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Montag, 31. Dezember 2012

Eucharistie und Menschwerdung (2)

Fortsetzung von hier: Teil 1

Als das Wort in die Welt kam und "Fleisch annahm", hatte es nicht nur die Absicht, ein ähnliches Leben wie unseres zu führen, sondern auch, dieses Fleisch für das Leben der Welt hinzugeben; deshalb findet die Fleischwerdung ihre Erfüllung in der Eucharistie.

Die Eucharistie schenkt der Menschwerdung eine Dimension, die die einfache Tatsache des Kommens Christi im Rahmen seines irdischen Daseins nicht haben könnte. Sie erlaubt dem Fleisch des Gottessohnes, all jene zu erreichen, die in ihrem Menschenleib dazu berufen sind, an der Gotteskindschaft Anteil zu haben und als Kinder Gottes zu leben. Sie bietet die verwandelnde Kraft des Fleisches Christi in ihrem höchsten Grad an, nämlich so, wie sie in der umfassenden Entfaltung der Gnade im Leben des Menschen umgesetzt werden muss.

Das ist eine Antwort auf das Bedauern der Menschen, die den unermesslichen Wert der Menschwerdung verstehen, diesen einzigartigen Augenblick der Menschheitsgeschichte aber nicht erleben konnten. Wer nach dem Tod Christi geboren wurde, konnte ihn ja nicht mehr persönlich kennenlernen.




Jesus selbst hat die Jünger auf ihre Bevorzugung hingewiesen: "Ihr aber seid selig, denn eure Augen sehen und eure Ohren hören" (Mt 13,16). Man hätte denken können, dass dieses Glück nur denen zuteil wurde, die zur Zeit Jesu in Palästina lebten. Statt dessen schließen diese Worte keineswegs aus, dass auch spätere Generationen dieses Glück haben können, denn es wird auch all jenen zuerkannt, die in der Vergangenheit auf den Messias gewartet haben und ihm nicht begegnen konnten: "Viele Propheten und Gerechte haben sich danach gesehnt zu sehen, was ihr seht, und haben es nicht gesehen, und zu hören, was ihr hört, und haben es nicht gehört" (Mt 13,17).

Selbstverständlich haben die nach Christus Geborenen nicht das den Aposteln gewährte Privileg, die sichtbare Gegenwart des Erlösers zu erleben; sie können nicht dieselbe Erfahrung machen, die ganz einzigartig und auf eine kurze Epoche der Geschichte beschränkt war, nämlich die Erfahrung der menschlichen Nähe des Sohnes Gottes.

Aber die Sinneswahrnehmung der Apostel enthielt durchaus auch eine spirituelle Erfahrung: Das Glück bestand nicht nur darin, Jesus zu sehen und ihn zu hören, sondern auch darin, in ihm den Gottessohn zu erahnen, der zum Glauben aufrief. Die Augen, die sahen, und die Ohren, die hörten, waren die der Gläubigen, die ihm gefolgt waren.

Diese höhere Seligkeit auf der Ebene des Glaubens wird all jenen angeboten, die in Christus den zu uns gekommenen Gottessohn erkennen. Sie wird angeboten durch die Offenbarung des Evangeliums, das uns die Wahrheit der Menschwerdung konkret lehrt, besonders aber durch die Eucharistie, in der das Geheimnis des menschgewordenen Wortes sich offenbart und immer neu aktualisiert wird.

Die Eucharistie erlaubt den Gläubigen, die Gegenwart Christi so zu erfahren, wie damals die Zeitgenossen Jesu dazu aufgefordert wurden. Sie gibt ihnen die Chance, mit den Augen des Glaubens den Leib und das Blut Jesu in einem sichtbaren Zeichen zu sehen.

Was die spirituelle Aufnahme dieser Gegenwart betrifft, so erhalten die Christen aller Zeiten das Privileg, das den Zeitgenossen Jesu gewährt wurde, durch die Eucharistie. Sie erleben das Glück der innigsten Verbindung mit dem menschgewordenen Sohn.


aus: Eucharistie - Sakrament des Neuen Lebens, hrsg. v.d. Theolog.-Histor. Kommission für das Hl. Jahr 2000; Verlag Schnell und Steiner Regensburg AD 1999; S. 18/19; (s. Quellen) 


(Hervorhebungen durch Fettdruck von FW)  
Foto: Saint Brigid of Kildare Church (Dublin, Ohio); Nheyob, wikimedia commons

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