Noch ein Wort zu der angeblichen Hilfeverweigerung zweier katholischer Kliniken und Abweisung einer mutmaßlich vergewaltigten Frau in Köln:
Wie bekannt, hatte die diensthabende Ärztin einer von den katholischen Krankenhäusern unabhängigen Notfallpraxis* im Dezember 2012 eine 25-jährige Frau behandelt, die offenbar am Abend zuvor nach einer Party mit k.o.-Tropfen betäubt und wahrscheinlich vergewaltigt worden war. Irmgard Maiworm, die behandelnde Ärztin, wandte sich dann über Telefon an die fachgynäkologische Abteilung des angrenzenden St.-Vinzenz-Hospitals mit der Bitte um weitere Behandlung und Durchführung der anonymen Spurensicherung im Rahmen der ASS (Anonyme Spurensicherung nach Sexualstraftaten).
Die dort tätige Ärztin versuchte zu erklären, dass es im St.-Vinzenz-Hospital nicht möglich sei, eine ASS durchzuführen und gab die Empfehlung, die junge Frau an ein Krankenhaus zu überweisen, in dem die ASS zusammen mit der weiteren Behandlung aus einer Hand erfolgen könne. So werde der traumatisierten Frau auch eine weitere zusätzliche Schilderung der Situation erspart.
Eine zweite Klinik, die daraufhin von der Notfallpraxis telefonisch um Weiterbehandlung angegangen wurde (das Hl.-Geist-Krankenhaus in Köln-Longerich), gab eine gleichlautende Empfehlung. Scheinbar war Frau Maiworm, so der Name der diensthabenden Notfallärztin, nicht klar, dass die beiden katholischen Kliniken der Cellitinnen inzwischen nicht mehr befugt und wegen fehlenden Instrumentariums auch nicht mehr in der Lage waren, eine Untersuchung im Rahmen der ASS durchzuführen.
Welche Rolle spielte der Oberarzt der katholischen Klinik?
Das Verhalten der Ärztinnen an den beiden Krankenhäusern, dem St.-Vinzenz-Hospital und dem Hl.-Geist-Krankenhaus, wurde als unbarmherzige Abweisung der hilfesuchenden vergewaltigten Frau ausgelegt. Diese Einschätzung ist jedoch falsch, da eine ASS wie oben bereits dargelegt, überhaupt nicht hätte durchgeführt werden können und die Frau also ohnehin an eine der fünf Kliniken hätte überwiesen werden müssen, die am Netzwerk der ASS teilnehmen.
Wie kam es nun dazu, dass die beiden Kliniken nicht mehr dem Netzwerk der ASS angehörten?
Das das Projekt ASS ist seit dem 05.07.2011 in der Spurensicherung tätig. Am 14.09.2012 gab der Arbeitskreis ASS eine Pressemeldung heraus, die über die Aktivitäten im ersten Jahr des Bestehens berichtet und in der auch mitgeteilt wird, dass zwei Krankenhäuser (dabei handelt es sich um die beiden genannten katholischen Kliniken) aus dem Projekt hätten ausgesteigen müssen.
Wie kam es dazu?
Hierzu ist die Richtigstellung des "Notrufs für vergewaltigte Frauen" vom 18.01.2013 aufschlussreich. Demnach hatte sich ein Oberarzt einer der beiden genannten Kliniken im März 2012 an den "Notruf" gewandt. Aus einem Schreiben vom 30.03.2012 wird zitiert, er informiere darüber,
“dass unsere Abteilung ab sofort keine Untersuchungen an Patientinnen nach einer Sexualstraftat mehr durchführt”.
Begründung:
“Unser Träger hat die Verordnung der Postexpositionsprophylaxe (Pille danach) auch in diesem Zusammenhang untersagt. Eine alleinige körperliche Untersuchung und Spurensicherung ohne das Angebot zur Postexpositionsprophylaxe ist aus ärztlicher Sicht sowohl medizinisch als auch ethisch nicht vertretbar. Daher sollten Patientinnen zukünftig in einer Einrichtung betreut werden, die eine umfassende Versorgung in einer Hand gewährleistet”.
