden teilweise horrende Zahlen genannt, die völlig aus der Luft gegriffen sind und jeder empirischen Basis entbehren.

Selten und schwach sind die berufenen Schützer des Priesterstandes, die Bischöfe, gegen diese unerhörten Schmähungen aufgestanden. Die Diffamierung des gesamten Priesterstandes durch den Augsburger Pastoraltheologen Hanspeter Heinz (36) blieb folgenlos; dem Verleumder wurde kein Haar gekrümmt. Heiz trug seine Ungeheuerlichkeiten sinnigerweise in der von den Jesuiten herausgegebenen Zeitschrift "Stimmen der Zeit" vor.

Die Theologiestudierenden kennen die Situation der Diffamierung und Verdächtigung der Priesterschaft. Dass sie dadurch nicht zum Streben nach dem Priestertum ermutigt werden, liegt auf der Hand.


(33) May, das Priestertum in der nachkonziliaren Kirche45-56; derselbe, Priester und priesterliche Lebensform 82-119
(34) Amtsblatt 140, 1994, 64-66 (22. Mai 1994
(35) Fuchs, Ämter für eine Kirche der Zukunft 137
(36) Hanspeter Heinz, Homosexualität und geistliche Berufe. Ein pastoraltheologischer Zugang: Stimmen der Zeit 214, 1996, 681-692; derselbe, Weder Schuld noch Schande: Herder-Korrespondenz 51, 1997, 460-464



Fortsetzung folgt



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Scott Hahn :
Sankt Ulrich Verlag Augsburg





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