Es ist schon eine merkwürdige Kunst, über die zwar mitunter viel gesprochen wird, in der aber kein auf Erden Lebender wirklich erfahren ist. Eine Kunst, die zwar über lange Zeit hin ein-, doch nur einziges Mal ausgeübt werden kann. Die Rede ist von der ars moriendi, der Kunst des Sterbens, die ihren Namen dem Traktat "De arte moriendi" des Pariser Universitätskanzlers Johannes Gerson (+ 1429) verdankt. Hätte er sein Buch doch nach seinem Hinscheiden geschrieben, wir dürften ihn als Experten betrachten! Nun aber verhält es sich leider so, dass alle, die mehr oder minder Kluges über dieses Thema zu sagen wissen, den eigenen Tod noch vor sich haben, während wir die Verstorbenen, die wahrhaft Wissenden, darüber nicht befragen können.
Sterbekunst? Den heutigen Menschen erinnert der Ausdruck vielleicht an die Übung des Memento mori, des Todesgedenkens, wie sie vor allem in Klöstern strenger Observanz gepflegt wurde und hier und da noch gepflegt wird. „Finsteres Mittelalter“ also. In der Gegenwart dürfte diese düstere Angelegenheit allenfalls bei manchen melancholischen Künstlernaturen und einigen todesverliebten Gruftis der Gothic-Szene Anhänger finden. Was aber soll der gewöhnliche, bodenständige Christenmensch damit anfangen? „Man bemüht sich halt, ein braves Leben zu führen. Der Tod wird dann schon von selbst kommen…“
Doch wer sich die Angelegenheit näher und im Licht des Glaubens ansieht, wird sein Befremden bald aufgeben. Was könnte es denn Wichtigeres geben als einen guten Tod? Von der Sterbestunde hängt nun einmal unsere ganze Ewigkeit ab. Deshalb bitten wir ja in der Allerheiligenlitanei, Gott möge uns vor einem plötzlichen und unvorhergesehenen Tode bewahren. Gewiss, unser gütiger Herr ist kein böswilliger Fallensteller, der einen Menschen ausgerechnet im schlechtesten Augenblick vor Sein Gericht zerren will. Für gewöhnlich wird die letzte Etappe eines Erdenweges wohl eine Art Summe des vorangegangenen Lebens sein. Und dennoch ist es nicht an uns, diese Rechnung selbst zu machen und uns mit Blick auf bisher Vollbrachtes in der Sicherheit zu wiegen, es werde schon alles sein gutes Ende nehmen. Das wäre nicht christliche Hoffnung, sondern Vermessenheit.
Daher bedarf es einer Vorbereitung auf den Tod. Eben einer ars moriendi. Zu den klassischen Texten dieser Kunst gehören die „Anselmischen Fragen“, so genannt, weil sie lange Zeit dem heiligen Benediktiner, Bischof und Kirchenlehrer Anselm von Canterbury (+ 1109) zugeschrieben wurden. Es sind Fragen, mit denen sich der Mönch – und, die zweite Frage ausgenommen, jeder Mensch – leicht in die Situation seines Sterbens versetzen kann. Wie gut für ihn, wenn er jeweils mit einem beherzten „Ja“ antworten kann! Die Fragen lauten:
Sterbekunst? Den heutigen Menschen erinnert der Ausdruck vielleicht an die Übung des Memento mori, des Todesgedenkens, wie sie vor allem in Klöstern strenger Observanz gepflegt wurde und hier und da noch gepflegt wird. „Finsteres Mittelalter“ also. In der Gegenwart dürfte diese düstere Angelegenheit allenfalls bei manchen melancholischen Künstlernaturen und einigen todesverliebten Gruftis der Gothic-Szene Anhänger finden. Was aber soll der gewöhnliche, bodenständige Christenmensch damit anfangen? „Man bemüht sich halt, ein braves Leben zu führen. Der Tod wird dann schon von selbst kommen…“
Doch wer sich die Angelegenheit näher und im Licht des Glaubens ansieht, wird sein Befremden bald aufgeben. Was könnte es denn Wichtigeres geben als einen guten Tod? Von der Sterbestunde hängt nun einmal unsere ganze Ewigkeit ab. Deshalb bitten wir ja in der Allerheiligenlitanei, Gott möge uns vor einem plötzlichen und unvorhergesehenen Tode bewahren. Gewiss, unser gütiger Herr ist kein böswilliger Fallensteller, der einen Menschen ausgerechnet im schlechtesten Augenblick vor Sein Gericht zerren will. Für gewöhnlich wird die letzte Etappe eines Erdenweges wohl eine Art Summe des vorangegangenen Lebens sein. Und dennoch ist es nicht an uns, diese Rechnung selbst zu machen und uns mit Blick auf bisher Vollbrachtes in der Sicherheit zu wiegen, es werde schon alles sein gutes Ende nehmen. Das wäre nicht christliche Hoffnung, sondern Vermessenheit.
