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Donnerstag, 31. Januar 2013

Erklärung des Erzbischofs von Köln zur "Pille danach" - Alles bleibt beim alten


Die Erklärung des Kardinals im Wortlaut:
 
(Quelle) Aus gegebenem Anlass habe ich mich mit Fachleuten über die Frage der Verordnung der so genannten „Pille danach" beraten. Dabei wurde deutlich, dass darunter unterschiedliche Präparate mit unterschiedli­chen Wirkprinzipien zu verstehen sind, deren Wirkungen und Nebenwirkungen sich in der wissenschaftlichen Diskussion immer weiter klären. Daraus ergeben sich ethische Konsequenzen. 

Wenn nach einer Vergewaltigung ein Präparat, dessen Wirkprinzip die Verhinderung einer Zeugung ist, mit der Absicht eingesetzt wird, die Befruchtung zu verhindern, dann ist dies aus meiner Sicht vertretbar. 

Wenn ein Präparat, dessen Wirkprinzip die Nidationshemmung ist, mit der Absicht eingesetzt wird, die Einnistung der bereits befruchteten Eizelle zu verhindern, ist das nach wie vor nicht vertretbar, weil damit der befruchteten Eizelle, der der Schutz der Menschenwürde zukommt, die Lebensgrundlage aktiv entzogen wird. Dass das Abgehen befruchteter Eizellen auch ganz natürlicherweise ohne menschliches Zutun geschieht, berechtigt einen Menschen nicht dazu, diesen natürlichen Vorgang aktiv zu imitieren. Denn die Beendigung eines Menschenlebens durch die Natur nennt man ein Naturereignis. Dessen absichtliche Imitation nennt man Tötung. 

Die Ärzte in katholischen Einrichtungen sind aufgefordert, sich rückhaltlos der Not vergewaltigter Frauen anzunehmen und sich dabei unter Berücksichtigung des neusten Stands der medizinischen Wissenschaft in ihrem ärztlichen Handeln an den oben genannten Prinzipien auszurichten. Darüber hinaus ist nichts dagegen einzuwenden, dass sie in diesem Fall auch über Methoden, die nach katholischer Auffassung nicht vertretbar sind, und über deren Zugänglichkeit aufklären, wenn sie dabei, ohne irgendwelchen Druck auszuüben, auf angemessene Weise auch die katholische Position mit Argumenten erläutern. In jedem Fall muss in katholischen Einrichtungen die Hilfe für vergewaltigte Frauen aber natürlich weit über die Erörterung solcher Fragen hinaus gehen.

Köln, 31. Januar 2013

Joachim Kardinal Meisner, Erzbischof von Köln

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Kommentar

Die katholische Kirche setzt sich für den unbedingten Schutz des menschlichen Lebens ein, vom Zeitpunkt der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle an bis zum natürlichen Tod. Deshalb stellt sich die Kirche schützend vor noch ungeborene Kinder und verurteilt eine Abtreibung, eine vorsätzliche Tötung des Kindes, als ein "verabscheuungswürdiges Verbrechen" (II. Vat., GeS 51)  Einzige Ausnahme ist die Situation, in der die Mutter in Lebensgefahr schwebt und der Arzt zwischen dem Leben der Mutter und dem Leben des Kindes wählen müsste. In diesem Fall wird man sich in der Regel für das Überleben der Mutter und die Abtreibung des Kindes entscheiden.

Gemäß diesem Prinzip werden in katholischen Einrichtungen keine Abtreibungen durchgeführt und es werden keine (früh-)abtreibenden Mittel verordnet, so auch nicht für Frauen, die Opfer eines Sexualdeliktes geworden sind. Ärzte und Ärztinnen an katholischen Krankenhäusern bieten in solchen Situationen ganzheitliche Behandlungen und Hilfen an, wie sie in jedem anderen Krankenhaus üblich sind - mit Ausnahme der Verschreibung bzw. Verabreichung der sogenannten "Pille danach". Die Verschreibung der "Pille danach" ist deswegen nicht mit der katholischen Lehre zu vereinbaren, weil sie eine (wenn auch nur möglicherweise) frühabtreibende Wirkung hat und damit die Tötung eines ungeborenen Kindes nicht ausschließen würde.

