Eigentlich sollten uns die Verkehrtheiten, in die der menschliche Geist verfällt, wenn er gegen Ursprung und Ziel rebelliert, nicht verwundern. Und dennoch geschieht es immer wieder, daß wir von Einfällen erfahren, die uns in ihrer Verkommenheit unglaublich erscheinen. So erging es mir, als ich von einem Projekt erfuhr, das seit einigen Jahren in dänischen Seniorenheimen durchgeführt wird: Ich wollte und konnte diese Ausgeburt kranker Hirne zunächst nicht für wahr halten. Und doch entsprach die Nachricht den Tatsachen.
Dänische Heimleiter hatten sich nämlich überlegt, wie sie die Lebensqualität der alten Menschen heben, sie besser unterhalten und rundum zufriedenzustellen könnten, und waren dabei in ihren Gedankengängen auf die schlüpfrigen Pfade der Erotik gelangt. Mit dem Ergebnis, daß in den entsprechenden Häusern nun regelmäßig pornographische Filme vorgeführt und sexuelle Dienstleistungen für die Bewohner angeboten werden – selbstverständlich durch „Fachpersonal“... Auf Einzelheiten sei hier verzichtet. Jedenfalls sehen sich die Leiter der Seniorenheime in ihrer Initiative bestätigt. Die Bewohner seien jetzt viel lebhafter und wacher, die Kommunikation unter ihnen habe sich verbessert, Streitigkeiten, früher an der Tagesordnung, kämen seither nicht mehr vor.
Gesetzt den Fall, diese Auswertung und propagandistische Empfehlung des Projektes „Sex im Altenheim“ entspräche den Tatsachen: Auch dann bestünde für uns kein Grund zur Freude, handelt es sich hierbei doch um nichts weiter als um Verführung zur Unzucht, zu einer schweren Sünde also, die nach dem mahnenden Wort des heiligen Paulus vom Reich Gottes ausschließt (vgl. Gal 5,19-22). Näher bedacht, erkennen wir darin einen raffinierten Angriff auf die Menschen an der Schwelle zum Jenseits. Offensichtlich sollen diese auf alle nur erdenkliche Weise von einer Hinwendung zu ihrem Schöpfer und Herrn, von Gebet und Besinnung, Umkehr und Buße abgehalten werden. Schwer vorstellbar, daß lüsterne Greise ein starkes Verlangen nach Reinheit und Heiligkeit in sich tragen...
Das dänische Unternehmen gibt zu wichtigen Gedanken auch über unsere Seniorenheime Anlass. Als Priester muß ich es öfters erleben, welch traurigen, bisweilen beklemmenden Anblick das Innere vieler dieser Häuser bietet. Da verbringen Menschen, die ein verehrungswürdiges Alter erreicht haben, häufig einen einsamen und trüben Lebensabend fernab von der Familie. Auch solche, die durchaus noch dazu in der Lage wären, finden sich selten zu Gesprächen oder gemeinschaftlichen Aktivitäten zusammen. Zwar organisieren die meisten Heime lobenswerterweise gelegentliche Ausflüge, Spielnachmittage, Sing- und Gymnastikkreise. Tiefere Erfüllung aber und innerer Zusammenhalt unter den alten Menschen sind von diesen Veranstaltungen kaum zu erwarten.
Allenfalls die flimmernden Bilder des unentwegt laufenden Fernsehapparates bringen eine gewisse Abwechslung in das ereignislos verlaufende Leben, ohne freilich die Aufmerksamkeit auf Dauer fesseln zu können. Mehrmals hatte ich bei priesterlichen Besuchen in Seniorenheimen zunächst einmal eine geschwätzige Talkshow oder eine Seifenoper abzuschalten und dann den alten Menschen, der inmitten dieser optischen und akustischen Berieselung eingeschlafen war, zu wecken, bevor an die Spendung der heiligen Sakramente zu denken war.
Unter religiösem Gesichtspunkt sind auch diese Einrichtungen, obwohl weit entfernt vom Ungeist jener dänischen Heime, alles andere als günstig. Eine betagte Dame, die früher täglich die heilige Messe besuchte und ein frommes Leben führte, gestand mir, im Seniorenheim das Beten völlig verlernt zu haben. Das ist unter den gegebenen Umständen nicht weiter erstaunlich, aber dennoch tieftraurig. Ausgerechnet am Ende des Erdenweges sollte die zeitlebens treu geübte Betrachtung der Rosenkranzgeheimnisse dem leeren Blick auf die Mattscheibe weichen?
Hieraus ergibt sich als eine hochwichtige Forderung unserer Zeit: Wir brauchen katholische Altenheime. Ich denke an Häuser wie das Kurhaus Marienburg in St. Pelagiberg (Schweiz, Kanton Thurgau), wo die Bewohner täglich an der (traditionellen!) Heiligen Messe und an einer Sakramentsandacht teilnehmen können, wo regelmäßige Gelegenheit zur Beichte besteht, wo die Kapelle mit dem eucharistischen Herrn auch außerhalb der Gottesdienstzeiten zum einsamen und gemeinsamen Gebet einlädt und das Hinscheiden zumeist unter priesterlichem Beistand stattfindet. Welcher Schatz und Segen wären derartige Seniorenheime nicht nur für die Bewohner selbst, sondern darüber hinaus für die ganze Kirche, deren Anliegen von einem Heer eifriger und meistens leidender Beter vor Gott hingetragen würde!
Hinweise:
- mit freundlicher Genehmigung des Verfassers
- der Beitrag erschien bereits im Schweizerischen Katholischen Sonntagsblatt (SKS)
- Bild: Papst Johanes XXIII.
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- mit freundlicher Genehmigung des Verfassers
- der Beitrag erschien bereits im Schweizerischen Katholischen Sonntagsblatt (SKS)
- Bild: Papst Johanes XXIII.
Ja, wir brauchen sicherlich katholische Altenheim, ich sehe das ganze Problem jedoch darin, dass unser Gesetzgeber auf nicht absehbare Zeit findet, das wir das nicht brauchen.
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