Daher bedarf es einer Vorbereitung auf den Tod. Eben einer ars moriendi. Zu den klassischen Texten dieser Kunst gehören die „Anselmischen Fragen“, so genannt, weil sie lange Zeit dem heiligen Benediktiner, Bischof und Kirchenlehrer Anselm von Canterbury (+ 1109) zugeschrieben wurden. Es sind Fragen, mit denen sich der Mönch – und, die zweite Frage ausgenommen, jeder Mensch – leicht in die Situation seines Sterbens versetzen kann. Wie gut für ihn, wenn er jeweils mit einem beherzten „Ja“ antworten kann! Die Fragen lauten:
Freust du dich, dass du im christlichen Glauben sterben wirst?
- Freust du dich, als Mönch zu sterben?
- Bekennst du, dass du so schlecht gelebt hast, dass du dafür ewige Strafe verdient hättest?
- Bereust du dies?
- Hast du den Willen, dich zu bessern, wenn du Zeit hättest?
- Glaubst du, dass der Herr Jesus Christus für dich gestorben ist?
- Dankst du Ihm für die Gnade?
- Glaubst du, dass du nur durch Seinen Tod gerettet werden kannst?
Im Anschluss an diese Fragen hat man später 12 Punkte der Ermutigung und Selbstprüfung für das Sterben zusammengestellt. Sich regelmäßig über sie zu besinnen, gehört wesentlich zur ars moriendi. Es sind:
(1) Treue zum Glauben der Kirche und
(2) Freude darüber, in diesem Glauben zu sterben;
(3) Gedenken der begangenen Sünden,
(4) Erweckung von Reue und Schmerz sowie
(5) Wille zu Busse und Besserung;
(6) Blick auf das alleinseligmachende Kreuz mit
(7) festem Vertrauen auf den Heilstod Jesu;
(8) Bereitschaft, denen, die mir Unrecht taten, zu vergeben, und
(9) auch selbst andere um Vergebung zu bitten für das Unrecht, das ich ihnen angetan, verbunden mit
(10) dem Vorsatz, allen Schaden wiedergutzumachen;
(11) aufrichtige Beichte und
(12) willige Annahme von Schmerzen, Krankheit und Tod.
Welche Kluft tut sich auf zwischen solchen ernsthaften Überlegungen und der Mentalität, mit der man dem Sterben in unserer Zeit weithin begegnet – oder vielmehr ausweicht! Dieses seltsame Wechselspiel von ängstlicher Verdrängung des Todes auf der einen Seite, Banalisierung und Sensationsgier auf der anderen Seite: Ist es nicht das glatte Gegenteil der ars moriendi? Und damit übrigens auch der echten ars vivendi, der Lebenskunst, die nur dann gelingen kann, wenn sie das Ende des Weges stets mitbedenkt und die Schritte weise und froh Gott entgegenlenkt.
Hinweise:
- mit freundlicher Genehmigung des Verfassers
- der Beitrag erschien bereits im Schweizerischen Katholischen Sonntagsblatt (SKS)
Welche Kluft tut sich auf zwischen solchen ernsthaften Überlegungen und der Mentalität, mit der man dem Sterben in unserer Zeit weithin begegnet – oder vielmehr ausweicht! Dieses seltsame Wechselspiel von ängstlicher Verdrängung des Todes auf der einen Seite, Banalisierung und Sensationsgier auf der anderen Seite: Ist es nicht das glatte Gegenteil der ars moriendi? Und damit übrigens auch der echten ars vivendi, der Lebenskunst, die nur dann gelingen kann, wenn sie das Ende des Weges stets mitbedenkt und die Schritte weise und froh Gott entgegenlenkt.
Hinweise:
- mit freundlicher Genehmigung des Verfassers
- der Beitrag erschien bereits im Schweizerischen Katholischen Sonntagsblatt (SKS)
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