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Montag, 28. Oktober 2013

Prof. Georg May: Die andere Hierarchie - Teil 3: Das Weihesakrament

Prof. Dr. Georg May
Prof. Dr. Georg May

Die andere Hierarchie

Teil 3


Verlag Franz Schmitt Siegburg AD 1997




III. Das Weihesakrament


1.  Die Repräsentation Christi

Das Amt der Apostel lebt in der kirchlichen Hierarchie weiter. Die Weitergabe geschieht im Sakrament der Weihe. Wer in der Kirche mit Christi Autorität handeln soll, bedarf dazu der Ausrüstung durch die sakramentale Würde.

Das Weihesakrament verleiht ein bleibendes geistiges Prägemal. Der Geweihte empfängt eine gewisse Gleichgestaltung mit Christus, eine besondere Angleichung an Christus. Christus aber ist der Mittler zwischen Gott und den Menschen (vgl. 1 Tim 2,5) sowie das Haupt der Kirche (vgl. Kol 1,18). Der Christus Gleichgestellte und Angeglichene wird daher zu der Darstellung oder Repräsentation des Mittlers Christus in der Kirche befähigt und damit betraut.

Das Weihesakrament gleicht den Empfänger an Christus als das mittlerische Haupt der Menschheit an; es verähnlicht ihn Christus, der sein Priestertum im Kreuzesopfer vollendete. Wenn Christus als das mittlerische Haupt der Kirche repräsentiert werden soll, kann dies niemals durch alle, sondern nur durch ausgewählte Einzelne geschehen. Das ist ohne weiteres einsichtig.

Wenn jeder repräsentieren soll, bleibt niemand übrig, dem gegenüber die Repräsentation erfolgt. Das priesterliche Mittlertum Christi sollte in der Kirche sichtbar weitergeführt werden durch Personen, die in der Person Christi handeln. Dadurch bleibt das Heilsgeschehen an Christus gebunden.
"Wenn ... jeder Gläubige gegenüber dem andern die Christusfunktion übernehmen könnte und jeder dem andern gegenüber in der Rolle Christi aufträte, würde die mittlerische Hauptesstellung Christi nicht mehr zeichenhaft in Erscheinung treten. Das Heil in der Kirche käme nicht mehr vom Ursprung in Christus, sein Hauptsein träte im Heilsleben nicht mehr hervor. Das Heilsleben wäre ein natürliches Geschehen unter Menschen." (2 Scheffczyk, Aspekte der Kirche 96)

 - Das Amt in der Kirche ist also grundwesentlich und unaufgebbar Repräsentation Christi. Diese vollzieht sich auf verschiedenen Gebieten. Das Konzil spricht davon, dass der Priester beim Vollzug der Liturgie "in der Rolle Christi an der Spitze der Gemeinde steht" (Sacrosanctum Concilium Nr. 33), dass die Priester "in persona Christi handeln" (LG Nr. 10 und 28); dass sie "in besonderer Weise an Christi Stelle handeln" (PO Nr. 13). Es erklärt, dass die Priester "Anteil am Amt des einzigen Mittlers Christus haben" (LG Nr. 28), dass sie "in der Person des Hauptes Christus handeln können" (PO Nr. 2).


2.  Sein und Funktion

Das Amt in der Welt ist eine Bündelung von Funktionen, Funktionen sind Verrichtungen innerhalb eines Sozialgebildes, die dem Funktionsträger von diesem zugewiesen werden. An sich ist das Sozialgebilde Urheber und Besitzer der Verrichtungen, die lediglich aus Gründen der Ordnung und der Übersichtlichkeit bestimmten Personen auferlegt werden. Der Träger der Funktionen ist grundsätzlich auswechselbar.

Die Funktionen verleihen nicht bleibende, unaufhebbare Autorität und keine echte, wesenhafte Repräsentation. Der Funktionsträger ist lediglich der äußere Vollzieher von Augaben und Tätigkeiten. Er muss gewiss fachlich für seine Aufgabe ausgebildet sein, aber er benötigt nicht eine bleibende Prägung seiner Person.