Offensichtlich handelt es sich hier um einen Konflikt zwischen dem Oberarzt und dem Träger der Klinik, also der Stiftung der Cellitinnen zur hl. Maria. Infolge des Schreibens kam es laut der Richtigstellung zu "viele(n) Telefonate(n) mit unterschiedlichen Hierarchie-Ebenen der beiden
Krankenhäuser" die aber "letztlich keine Veränderung der – unbefriedigenden
– Situation herbeiführen" konnten. Gemeint ist damit, dass die Krankenhausleitungen gemäß den Vorgaben der Lehre der Kirche und des Erzbistums Köln an der Praxis festhielten, nicht die "Pille danach" zu verschreiben. Der "Notruf für vergewaltigte Frauen" sieht die Verschreibung der (möglicherweise) frühabtereibenden "Pille danach" jedoch als Bestandteil der Behandlung im Rahmen der ASS. Beide Seiten bedauerten daraufhin, die engere Zusammenarbeit beenden zu müssen. Seinen Niederschlag fand diese Aufkündigung in der schon obengenannten Pressemeldung vom 14.09.2012 und in der Abholung der "Kisten mit den ASS-Untersuchungs-Sets" aus den beiden Krankenhäusern.
Das heißt: Laut eigenem Bekunden instruierte der Oberarzt seine Abteilung ab April 2012 dahingehend, bei Patientinnen nach einer Sexualstraftat "keine Untersuchungen" mehr durchzuführen. Dieses Vorgehen widerspricht aber eindeutig den Vorgaben des Trägers des Krankenhauses, der - bis auf die Verschreibung der "Pille danach"- für seine Ärzte und Ärztinnen eine umfassende ganzheitliche Betreuung der Patientinnen postulierte.
Besagter Oberarzt unterband somit die Behandlung mutmaßlich vergewaltigter Frauen in der katholischen Klinik und favorisierte in seinem Schreiben die Behandlung in einer Einrichtung, die bereit ist, auch die potentiell abtreibende "Pille danach" zu verschreiben. Das ist zumindest ein eigenartiges Verständnis von Loyalität gegenüber seinem Arbeitgeber und lässt vermuten, dass er selbst nicht mit dessen Überzeugung übereinstimmt.
Die Stellungnahme des Ethikkomitees
Rund sieben Monate später, am 07.11.2012 erschien dann, herausgegeben vom Klinischen Ethikkomitee der Hospitalvereinigung St. Marien, die "Ethische Stellungnahme zur Notfallkontrazeption bei Patientinnen, die vermutlich Opfer eines Sexualdelikts geworden sind".
In dieser "Stellungnahme" wird als "Rahmenbedingung für die tägliche medizinische Betreuung" der Patientinnen festgehalten, dass
- eine befruchtete Eizelle ab dem Zeitpunkt der Kernverschmelzung als menschlicher Embryo gelte, auch im pränidativen, nicht eingenisteten, Stadium
- die beiden auf dem Markt befindlichen Wirkstoffe der "Pille(n) danach" nidationshemmend sind
- der Mensch von Beginn an Person ist und sich als Person entwickelt und der direkte Abbruch zu verwerfen ist
- künstliche Verhütung (gemeint ist hier die Einnahme der "Pille danach") daher, auch nach einem vermuteten Sexualdelikt, moralisch nicht gerechtfertigt ist.
Weiterhin werden für den Umgang mit Patientinnen mach vermutetem Sexualdelikt folgende Weisungen nach den in einem solchen Fall wichtigsten ethischen Prinzipien, nämlich Fürsorge, Schadensvermeidung und Autonomie, gegeben:
- zur Verfügungstellen aller moralisch unbedenklichen Mittel zur medizinischen Gesundung und auch das gesamte Spektrum psychologischer, seelsorgerlicher und ethischer Betreuung
- zeitnahe Hilfsmaßnahmen ohne Verzögerung, volle Kooperation mit der ASS
- Eigenentscheidung der Patientin zur Einnahme der Notfallkontrazeption und entsprechende Weiterleitung an entsprechende Instanzen
- Information der Patientin über weitere Behandlung und Achtung der autonomen Entscheidung
Die "umfassende medizinische Versorgung" solle "nach bestem ärztlichen Ethos" geschehen.