Inzwischen gibt es verschiedene Präparate, die als "Pille danach" eingesetzt werden. So sind nun offenbar auch solche Produkte verfügbar, die zwar das Reifen und somit eine Befruchtung der Eizelle verhindern, jedoch nach bereits erfolgter Verschmelzung von Ei- und Samenzelle, also bei bereits gezeugtem Embryo, keine Mechanismen einsetzen, um die befruchtete Eizelle an der Einnistung in der Gebärmutterschleimhaut zu hindern, sprich dem Embryo die Lebensgrundlage zu entziehen.

Der Kölner Kardinal hat sich den neuesten Stand der medizinischen Wissenschaft von Fachleuten erläutern lassen. Und er stellt fest, dass ein Präparat, das keine abtreibende Wirkung hat, sondern die Befruchtung der Eizelle verhindert, im Falle des Verbrechens einer Vergewaltigung der katholischen Lehre nicht entgegensteht und daher auch in katholischen Einrichtungen verschrieben bzw. verabreicht werden kann.

Solche nichtabtreibenden "Pillen" waren im Übrigen in katholischen Häusern in solchen Fällen auch noch nie verboten - eben weil sie keine Gefahr für die Leibesfrucht sind. Ärzte, die in diesem Bewusstsein ein Präparat verschrieben haben, haben auch bisher nicht gegen die Lehre der Kirche gehandelt.

Es bleibt also alles beim alten: Frühabtreibende "Pillen danach" und Abtreibungspillen werden auch weiterhin nicht in katholischen Einrichtungen zu haben sein, denn sie schließen die Möglichkeit der Tötung des Embryos ein und sind deshalb ethisch nicht zu rechtfertigen. Noch nie verboten und auch weiterhin erlaubt sind dagegen Präparate, die die Befruchtung der Eizelle verhindern, nicht aber einem bereits gezeugten Embryo die Lebensgrundlage (z. B. durch eine Abbruchblutung der Gebärmutterschleimhaut) entziehen.

Wer daher meint, dass sich nun vieles ändern werde, wird wohl enttäuscht werden. Es handelt sich weder um einen Dammbruch noch um die Änderung der katholischen Lehre. Man wird sich in katholischen Häusern zusammensetzen und diejenigen Präparate ohne abtreibende Wirkung auswählen um im Falle der Behandlung einer vergewaltigten Frau eine ungerechte (den Begriff: "verbrecherische" sei hier aus Respekt vor dem unschuldigen Leben gemieden) Befruchtung nach Möglichkeit zu verhindern.


FW

5 Kommentare:

  1. Hallo FW,
    danke für diesen Beitrag, ich finde Card. Meisners Stellungnahme wichtig und meine, dass sie richtig ist. Allerdings wurde an anderer Stelle (mit eher liberalem Hintergrund) darauf hingewiesen, dass hier ein Widerspruch zu Casti Connubii bestünde. Nach diesem sei (künstliche) Empfängnisverhütung in se malum, was keine Differenzierung zuließe. Was meinst du dazu?

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    1. Die Enzyklika "Casti connubii" von Pius XI. aus dem jahre 1930 behandelt das Sakrament der Ehe und spricht in diesem Zusammenhang auch vom ehelichen Akt, als einem der Ehe gemäßen und eheigenen, gottgewollten Akt.

      Die Umstände und Bedingungen, die für diesen gottgewollten Vollzug des Aktes gelten, kann man schwerlich auf einen erzwungenen, ungerechten und verbrecherischen Akt, wie es eine Vergewaltigung ist, anwenden. Sie sind auch nicht vergleichbar.

