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Montag, 7. Oktober 2013

Gutes Gedächtnis? - Zum Papst-Interview in "La Repubblica"

Wie John L. Allen Jr. vom National Catholic Reporter (NCR) am 05. 10.2013 berichtet, widerspricht Kardinal Dolan der Darstellung der Abläufe während des Konklaves am 13. März 2013, wie sie im Interview des 89-jährigen Eugenio Scalfari mit Papst Franziskus dargestellt werden. Das Interview war am 01. Oktober 2013 in der linksliberalen Zeitung "La Repubblica" erschienen, deren Gründer der Antiklerikale Scalfari ist. Nach Angaben von Scalfari gegenüber dem "Figaro" hatte er das sich über gut drei Zeitungsseiten erstreckende veröffentlichte Gespräch mit dem Oberhaupt der katholichen Kirche ohne Tonbandaufnahmen und auch ohne schriftliche Notizen allein aus dem Gedächtnis verfasst.

In dem Interview wird Papst Franziskus mit der Aussage zitiert, er habe sich während des Konklaves nach seiner Erwählung und vor der Annahme seiner Wahl zum Nachfolger von Benedikt XVI. in ein Nebenzimmer der Sixtinischen Kapelle, in der das Konklave stattfand, zurückgezogen, wo er eine Art mystisches Erlebnis gehabt habe. Der am Konklave beteiligte new Yorker Kardinal Timothy Dolan dagegen sagte, der damalige Kardinal Jorge Maria Bergoglio habe die Sixtinische Kapelle "keineswegs vor der Annahme verlassen".

Der italienische Vatikan-Kenner und Journalist Andrea Tornielli hatte schon am 2. Oktober auf seinem Blog neben anderen Auffälligkeiten angemerkt, es sei bekannt, dass es keine Zimmer in der Nähe des genannten Balkons gebe, wie es aber im Interview geschildert ist. Das lasse die Vermutung zu, so Tornielli, dass das Interview keine exakte wortwörtliche Wiedergabe des Gesprächs zwischen Scalfari und Papst Franziskus sei.

Mehr als ein an der Papstwahl beteiligter Kardinal habe ihm bestätigt, so Tornielli, dass Jorge M. Bergoglio zwischen seiner Wahl zum Papst und seiner Annahme derselben nicht die Sixtinische Kapelle verlassen habe. Erst nach der mündlichen Annahme und der Unterzeichnung der Urkunde sowie der Anfertigung des Protokolls sei er in die "Kammer der Tränen" geführt worden.

Der Pressesprecher des Vatikans, Federico Lombardi,  hatte am Morgen des 2. Oktober gegenüber einem Journalisten gesagt, dass seines Wissens der Text des Scalfari-Interviews  von "La Repubblica" überarbeitet worden sei.

Summa summarum: Der Text des Interviews ist deshalb - um es mit den Worten des "Figaro" zu sagen - interessant, aber nicht unbedingt wörtlich zu nehmen...

  


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