Samstag, 16. November 2013

Lebensgefährlich: Der Priester Hans Küng und sein Suizid


Von P. Bernward Deneke FSSP, Wigratzbad

Hans Küng möchte „nicht als Schatten seiner selbst weiterexistieren“. Im jüngst veröffentlichten dritten Teil seiner Memoiren hat er es den Lesern mitgeteilt und es seither in verschiedenen Interviews wiederholt. Der 85-jährige Schweizer und einstmalige Konzilsberater blickt auf ein langes Wirken als Theologieprofessor, Schriftsteller und Kirchenkritiker zurück. Nicht zu vergessen: Priester ist er auch. Bis jetzt pflegte er eine intensive Medienpräsenz und nutzte sie, um sich zeitgeistkonform über den katholischen Glauben, über Papst und Kirche zu äußern und für sein „Projekt Weltethos“, eine Art Ökumene aller Gutmenschen, zu werben. 

Nun aber spürt Küng deutlich, dass sein Ende herannaht. Seit gut einem Jahr weiß er, dass er an Parkinson leidet und durch eine Makuladegeneration schon bald seine Sehkraft verlieren wird. Er ist Zeuge des beständigen Abnehmens seiner Energie, des raschen Schwindens seines Augenlichtes. Das wirft für ihn die Frage auf: „Ein Gelehrter, der nicht mehr schreiben und lesen kann? Was dann?“

Wie nicht anders zu erwarten, bleibt Küng auch hier die Antwort nicht schuldig. Lautet sie vielleicht: „Nach dem vielen Lesen und Schreiben ist nun die Zeit vermehrten Betens gekommen“? Keineswegs. Küng, der sich „nicht lebensmüde, doch lebenssatt“ nennt, ist Mitglied der Sterbehilfeorganisation Exit. Nicht nur, um diese aus seinen gewiss beachtlichen finanziellen Mitteln zu unterstützen, sondern auch, um sich gegebenenfalls selbst von ihr unterstützen zu lassen: „Der Mensch hat ein Recht zu sterben, wenn er keine Hoffnung mehr sieht auf ein nach seinem ureigenen Verständnis humanes Weiterleben", sagt Küng und meint damit auch das Recht, sein letztes Stündlein bereits schlagen zu lassen, bevor es von der Natur – oder frommer ausgedrückt: von der göttlichen Vorsehung – eingeläutet wird. 

Seinen Ansichten liegen persönliche Erfahrungen zugrunde. Küng erinnert sich an den qualvollen Tod seines Bruders Georg durch Hirntumor im Jahr 1955; schon damals habe er sich entschieden, so nicht sterben zu wollen. Auch das Ende seines Freundes Walter Jens, eines bekannten Philologen, der jüngst als Demenzkranker in geistiger Umnachtung verschied, bestärkte Küng in seinem Entschluss, sein Leben frühzeitig zu beenden (oder beenden zu lassen), bevor er in einen ähnlichen Zustand geraten sollte. 

Bei einem religionslosen Menschen kann man diese Einstellung recht gut nachvollziehen. Aber bei einem Theologen, einem katholischen Priester? Dürfte man sich von ihm nicht anstelle der „Lösung“ des Problems durch assistierte Selbsttötung vielmehr eine Interpretation der leidvollen Dimension unserer Existenz im Lichte der göttlichen Offenbarung, einen Ausblick auf den Sinn von Schmerz und Tod in Gottes Heilsplan erhoffen? Offensichtlich ist der Glaube des Professors derart beschädigt, sein Blick auf Jesus Christus so sehr verdunkelt, dass ihm der eklatante Widerspruch zwischen seinen Auffassungen und denen eines Christen nicht mehr auffällt. 

Bekanntlich hing unser Erlöser als verhöhnter, erniedrigter und gequälter Mann am Kreuz. Äußerlich betrachtet starb er wie ein Verbrecher, doch besiegte er dadurch Sünde, Tod und Teufel. Wir, seine Jünger, sind berufen, mit und in ihm durch Leiden und Kreuz zur Herrlichkeit der Auferstehung zu gehen. Schwäche, Verächtlichkeit und Schmerz, geduldig ertragen, vereinen uns dabei tiefer mit Christus und können zu einem Segen für andere werden. Viele heilige Menschen haben es uns vorgemacht. Und da sollte ein gläubiger Katholik, gar ein Priester des Herrn wohlüberlegt und ernsthaft behaupten können: Lieber Selbstmord als ein demütigendes Ende? 

Hans Küng glaubt zwar an ein Leben nach dem Tod und erwartet, auch nach Suizid in den Händen Gottes geborgen zu sein. Doch spricht er hier gewiss nicht von dem Gott, an den wir Christen glauben, denn dieser verbietet es dem Geschöpf streng, sich als Herr über Leben und Tod aufzuspielen und sich dadurch göttliche Rechte anzumaßen. Für einen Theologen freilich, der zeitlebens die Ummodelung des Glaubensgutes nach menschlichen Vorstellungen betrieben hat, ist es nur konsequent, wenn er auch im Bereich der letzten Dinge – seiner eigenen letzten Dinge! – einem vermessenen Wunschdenken folgt. 

