Die andere Hierarchie
Teil 16
Verlag Franz Schmitt Siegburg AD 1997
§ 6 Die Theologieprofessoren
Die
andere Hierarchie ist vielgestaltig. Sie tritt bald in Einzelpersonen,
bald in Gremien, bald in Gruppen in Erscheinung. Besondere Beachtung
verdient das Neben- und Ersatzlehramt der Theologieprofessoren.
I. Lehramt und Theologie
1. Lehramt
Was zu glauben und zu tun ist, bestimmt Gott. Er macht uns seinen Willen kund durch den menschgewordenen Gottessohn.
Jesus Christus hat seine Lehre der von ihm gegründeten Kirche
anvertraut. In der Kirche gibt es ein Lehramt, das von Amtes wegen und
mit Autorität die verbindliche Lehre vorträgt (Dignitatis humanae Nr. 14). Die Träger dieses Lehramtes sind die Bischöfe mit dem Papst an der
Spitze (Lumen gentium Nr. 22). Die Gläubigen schulden ihm religiösen
Gehorsam des Verstandes und des Willens (LG 25).
Die
Autorität des Lehramtes geht auf die Sendung Christi und der Apostel
zurück; sie gründet im Sakrament und im Amt (LG 21 und 22). Nach dem
Zweiten Vatikanischen Konzil verkündet Christus den Völkern vorzüglich
durch den Dienst der Bischöfe Gottes Wort (LG 21). Sie haben die Aufgabe
Christi, des Lehrers, inne. Die Bischöfe sind authentische, d. h. mit
der Autorität Christi ausgerüstete Lehrer (LG 25). Mögen sie noch so
sehr versagen, sie bleiben Inhaber des Lehramtes. Es ist den Gläubigen
unbenommen, ihnen ihr Versagen vorzuhalten. Aber damit werden sie nicht
aus der Unterstellung unter das Lehramt entlassen, wann immer dieses
seiner gottgesetzten Aufgabe nachkommt.
Man kann sich
auf das gesunde Lehramt gegen das kranke Lehramt berufen, aber an das
Lehramt bleibt der katholische Christ gebunden. Die Vollmacht,
authentische Urteile über die Glaubenslehre abzugeben, erwächst nicht
aus der thologischen Bildung, die jemand genossen hat, sondern aus der
Befugnis des kirchlichen Amtes. Wer dies bestreitet, unterstellt die
Amtsträger den Theologen und liefert sie damit der Vielfalt der
theologischen Meinungen aus. Dem Lehramt ist das autoritative, d. h.
verbindlich urteilende und gegebenenfalls richtende Zeugnis des Glaubens
anvertraut.
Es ist falsch, die Aufgabe des Lehramtes
auf das Bemühen um friedlichen Umgang von Christen unterschiedlicher
Auffassung einzuschränken, wie es Ottmar Fuchs tut, der dem Lehramt die Hauptaufgabe zuweist, Konsens und Koexistenzmöglichkeiten bei Dissens zu
suchen (1). Das Lehramt besitzt jurisdiktionelle Befugnisse, die es
berechtigen, Weisungen zu geben und Gehorsam zu fordern. Im Lehramt
verbinden sich priesterliche Vollmacht und Hirtengewalt.
Das
Lehramt hat die heilige Pflicht, die Glaubenshinterlage unversehrt zu
bewahren. Das Zweite Vatikanische Konzil schreibt den Bischöfen die
Aufgabe zu, "die ihrer Herde drohenden Irrtümer" wachsam fernzuhalten
(LG 25). Sie dürfen also zu Irrlehren nicht schweigen oder sie
verharmlosen. Die hartnäckige Leugnung oder Bezweiflung einer mit
göttlichem und katholischem Glauben zu glaubenden Wahrheit ist Häresie
(c. 751). Wer dies tut, ist ein Häretiker. Er verfällt ohne weiteres der
Exkommunikation (c. 1364 §1). Den Eintritt dieser Strafe von Amtes
wegen festzustellen, ist Sache der Oberhirten.
2. Theologie
Theologische
Arbeit ist wissenschaftlicher Dienst am Glauben. Sie hat die Lehre aus
dem Glauben und für den Glauben vorzutragen. Die theologische
Wissenschaft leistet den Trägern des Lehramtes einen gewichtigen Dienst,
indem sie die Glaubenslehre aus den Urkunden der Offenbarung erhebt und
rational durchdringt.
Die Autorität der Theologen
beruht auf der Kraft ihrer Erkenntnis und der Übereinstimmung ihrer
Lehre mit dem Glauben der Kirche. Ihnen kommt weder Weisungsrecht noch
Leitungsbefugnis zu. Die Theologen sind außerstande, den Glauben
verbindlich vorzulegen. Ihnen fehlt das Amtscharisma, und deswegen
können sie niemals als gleichberechtigte Partner des Lehramtes
auftreten. Es ist falsch, wenn Greinacher die Forderung erhebt, "dass
eine Entscheidung in Fragen des Glaubens und der Sitte nur im
Einvernehmen von theologischer Wissenschaft und kirchlichem Lehramt
gefunden werden kann" (2). Theologie und Lehramt können nicht auf
derselben Ebene der Parität stehen. Vielmehr bedarf der Theologe zur
Erfüllung seiner Aufgabe der kanonischen Sendung, die ihm von den
Trägern des Lehramtes erteilt und u. U. entzogen wird.
Der
Glaube kommt nicht aus der Theologie, sondern aus der glaubenden und
lehrenden Kirche. Die Theologie empfängt den Glauben vom lebendigen
Zeugnis, hinter dem die kirchliche Lehrautorität steht. Deswegen muss
sie ihre Lehre stets in der Bindung an die Vorgaben des Lehramtes
vortragen. Eine Theologie, die sich diesen Bindungen entzieht, ist
unfähig, den Dienst am Glauben zu leisten. Das heißt: Sie hebt sich
selbst als Glaubenswissenschaft auf.
(1) Fuchs, Zwischen Wahrhaftigkeit und Macht 183
(2) Norbert Greinacher, Kirchliches Lehramt und Theologen: Theologische Quartalsschrift 160, 1980, 139
Übersicht: Zu den bisher erschienenen Fortsetzungen
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