      Eine Differenzierung zwischen dem Verhindern einer Verschmelzung von Ei- und Samenzelle einerseits und dem Abtöten bzw. Zugrunde-gehen-Lassen eines bereits gezeugten Embryos ob vor oder nach der Einnistung in die Gebärmutter ist im Fall einer Vergewaltigung, denke ich, möglich und sinnvoll.

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  2. Und mich wundert auch "Darüber hinaus ist nichts dagegen einzuwenden, dass sie in diesem Fall auch über Methoden, die nach katholischer Auffassung nicht vertretbar sind, und über deren Zugänglichkeit aufklären, wenn sie dabei, ohne irgendwelchen Druck auszuüben, auf angemessene Weise auch die katholische Position mit Argumenten erläutern." Würde das nicht faktisch auf eine Beteiligung ähnlich wie bei der Schwangerschaftskonfliktberatung herauslaufen? Verstehe mich nicht falsch, es geht mir nicht um die konkrete Situation, wo ich wohl auch anders handeln würde, sondern um die Theorie.

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    1. Bei der SS-Konfliktberatung bestand die "Beteiligung" in der Ausstellung des Beratungsscheines, der sozusagen das Eintrittsticket zur Abtreibung war. Kard. Meisner sagt aber nicht, dass ein Schein oder Rezept o.ä. für eine ethisch nicht zu vertretende Handlung auszustellen sei.

      Sicher kann man nicht davon ausgehen, dass jede in diesem Sinne zu behandelnde Frau katholisch ist und der katholischen Lehre zustimmt bzw. gewillt ist, sich nach Gottes Geboten zu orientieren. Die Kirche respektiert ebenso wie Gott den freien Willen des Menschen.

      Lt. Stellungnahme des Ethikrates der Cellitinnen z. B. soll sich die betroffene Frau selbst entscheiden, ob sie der Behandlung nach kath. Gesichtspunkten zustimmt (also kein potentiell abtreibendes Mittel einnimmt), oder ob sie sich (dann aber an anderem Ort) ein (sichereres?) Abtreibungspräparat verschreiben lassen will.

      Nun gebietet nicht nur allein die Befähigung der Patientin, sich überhaupt erst entscheiden zu können, über "Methoden, die nach katholischer Auffassung nicht vertretbar sind, und über deren Zugänglichkeit" informiert zu werden, sondern auch die Wahrhaftigkeit gegnüber der Patientin.

      Man kann die Frau nicht im Unwissen darüber lassen, dass es solche Methoden gibt - auch um so auf angemessene Weise (...) die katholische Position mit Argumenten (zu) erläutern. Ein katholischer Arzt wird hier sensibel für die (Gottes Geboten entsprechende) katholische Position werben und der Patientin im Falle einer Entscheidung für den "katholischen Weg" weitere Hilfen anbieten.

      Es ist aber bei diesem Weg möglicherweise damit zu rechnen, dass durch eine nicht-(früh-)abtreibende Medikation eine bereits befruchtete Eizelle nicht abgetötet wird und somit eine unerwünschte Schwangerschaft nicht (durch Frühabtreibung) abgebrochen wird. D.h. die Häufigkeit einer (fortgeführten) Schwangerschaft ist bei dieser Methode möglicherweise höher.

      Über diese Konsequenzen muss die Frau aufgeklärt werden, ebenso wie über die Tatsache, dass eine frühabtreibende "Pille danach" ein eventuell schon ins Leben gerufenes Kind tötet.

      Deshalb finde ich die Aussage, wie sie Kard. Meisner (s.o.) getroffen hat durchaus vertretbar und angemessen, sogar notwendig.

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  3. Herzlichen Dank für die Erläuterung. Prinzipiell finde ich die Erläuterung von Card. Meisner ebenfalls vertretbar, angemessen und notwendig und würde das auch persönlich so meinen, aber so wird es mir klarer.
    U.

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