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Samstag, 2. Februar 2013

Klerikale Kleidung

P. Bernward Deneke FSSP, Wigratzbad

„Der Priester muss vor allem durch sein Verhalten erkennbar sein, aber auch durch seine Bekleidung, so dass jedem Gläubigen und überhaupt jedem Menschen seine Identität und seine Zugehörigkeit zu Gott und zur Kirche unmittelbar erkenntlich ist.“

Eine reichlich unrealistische Forderung! Aber so steht es geschrieben, und zwar im „Direktorium über Dienst und Leben der Priester Dives Ecclesia“, von der Kleruskongregation mit Autorisierung Papst Johannes Pauls II. veröffentlicht am 31. Januar 1994 (Nr.66). Das Dokument kann sich auf das Kirchenrecht stützen, das in can. 284 vorschreibt: „Die Kleriker haben gemäß den von der Bischofskonferenz erlassenen Normen und den rechtmäßigen örtlichen Gewohnheiten eine geziemende kirchliche Kleidung zu tragen.“

Nun könnte man natürlich einwenden, die Bischofskonferenzen im deutschsprachigen Raum – und nicht nur in diesem – hätten nun einmal offensichtlich keine besonderen Normen erlassen (was übrigens gar nicht stimmt!), und die „örtliche Gewohnheit“ sei doch heute im Welt- wie im Ordensklerus gerade die, keine spezifisch geistliche Kleidung zu tragen.

Aber auch dazu weiß das Direktorium etwas zu sagen: „Das bedeutet, dass diese Bekleidung, falls sie nicht die Soutane (Anm.: Talar, Habit) ist, verschieden von der Art der Kleidung der Laien zu sein hat und konform der Würde und Sakralität des Amtes. Schnitt und Farbe müssen von der Bischofskonferenz festgelegt werden, immer in Übereinstimmung mit den Vorlagen des allgemeinen Rechts. Wegen ihrer Inkohärenz mit dem Geist solcher Disziplin, können entgegengesetzte Praktiken nicht als rechtmäßige Gewohnheiten angesehen werden und müssen daher von den zuständigen Autoritäten abgeschafft werden.“

Man lese und staune: Die Formulierung „Falls sie nicht die Soutane ist“ legt nahe, dass das schwarze Gewand, dieses klassische „Outfit“ des römischen Priesters, noch immer als Normalfall zu betrachten ist. Und sollte es nicht die Soutane sein, dann muss sich die klerikale Kleidung dennoch eindeutig von derjenigen der Laien unterscheiden. Der sog. Clergyman (schwarzer Priesteranzug mit weißem Kragen) erfüllt diese Forderung eindeutig. Aber gilt das wohl auch von einem Ansteckkreuz am Revers eines hellblauen oder beige-grün gestreiften Sakkos? Man darf daran zweifeln.

Die Kleruskongregation ruft in dem zitierten Abschnitt auch die Pflicht der zuständigen Autoritäten, also der Bischöfe, in Erinnerung, eine Praxis abzuschaffen, die den genannten Normen widerspricht. Dem hat die z.B. die Deutsche Bischofskonferenz im September 1995 mit Ausführungsbestimmungen zu dem zitierten can. 284 des Kirchenrechtes zu entsprechen versucht, die das Tragen des Oratorianerkragens, des römischen Kollars oder – „in begründeten Ausnahmefällen“ – eines dunklen Anzugs mit Kreuz einfordern. Aber sind diese Normen denn auch mit der Kraft des Leitungsamtes durchgesetzt worden? Ja, wie lange bereits wäre das fällig gewesen... Wer darüber nachdenkt, kann sich die Tatsache nicht verhehlen, dass es in der Kirche nicht nur ein Gehorsamsproblem in den „unteren Rängen“, sondern auch eine Autoritäts- und Führungskrise bis weit nach „oben“ gibt...

Doch nun genug damit. Diese Ausführungen riechen ohnehin schon zu sehr nach selbstgerechter Schelte von Mitbrüdern. Genau das wollen sie aber gar nicht sein. Sie möchten nur auf einen bedauerlichen Widerspruch zwischen Gesetz und Vorschrift hinweisen, dessen Hintergrund eine Art Sinnverlust bildet: Viele haben den Sinn für die Bedeutung der Kleidung im allgemeinen (in der Bibel ein Thema vom Paradies bis zum Himmlischen Jerusalem!) und für das geistliche Gewand im besonderen verloren. Sie bedenken nicht mehr den Zusammenhang zwischen dem Anziehen des kirchlichen Kleides und dem Anziehen des neuen Menschen, nämlich Jesu Christi selbst (vgl. Gal 3,27; Eph 4,24; Kol 3,10), durch, mit und in dem doch der Priester seinen heiligen Dienst vollzieht.

Hinter diesem Sinnverlust freilich liegt oft noch ein anderer. Das Dokument der Kleruskongregation formuliert vorsichtig: „Abgesehen von ganz außergewöhnlichen Situationen, kann der Nichtgebrauch der kirchlichen Kleidung seitens des Klerikers einen schwachen Sinn für die eigene Identität als ganz dem Dienst der Kirche ergebener Hirte manifestieren.“

Es geht also um eine Identitätskrise. Deren Ursache liegt im Verlust der übernatürlichen Dimension des Priestertums. Namhaften Theologen ist es über Jahrzehnte hin gelungen, durch geschickte „Neuinterpretation“ die katholische Glaubenswahrheit vom unauslöschlichen Prägemal der Weihe auszuhöhlen. Wen wundert es, wenn Männer, die nicht mehr darum wissen, dass ihr Priestersein zwar in der Welt, aber nicht von der Welt ist, sich dann auch nicht mehr von der Welt unterscheiden wollen? So schwindet das frohe Bewusstsein, als Zeuge des Herrn und Seines Reiches zu den Menschen gesandt zu sein, und man vergisst, für wie viele der Anblick eines Geistlichen, der als solcher erkennbar ist, eine Einladung, eine Stärkung, einen Halt und Trost, gegebenenfalls auch eine Mahnung bedeuten kann.

Um abzuschließen: Wir suchen in vielen Verlautbarungen vergebens nach einer klaren und kraftvollen Theologie des Priestertums, und wir vermissen weithin die warmen und werbenden Worte, mit denen die Oberhirten ihren Priestern den Sinn des geistlichen Kleides erschließen und sie zum Tragen ermuntern. Zugleich aber freuen wir uns, dass dennoch immer mehr – insbesondere junge – Geistliche in priesterlicher Kleidung zu sehen sind! 


Hinweise:
- mit freundlicher Genehmigung des Verfassers
- der Beitrag erschien bereits im Schweizerischen Katholischen Sonntagsblatt (SKS) 
 
- Foto: Pentauro


Weiteres zum Thema: 


Der französische Priester Michel-Marie Zanotti-Sorkine über das Tragen der Soutane:



3 Kommentare:

  1. Bein klick auf den Link von P. Kahl bekomme ich nur:

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    1. Danke! Geändert.
      Einen schönen Sonntag noch!

      (Und schön, dass es Leute gibt, die Bescheid sagen!) :-)

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    2. Immer gerne.

      Ebenfalls schönen Sonntag. :-)

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