Samstag, 6. Juli 2013

Falsche und echte Marienverehrung



Ist es in der Marienverehrung damit getan, täglich den Rosenkranz zu beten, diverse Andachtsübungen zur Gottesmutter zu verrichten, die Wundertätige Medaille und auch das Skapulier vom Berge Karmel zu tragen, häufig an Pilgerfahrten zu mehr oder weniger anerkannten Stätten teilzunehmen, sein Heim mit frommen Bildnissen der jungfräulichen Mutter und Himmelskönigin zu schmücken und ihren Namen bei allen passenden und unpassenden Gelegenheiten im Munde zu führen? 

Wer so fragt, hat die Antwort bereits gegeben: Nein, damit ist es natürlich nicht getan. Zwar kann man einem Menschen, der alles das pflegt, den Eifer nicht absprechen. Die äußeren Verrichtungen für sich genommen geben jedoch noch keine Sicherheit darüber, dass auch der Geist der Marienverehrung stimmt.

Man kann ja Rosenkranz, Medaille, Skapulier, Wallfahrten und Bilder in einem durchaus abergläubischen Sinne betrachten. Entweder geht es dann in erster Linie um das Gegenständliche und die Leistung, die damit verbunden ist, oder diese Dinge werden geradezu esoterisch und magisch in die Welt der geheimnisvollen Rituale und Talismane, die eine spirituelle Energie vermitteln sollen, eingefügt. Beide Formen des Aberglaubens, die „materialistische“ wie die „spiritualistische“, geraten aber mit der christlichen Glaubenslehre und der Frömmigkeit der Heiligen in einen schwerwiegenden Konflikt. 

Worin erweist sich nun also die Echtheit und Gesundheit der Marienverehrung? Auch der heilige Ludwig-Maria Grignon de Montfort (1673-1716) nimmt in seinem „Traktat über die wahre Andacht zur allerseligsten Jungfrau Maria“ (nachzulesen im berühmten Goldenen Buch, S. 29) den Weg über die Abirrungen, um aus dem, was nicht sein sollte, das aufleuchten zu lassen, was es zu erstreben gilt. Hier eine kurze, in eigene Worte gefasste Kennzeichnung der sieben Fehlformen, die der Heilige anführt:
- Die kritisierenden Verehrer beurteilen die Marienverehrung anderer nach dem Maß ihres vernünftelnden Geistes; sie wittern allerorten Übertreibungen, spielen sich als Kämpfer gegen angebliche Missbräuche auf, bringen aber selbst keine echte, gesunde und kernige Frömmigkeit zustande.

- Die skrupulösen Verehrer, oft beeinflusst von jenen Kritikern, leben in der bemitleidenswerten Angst, Maria viel zu viel Ehre zu geben und sie dadurch Jesus zu rauben. Als ob der Sohn sich in Eifersucht verzehren würde, wenn man sich Seiner wunderbaren Mutter zuwendet!

- Die äußerlichen Verehrer versuchen, ihren Mangel an Qualität durch Quantität wettzumachen; sie häufen Unmengen von Andachtsübungen an, sprechen aber denen die rechte Frömmigkeit ab, die vor allem Wert auf die innere Andacht, auf die Gestaltung ihres Wesens und Lebens nach dem Bild Mariens legen.

- Die vermessenen Verehrer benutzen ihre vermeintliche Marienfrömmigkeit als Narkotikum für ihr schlechtes Gewissen und als Ruhekissen ihres sündhaften Lebens: „Ein Marienverehrer geht doch niemals verloren...“ Ja, man kann auch mit dem Rosenkranz in der Tasche sündhaften Neigungen nachgehen!

- Die unbeständigen Verehrer richten sich nach Lust und Laune, sie sind schnell Feuer und Flamme (z.B. unter dem Eindruck einer begeisternden Predigt, einer eindrucksvollen Wallfahrt), aber ebenso schnell wieder ein Opfer ihrer Lauheit und Trägheit.

- Den heuchlerischen Verehrern dient ihre sogenannte Marienverehrung als Politur für ihr religiöses Image, als Feigenblatt für die Schande ihrer Seele und als glitzernde Fassade vor der Ruine ihres inneren Lebens. Hier ist der Widerspruch zwischen Äußerem und Innerem geradezu schreiend.

- Die eigennützigen Verehrer schließlich werfen sich in der Bedrängnis oder um irdischer Erfolge willen marianisch ins Zeug, ansonsten aber haben sie für ihre himmlische Mutter weder kindliche Gefühle noch Liebe, für die Königin weder Verehrung noch Dienstbereitschaft. 

Aus dem trüben Dunkel dieser Fehlformen, strahlt umso klarer und lichter die echte Marienverehrung hervor. Nach dem heiligen Ludwig-Maria ist sie vor allem durch folgende fünf Eigenschaften gekennzeichnet: Sie ist innerlich (jedem bloß äußerlichen Getue abhold), zart (nicht von grober, marktschreierischer Art), heilig (unvereinbar mit einem sündigen Leben, ganz auf Gott bezogen), beharrlich (keine vorübergehende Flause oder wechselhafte Stimmung) und uneigennützig (die Gottesmutter nicht egoistisch als Notnagel benutzend). Welcher Marienverehrer wird nicht gerne dann und wann sein Gewissen anhand dieser Kriterien erforschen? 

 P. Bernward Deneke FSSP, Wigratzbad


 Hinweise:
- mit freundlicher Genehmigung des Verfassers
- der Beitrag erschien bereits im Schweizerischen Katholischen Sonntagsblatt (SKS)
 
- Bild: Maria überreicht Dominikus den Rosenkranz; Bartolomé Murillo; um1638-40, Erzbischöflicher Palast, Sevilla 




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    2 Kommentare:

    1. Das goldene Buch kann man gar nicht genug zitieren. Danke dafür und auch die ganze Arbeit in diesem sehr schönen Blog!

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      1. Oh, vielen Dank, lieber Simplicius!
        Dein Blog ist auch sehr schön und interessant! :-)

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