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Samstag, 30. März 2013

Liturgie und Armut

Von P. Bernward Deneke FSSP, Wigratzbad

Im beginnenden 13. Jahrhundert entstanden fast zeitgleich die Bettelorden der Dominikaner und der Franziskaner. So verschieden die beiden Gründer in mancherlei Hinsicht auch waren, in der Forderung strenger Armut für ihre Gemeinschaften stimmten sie überein.

Freilich besitzt die Armut in ihrem Leben und Selbstverständnis eine jeweils unterschiedliche Bedeutung. Während Dominikus für seine Brüder eine Armut anstrebte, die dem Ordensmann Freiheit für seinen apostolischen Dienst schaffen und seine Predigttätigkeit glaubwürdiger machen sollte, hatte die „heilige Armut“ bei Franziskus einen geradezu mystischen Klang, verstand er sie doch als den Weg zur bräutlichen Vereinigung mit dem armen, entblößten Jesus in Seinen Geheimnissen von Krippe und Kreuz und im Sakrament des Altares.

Trotz der verschiedenen Akzentsetzung war die gelebte Armut beiden Heiligen aber überaus wichtig. Deshalb erstaunt es nicht wenig, wenn Dominikus und Franziskus in einer praktischen Frage, die durchaus mit der Armut zusammenhängt, recht gegensätzliche Vorstellungen hatten und entsprechend andersartige Anordnungen erließen.

Über Dominikus lesen wir in den Akten seiner Heiligsprechung: „Die Armut ging ihm über alles, und zwar in bezug auf die Lebensweise, wie etwa die Kleider seiner Brüder, als auch bezüglich der Häuser, der Kirchen, des Kults, wie was den Schmuck der liturgischen Gewänder anging. Er verwendete zu seiner Zeit viel Mühe daran, dass die Brüder im Gottesdienst weder purpurne noch seidene Stoffe als Gewänder oder Altartücher verwendeten und keine goldenen noch silbernen Gefäße außer den Kelchen hatten.“

Ganz anders der Poverello von Assisi. Für gewöhnlich stuft man seine Armut als besonders radikal – radikaler auch als die des heiligen Dominikus – ein. Dennoch lesen wir in einem Brief des heiligen Franziskus die Anweisung: „Die Kelche, die Korporalien, den Altarschmuck und alles, was zum eucharistischen Opfer in Beziehung steht, sollen sie (die Brüder) in kostbarer Ausführung haben.“ Und der erste Biograph des heiligen Franziskus, Thomas von Celano, erzählt: „Einmal wollte er Brüder mit kostbaren Gefäßen durch die Welt schicken, damit sie überall, wo sie gewahr würden, dass der Preis unserer Erlösung ungeziemend aufbewahrt werde, ihn an dem würdigsten Ort bergen sollten.“

Liturgie und Armut – man darf sich wohl die Frage stellen, welcher der beiden großen Ordensgründer die Sache richtiger gesehen hat. Zugunsten des heiligen Dominikus könnte man die ebenso spitze wie tieftraurige Bemerkung des heiligen Bernhard von Clairvaux anführen, in der frühen Kirche seien die Kelche aus Blech, die Herzen der Priester aber aus Gold gewesen, während nun die Kelche aus Gold, die Priesterherzen hingegen aus Blech seien. Aber bei allem Respekt vor dem „honigfließenden Lehrer“ muss doch die Frage erlaubt sein, ob denn der Blechkelch das Herz des Priesters automatisch vergolde; und ob nicht die heilige Wirklichkeit der eucharistischen Gegenwart Jesu geradezu danach rufe, kostbare Gefäße für dieses Kostbarste zu verwenden.

So wenigstens dürfte, gemeinsam mit dem heiligen Franziskus, der weitaus größere Teil anerkannter Glaubenszeugen gedacht haben. Persönlich schlichte und bescheidene Priester ließen sich, wenn es um die Gestaltung der Altäre, die Beschaffung edler Gegenstände ging, vom Eifer für das Haus des Herrn verzehren (vgl. Ps 68,9; Joh 2,17). Demütige, verborgene Ordensschwestern arbeiteten über Jahre und Jahrzehnte, damit die Priester bei der Darbringung der „reinen, heiligen und makellosen Opfergabe“ (Römischer Kanon) in würdige, ja herrliche Kleider gehüllt seien. Und gläubige Laien beteiligten sich hingebungsvoll daran, die Kirchen zu schmücken und in leuchtendem Glanz erstrahlen zu lassen – auch heute noch gibt es viele Beispiele dafür.

Aber leider hat sich seit Jahrzehnten insgesamt eine entgegengesetzte Tendenz ausgebreitet. Während Prachtstücke der Goldschmiedekunst und Paramentik unbenutzt in Sakristeien oder Museen stehen, setzt man in der Liturgie vorwiegend dürftige und nichtssagende Massenprodukte ein, die oft nicht einmal billig oder wenigstens preiswert sind. An die Stelle evangelischer, franziskanischer Armut ist so die zur Schau gestellte Armseligkeit einer im Übrigen sehr wohlhabenden Kirche getreten...