Anders in der Kirche. Das priesterliche Amt unterscheidet sich wesentlich von Ämtern in der Welt. Denn es geht nicht in Bezügen und Funktionen auf, die beliebig verteilt und ausgetauscht werden können. Das Amt ist vielmehr personal gebunden, eben an die Person Jesu Christi, dem der Amtsträger angeglichen wird.

Das priesterliche Amt geht darum weit über die bloße Funktionalität hinaus. Der Geweihte empfängt eine personale Prägung, die das Sein bestimmt; er erhält ein unauslöschliches Zeichen, das die unverzichtbare Grundlage für jede im Namen Christi vollzogene Funktion ist.


3.  Allgemeines und Amtspriestertum

Von daher versteht man, dass nach der Aussage des Zweiten Vatikanischen Konzils ein wesentlicher Unterschied zwischen Amtspriestertum und allgemeinem Priestertum besteht (LG 10). Gewiss werden alle Getauften des Amtes Christi als Priester, Prophet und König teilhaftig, aber in je verschiedener Weise (c. 204 §1).

Während der Amtspriester das priesterliche Mittlertum Christi sichtbar und greifbar weiterführt, ist dies bei den mit dem allgemeinen Priestertum Beschenkten nicht der Fall. Während der Amtspriester die Stelle Christi vertritt, vertreten die Angehörigen des allgemeinen Priestertums nicht die Stelle Christi. Während die Amtspriester als Vertreter des Hauptes Christus den Heilsdienst sichtbar und ausweisbar vollziehen, tun dies die Inhaber des allgemeinen Priestertums nicht. Während der Amtspriester mit Vollmacht und Weisungsbefugnis ausgestattet ist, sind dies die Glieder des allgemeinen Priestertums nicht.

- Insofern der Priester Christus als das erlöserische Haupt der Kirche repräsentiert und seinen Heilsdienst in werkzeuglicher Abhängigkeit weiterführt, steht er gegenüber der Gemeinde und vor der Gemeinde. Das allgemeine Priestertum ist kein Amt, sondern die gnadenhafte Seinsbestimmtheit der durch Taufe und Firmung mit Christus Verähnlichten. Das genmeinsame Priestertum aller Getauften und Gefirmten wird aussgeübt "im Empfang der Sakramente, im Gebet, in der Danksagung, im Zeugnis eines heiligen Lebens, durch Selbstverleugnung und tätige Liebe" (LG 10).

Das Papier der deutschen Bischöfe "Der pastorale Dienst in der Pfarrgemeinde" weist richtig darauf hin, dass das gemeinsame Pristertum aller Getauften "vor allem der christlichen Prägung aller Lebensbereiche" dient (II, 1,5), während das amtliche Priestertum den Hirtendienst leistet und den Christen zur Erfüllung ihrer Sendung hilft.

- Das gemeinsame Priestertum ist Priestertum im uneigentlichen Sinne. Denn im eigentlichen Sinne ist Priestertum nur da vorhanden, wo ein Mensch anstelle eines anderen und für andere vor Gott tritt und Opfer darbringt. Es ist ausgeschlossen, dass alle als Vertreter und Beauftragte für alle handeln.

Diese Überlegungen gilt es im Gedächtnis zu behalten, wenn im folgenden die von Christus eingesetzte Hierarchie mit der anderen Hierarchie, die nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil geschaffen wurde, verglichen wird. Dabei wird es vor allem um die Beantwortung der Fragen gehen: Wie konnte es zu der Aufrichtung der anderen Hierarchie kommen? Wie verhalten sich traditionelle und neue Hierarchie zueinander? Welches sind die Auswirkungen des Aufbaus einer anderen Hierarchie?

(Fortsetzung)



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