Wer wie Hans Küng die professionelle Suizidassistenz von Exit in Anspruch nehmen will, der verzichtet damit selbstredend auf die kirchlich-sakramentale Sterbebegleitung durch den Priester. Er schlägt die Absolution nach reuiger Beichte aus, weist die aufrichtende, für den Todeskampf stärkende Gnade der heiligen Salbung zurück und lehnt die eucharistische Wegzehrung ab, diese letzte Kommunion auf Erden, die der ewigen Kommunion des Himmels vorausgehen soll. Das bedeutet: Ein solcher Mensch befindet sich objektiv in einem Zustand, der ihn vom ewigen Heil ausschließt. Und indem er seine Ideen via Medien propagiert, bringt er auch viele andere Menschen in ernste Gefahr. Grund genug, für den Priester Hans Küng zu beten.


Hinweise:
- mit freundlicher Genehmigung des Verfassers
- der Beitrag erschien bereits im Schweizerischen Katholischen Sonntagsblatt (SKS)


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5 Kommentare:

  1. Das hat mich schon in den 90ern sehr schockiert, als Walter Jens und Hans Küng das Buch "Menschenwürdig Sterben" veröffentlicht haben. An Walter Jens ist der Kelch vorüber gegangen dank Gott und seiner Familie (besonders Inge Jens und die wunderbare Bauersfrau von Waldhäuser Ost)..Er durfte einen guten Tod sterben. Um Hans Küng tut es mir einfach nur leid und ich schließe ihn in meine Gebete ein: als Krankenschwester kann ich gar nicht anders. Wie viele berühmte Menschen sind im Alter verlassen und einsam: Schande über ihre Freunde und Weggefährten!

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  2. Nun liebe Annette dem ist in der Tat schon so, wie Sie schreiben im Alter. Nur würde ich sagen "Man erntet meist, was man gesäät hat und viel Freunde sind halt falsche Freunde, aber man war wohl selber auch oft ein falscher Freund!"
    Wir wollen beten, dass all den einsamen Berühmtheiten, im Alter sich die Möglichkeit der Umkehr erschließt, das ist ja gerade bei Berühmtheiten oft schwer, weil sie berühmt sind, wegen ihrer antikatholischen Haltung und egal ob berühmt oder nicht, die Feststellung Thomas von Aquins "Ich habe doch nur leeres Stroh gedroschen!" ist bei denen die halt, im Gegensatz zu Thomas, wirklich leeres Stroh gedroschen haben, sehr schwer (egal ob berühmt oder nicht)

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  3. Freunde und Weggefährten - in der Tat: Wie glücklich darf sich derjenige schätzen, der Freunde und Weggefährten hat, die sich auch dann, wenn es der irdischen Vollendung entgegengeht, kümmern und treu bleiben und, wenn es einem selbst nicht mehr möglich ist, dafür sorgen, dass auch ein Priester auf der letzten Wegstrecke mitgeht um die Tröstungen der hl. Mutter Kirche zu übermitteln.

    Und auch wenn ich allein bin, so weiß ich dennoch, dass mich die Kirche nie aufgibt und meine Brüder und Schwestern im Glauben (Lebende und Heilige) für mich beten und mich - auch wenn ich nur noch ein Schatten meiner selbst bin - durch ihr fürbittendes Gebet in meinen schweren Stunden tragen um Gott auch dann noch treu zu bleiben und gemäß seinem Willen zu leben und zu sterben...

    Beten wir deshalb auch um eine gute Sterbestunde.
    http://www.dieletztendinge.de/eine_gute_sterbestunde.html

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  4. Ester, das glaube ich nicht, daß man erntet, was man gesät hat: sonst würden die Pflegeheime nicht aus allen Nähten platzen und Menschen tot und vergessen in ihren Wohnungen liegen. Die Menschen sind so und es ist nicht absehbar, daß sich das groß ändern könnte: nicht nur Kinderlose sind betroffen. Besonders bitter ist es, wenn Eltern, die ihrerseits gut für ihre Kinder gesorgt haben, verlassen und Fremden ausgeliefert werden. Unsere Sozialsysteme "federn" da noch manches ab. Wenn sie sich in der Welt umschauen, sehen sie schlimme Dinge gegenüber hilflos gewordenen Menschen. Was Hans Küng betrifft, so war er Mittelpunkt eines großen Schülerkreises...wo sind die Freunde? Woher die Angst entwürdigt zu werden? Und ich weiß, daß viele Menschen diese Angst haben. Wer nimmt sich meiner an, ohne meine Würde zu vergessen? So leicht kann man da nicht drüber weg theoretisieren.

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  5. Herr Küng wird sicher nicht irgendwo im Altersheim verkommen, wie es manchen armen und kranken Menschen passiert. Er hat die Mittel und die Möglichkeit sich angemessen pflegen zu lassen. Was ihn so stört ist meiner Meinung nach, daß er, bedingt durch die Krankheiten, kein selbstbestimmtes Leben mehr führen kann. Als Priester hat er anscheinend noch nie das Christuswort gehört: "Wer mir nachfolgen will, nehme sein Kreuz auf sich", oder Joh. 21,18
    "„Als du noch jung warst, hast du dich selbst gegürtet und konntest gehen, wohin du wolltest. Wenn du aber alt geworden bist, wirst du deine Hände ausstrecken und ein anderer wird dich gürten und dich führen, wohin du nicht willst. "

    Er hat das Vertrauen in Gott verloren. Er kann sich nicht in Gottes Liebe fallen lassen. Sein Glaube ist verdunstet. Das ist traurig.

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