Man verstehe mich nicht falsch: Nicht einer sakralen Glitzerwelt voller Prunk und Protz soll hier das Wort geredet werden. Gerade das Vorbild des heiligen Franziskus zeigt uns, dass es nicht hohle Veräußerlichung, nicht überfeinerter Ästhetizismus, auch nicht der Drang zu klerikaler Selbstdarstellung sein darf, der sich für die Schönheit der Liturgie und des Gotteshauses einsetzt, vielmehr die gläubige und liebende Betrachtung des geopferten Jesus in der schlichten Brotsgestalt. Rufen wir uns in diesem Zusammenhang nur die Gestalt des armen und demütigen Pfarrers von Ars in Erinnerung: ein Priester mit goldenem Herzen und goldenem Kelch! 


Hinweise:
- mit freundlicher Genehmigung des Verfassers
- dieser Beitrag erschien zuerst am 20.06.2010 im Schweizerischen Katholischen Sonntagsblatt (SKS) Nr. 12/2010!   :-)

 

5 Kommentare:

  1. Für diesen Beitrag bin ich besonders dankbar, deckt er sich doch mit meinem Wissen. Ich habe es immer bedacht vor dem Hintergrund meiner Erfahrungen mit den Kapuzinern. Tatsächlich verhielt es sich in deren armen Klöstern so, wie oben beschrieben. Seit den späten 60er Jahren hat sich das gewandelt: nicht nur mit dem Ablegen des Habits wurde auch der Reichtum der Liturgie preisgegeben; es zogen auch, wenn nicht unbedingt Reichtum, so doch alles Bürgerliche ein, das, "was man eben zum Leben alles braucht". Dazu gehörten damals zunächst der Fernsehapparat (dem man sogar die klösterliche Tagesordnung unterwarf); später kamen eigene, nämlich private Stereoanlagen (und anderes)dazu ... und natürlich modische Klamotten. - Dank an Pater Deneke für seine Ausführungen. Und ich frage mich, ob dier Text etwas mit dem Nachfolger Petri zu tun haben könnte.

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    1. Der Text hat sicher nicht unmittelbar mit dem Nachfolger Petri zu tun - weder mit Benedikt XVI. noch mit seinem Nachfolger. Die würdevoll gestaltete Liturgie ist ja ein durchaus überzeitliches Anliegen: Man beachte, dass der Beitrag bereits im Jahre 2010 verfasst wurde.

      Andererseits hat er aber doch durchaus mit dem Nachfolger Petri zu tun - man verstehe mich nicht falsch: Ich denke, dass Papst Franziskus die Sorge um eine angemessene und würdevolle Ausstattung von Kirchenraum und Liturgie ebenso wichtig ist wie dem hl. Franziskus* und dass er auch hier auf dessen Linie liegt.

      "Einfachheit" widerspricht ja noch nicht diesem Grundsatz. Hier gibt es sicher unterschiedliche Ausprägungsgrade und auch unterschiedliche Geschmäcker (es muss nicht immer Barock sein).

      Insofern, meine ich, tut man unserem neuen Papst vielleicht Unrecht, indem man ihm mangelnden Eifer für die Würde des gottesdienstlichen Geschehens vorwerfen würde.


      *der übrigens seit seinem Bestehen der Patron dieses Blogs ist und meine Freude über die Namenswahl des Hl. Vaters entsprechend groß :-)

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  2. Ja!

    (habe mir erlaubt,den Artikel zu verlinken:
    http://einfachentfachend.wordpress.com/2013/03/30/die-verdemutigung-des-herrn-und-sein-gnadenvermachtnis/ )

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  3. In unseren zahlreichen über 100 Jahre alten Missionsgeschichtsbüchern, übrigens herausgegeben von Jesuiten, (kleiner Auszug daraus hier http://die-missionen.blogspot.de) steht generell, dass die Missionare immer versucht haben, die Liturgie so prachtvoll wie möglich zu gestalten. Nicht wenige Heiden wurden dadurch überzeugt, dass so nur der wahre Gott verehrt wird, weil die Riten ihrer Götzenverehrung hier nicht mithalten konnten.
    Nachdem die Heiden für den wahren Glauben gewonnen waren, haben sie sich überall auf der Welt gegenseitig überboten ihre Kirchen für den eucharistischen Heiland so prachtvoll wie möglich zu bauen und zu gestalten - auch wenn sie selber ärmer als Kirchenmäuse waren.
    Als ein Beispiel möge diese wahre Geschichte gelten: http://die-missionen.blogspot.de/2013/03/lebendiger-glaube-und-strenges-fasten.html

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  4. Auch Mutter Teresa, deren Schwestern nicht viel mehr besitzen als 3 Saris (einen tragen, einen waschen, einen trocknen/bügeln) und einen Blecheimer zum Waschen der Kleidung (ja, auch in Deutschland haben sie meines Wissens keine Waschmaschine!!!), legte GROSSEN Wert auf eine würdige Ausstattung ihrer Klosterkirchen.

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