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Sonntag, 6. April 2014

Zum 1. Passionssonntag (Judica): Über den Berg!

Weil es ihnen nicht möglich war, gegen Christus mit geistigen Mitteln aufzukommen, "hoben sie Steine auf, um ihn zu bewerfen", schließt heute das Evangelium (Joh 8,46-59). Jesus entzog sich ihnen und verließ den Tempel.

Die Passion (das Leiden) Christi kündigt sich an. Die Auseinandersetzung zwischen ihm und den Juden wird heftiger. "Wer aus Gott ist, hört Gottes Wort", sagt er ihnen. Das erinnert an jene Aufforderung Gott-Vaters auf Tabor, die wir am zweiten Fastensonntag vernommen haben: "Dieser ist mein geliebter Sohn, ihn sollt ihr hören!"

Da nennen sie ihn einen Volksfeind, vom bösen Geist besessen. Christus verbittet sich die Verletzung seiner Ehre. "Ihr nehmt mir meine Ehre! Ich mache mir aber keine Sorge wegen meiner Ehre. Es ist nämlich einer da, der für sie sorgt und auch Gericht darüber hält." Und feierlich erhebt er seine Stimme: "Wahrlich, wahrlich , ich sage euch, wenn einer mein Wort befolgt, wird er den Tod nicht sehen in Ewigkeit!" Da sagen sie, selbst Abraham sei gestorben und da solle sein Wort unsterblich machen?! Er wage also, sich über Abraham zu erheben?! Jawohl, das wagte er, das tat er mit Nachdruck: "Ehe denn Abraham ward, bin ich!"

Das ist ein gewaltiges Wort! Das ist wieder ein unzweifelhaftes Bekenntnis seiner Gottheit. Er wird für dieses Bekenntnis in den Tod gehen. Noch entzieht er sich der jüdischen Wut. Noch ist seine Stunde nicht gekommen. Aber wir nähern uns ihr mit unheimlicher Schnelligkeit.

Können wir über diese Botschaft hinweggehen, ohne uns zu fragen, ob wir bereit sind, ihm auf dem Weg zu folgen, der nun beginnt, mit ihm für seine Gottheit zu leiden und zu sterben? Dazu aber muss schon der Taufbewerber bereit sein, wieviel mehr der Getaufte, der Gefirmte, der Verehelichte, der zum Priester Geweihte, jedes lebendige Glied des fortlebenden Christus.

Das ist keine "literarische" Frage; das ist eine unumgängliche Frage des christlichen Lebens! Niemand, der sich nicht für ein aus der Kraft der Gnade gesprochenes Ja entscheidet, wird wahrhaft Ostern feiern mit dem Auferstandenen. Malen wir uns aber keine Martyrien aus! Beginnen wir lieber die Verwirklichung unseres Christseins in tatharter Pflichterfüllung, mit dem Mut der Liebe. Nur wer die Treue im Alltag übt, ist auf ein echtes echtes Heldentum vorbereitet und der größeren Stunde gewachsen, wenn Gott sie schickt. Aber auch dann und immer nur im Glauben, Hoffen und Lieben Christi, des Sohnes Gottes.

Es ist ja so, dass Christi Leben ins unsere hineinwächst und wir in das des Herrn. Das ist Leben mit der Liturgie, mit der Kirche. Das ist der fortlebende Christus durch uns, die Glieder der Kirche. Da kommt auf jeden nicht alles, sondern sein Teil. Und schließlich ist es doch wieder Ch
ristus allein, der alles in allem ist, unser Weg, unsere Kraft, unser Hoherpriester, die Wahrheit und das Leben.

Die für uns heutige Christen schwierige Epistel aus dem Hebräerbrief des heiligen Paulus (9, 11-15) drückt das in unseren Worten etwa so aus: Christus ist die gabe, die Gott von uns will. Und da er sie selbst Gott schenkt, ist er der Hohepriester für uns alle. Für uns gilt ´, in seine Gabe ( = sein Opfer) hineinzuwachsen, um mit ihm durch ihn und in ihm Gott alle Ehre zu geben in Ewigkeit.

Das ist es, was wir in der heiligen Messe begehen. Das istes, was wir im täglichen Leben nach-vollziehen - etwas ganz anderes, als das Darbringen von Tieren im Alten Bund, dem nicht die kraft innewohnte, "die Gewissen zu reinigen von toten Werken zum Dienst des lebendigen Gottes". Nein, Christus ist der Mittlereines neuen Bundes mit Gott, der uns das ewige Erbe vermittelt, nicht irdisch-zeitliche Reinwaschung. Durch Christus bekommt unser Tun und Lassen, unser Kämpfen und Leiden, unser Leben und Sterben Richtung ins Jenseitige, Ewige, Göttliche.

Deshalb versammeln wir uns immer wieder zur Darbringung der Gabe, die eine einzige ist: Christus selbst. In diese Gabe muss unser Leben hinein erzogen werden in immer neuen unverdrossenen Anläufen und Bitten, durch Niedderlagen, Leiden und Triumphe hindurch.

Den Auftakt zur neuen Hingabe in solcher Gesinnung bietet für die kommenden beiden Wochen (in denen Psalm 42 "Judica" im Staffelgebet bis zur Ostermesse am Karsamstag* ausfällt) als Eingangsvers der heutigen Messe eben dieser Psalm 42 (1-3): "Schaffe Recht, o Gott, und führe meine Sache wider ein liebloses Volk. Von Freunden des Trugs und der Bosheit errette mich, Herr. Du bist ja der Gott, der mich schützt... Sende dein Licht und deine Treue! Sie sollen mich leiten, mich bringen zu deinem heiligen Berg und zu deiner Wohnstatt."

Christus muss uns führen im irdischen Kampf. Christus muss uns stärken in unserer Passion bis hin zum heiligen Berg Kalvaria. Denn über diesen Berg geht er voran den Weg in die Wohnstatt des Dreieinigen.


* Die Messe vom Karsamstag fand ursprünglich nur für die Neugetauften in der Morgenfrühe des Ostersonntags statt. Da nahmen sie überhaupt zum ersten Mal an einer ganzen Messe teil und kommunizierten auch zum ersten mal. Anschließend erst war die Ostersonntagsmesse (von heute) - als Messe des Bischofs für die Gläubigen ohne Bezug auf die Neugetauften.


Heinrich Jansen Cron SJ in: "Weisheit für den Alltag - Aus den Messen eines Jahres"; Verlag Ludwig Auer/Cassianeum Donauwörth; Imprimatur 1954; S. 22-25 (s. Quellen)



Weitere Betrachtungen zur Fastenzeit von H. Jansen Cron SJ:



Bild: vom Predigtgärtner (mit Dank!)



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