Seit der Reform der Bestimmungen zu den Weihestufen im Jahre 1973 durch das Motu proprio Ministeria quaedam von Papst Paul VI. gibt es sie nicht mehr: die Tonsur, die niederen Weihen und den Subdiakonat. Lediglich der Akolyth und der Lektor blieben als "Dienste" erhalten, die nun nicht mehr nur den Kandidaten für das Weihesakrament vorbehalten sind, sondern auch von Laien nach einer Beauftragung durch den Bischof erfüllt werden können.
Die Priester- und Ordensgemeinschaften, die die alten Traditionen fortführen und deshalb an den liturgischen Büchern von vor 1973 verpflichtet sind, sie bilden auch ihre Priesterkandidaten nach diesen alten Traditionen aus. Hier gibt es sie nach wie vor: die Tonsur als Eintritt in den Klerikerstand, die niederen Weihen und den Subdiakonat als erste Stufe der "Höheren Weihen", dem dann der Diakonat und die Priesterweihe folgen. Die niederen Weihen sind ein stufenweises Aufsteigen und Hineinwachsen in den Dienst des Priesters.
Predigt von Weihbischof Athanasius Schneider (Bistum Astana, Kasachstan) bei der Feier der Niederen Weihen und der Subdiakonatsweihen in Wigratzbad am 9. Februar 2013:
Liebe Weihekandidaten, liebe Brüder und Schwestern im Herrn! In dieser heiligen Feier werden die Weihen des Ostiariers (Türhüter), des Lektors (Vorleser), des Exorzisten, des Akolythen (Lichtträger) und des Subdiakons erteilt. Diese Weihen werden schon von den ältesten Zeiten in der Kirche erteilt, vom 2. - 3. Jahrhundert an. Es sind gleichsam fünf heilige Stufen vor dem eigentlichen Sakrament der Weihen des Diakons und dann des Priesters. Die ganze Bedeutung dieser niederen Weihen und des Subdiakonates liegt darin, auf das Priestertum Jesu hinzuweisen.
Weil sie niedere Weihen, untergeordnete Dienste sind, weisen sie erst recht auf das Weihepriestertum hin. Denn Jesus, der eigentliche Priester, ist gekommen, um zu dienen. Er hat sich dafür gering und niedrig gemacht. Um diese Wahrheit uns und allen Priestern so tief wie möglich ins Bewusstsein einzuprägen, hatte sich Jesus beim Letzten Abendmahl, als Er das Priestertum des Neuen Bundes stiftete, sich selbst vor den Aposteln hingekniet und ihnen die Füsse gewaschen (vgl. Joh. 13, 5). Die verborgene, kostbare geistliche Perle des Priesterseins ist das Dienen, das Gering- und Niedrigsein. So sollte ein Priester sein, um eben Jesus, den Diener aller darzustellen, um immer weniger sich selbst und immer mehr Jesus darzustellen im priesterlichen Wirken, und an erster Stelle in der Feier des heiligen Messopfers.
Eindrucksvoll und reichhaltig stellen die einzelnen Stufen der Niederen Weihen und der Subdiakonat diese Wahrheit des Priestertums Jesu dar! Jesus gibt durch die Priesterweihe den Menschen Seine göttliche Macht, die eucharistische Wandlung zu vollziehen und Sünden nachzulassen. Mit welchen Vollmachten wird hier ein armer, schwacher, sündiger Mensch ausgestattet! Mit welch göttlicher Pädagogik hat der Heilige Geist in der Kirche die Übertragung dieser Vollmachten vorbereitet! Diese Vorbereitung geschieht allmählich, von Stufe zu Stufe, sechs Stufen bis zum Priestertum. Der künftige Priester soll lernen wirklich zu dienen, kein Dienst soll ihm zu gering sein. Die Ausführung der kleinen und niederen Dienste während der Liturgie soll eine Ehre, ein Privileg sein, sie gehören auch zum Weihepriestertum, wenn auch nicht in notwendiger, so doch in höchst angemessener Weise.
Der Ostiarier soll die Türen der Kirche hüten. Er soll die treue Sorge um das Haus Gottes bei Tag und Nacht haben. Die katholische Kirche ist hier auf dieser Welt wahrlich das Haus Gottes und die Pforte des Himmels. Es ist dem Priester wesentlich, die Zierde des Hauses Gottes zu lieben (vgl. Ps. 25), in dem zu sein, was seinem himmlischen Vater gehört, wie es der zwölfjährige Jesus tat (vgl. Lk. 2, 49). Den Eifer für die Würde des Gotteshauses haben, wie es Jesus hatte, als er die Händler aus dem Tempel hinaustrieb (vgl. Joh. 2, 17). Jesus war ein wahrer Ostiarier und ist das höchste Vorbild für sie.
Weitere Predigt von Weihbischof Athanasius Schneider:
Fotos: Fenster in der Kirche St. Johann Baptist in München-Haidhausen; Details (eigene Fotos)
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