War die Stellungnahme zur Notfallkontrazeption bekannt?
Einen guten Monat nach Einführung dieser Stellungnahme - ob sie in diesem Zeitraum bereits zu allen Mitarbeitern durchgedrungen war ist fraglich) entstand die am Anfang geschilderte Situation, in der die Krankenhausärztin eine Patientin - im Telefongespräch mit der Notfallpraxisärztin Maiworm - an ein anderes Krankenhaus verwies.
Sie handelte korrekt, da an ihrem Krankenhaus (wie auch in der zweiten betroffenen Klinik) keine ASS durchgeführt werden konnte. Fraglich ist, ob sie, was andere Untersuchungen angeht, möglicherweise durch die Anordnung des Oberarztes, Vergewaltigungsopfern jedwede Behandlung vorzuenthalten, beeinflußt war.
Eigenmächtigkeit des Oberarztes zum Schaden der Klinik
Dass das Schreiben des Oberarztes an den "Notruf für vergewaltigte Frauen" nicht mit der Klinikleitung abgesprochen war und im Gegensatz zu deren Intention steht, dürfte die Aussage auf www.radio-koeln.de deutlich machen, in der es heißt:
“Beide Kliniken sind allerdings nicht aus dem Programm zur Spurensicherung nach Vergewaltigung ASS ausgestiegen. Das haben sowohl Klinikleitung als auch das klinische Ethik-Komitee bekräftigt. Wie die Ethikbeauftragte Radio Köln sagte, sei die Teilnahme und das Angebot ausdrücklich gewollt. Vielmehr sei man vom Notruf für vergewaltigte Frauen von der Internetseite entfernt worden. Nach Meinung des Notrufs sei das Betreuungsangebot durch das Fehlen der “Pille danach” nicht vollständig.” (hierzu erfolgte dan die Richtigstellung des "Notrufs für vergewaltigte Frauen")
Was der Oberarzt mit der - ebenfalls offensichtlich nicht mit der Klinikleitung abgesprochenen - Anordnung der Behandlungsverweigerung bezwecken wollte, bleibt rätselhaft. Sowohl die in diesem Sinne erfolgte Instruktion seiner Abteilung wie auch sein eigenmächtiges, im Alleingang getätigtes Schreiben an den "Notruf für vergewaltigte Frauen" könnte möglicherweise der Auslöser für die unsäglichen Angriffe vor allem der Medien gegen die katholischen Krankenhäuser im einzelnen und die katholische Kirche im Allgemeinen gewesen sein. Damit hat er der Klinik, deren Träger, der katholischen Kirche und ihrem Engagement im Lebensschutz, vor allem aber den betroffenen Frauen einen Bärendienst erwiesen.
* Die Notfallpraxis befindet sich auf dem Gelände des St.-Vinzenz-Hospitals in Köln, ist aber nicht diesem angeschlossen.
Späte Erkenntnis:
Späte Erkenntnis:
Die Notfallärztin, die den ganzen Fall ins Rollen brachte ist eine Frau Maiworm. Der Name Maiworm taucht auch bei der Humanistischen Union auf: http://www.humanistische-union.de/nc/wir_ueber_uns/verein/vereinsnachrichten_detail/browse/5/autor/7/back/verein/article/neuer-mitarbeiter-der-hu-bundesgeschaeftsstelle/
AntwortenLöschenKann natürlich ein Zufall sein, verzeichnet doch das Telefonbuch 308 mal den Namen Maiworm in Deutschland.
Ja, Mawörmer gibt's viele. :-)
LöschenIch denke mal, das ist eher ein Zufall...