Der Apostel Paulus nennt den Glauben ein "rationabile obsequium" einen "vernünftigen Gehorsam". Es gab in der frühen Neuzeit das Problem, dass es so schien, als ob die Vernunft, die aufgeklärte Vernunft, den Glauben unmöglich mache.
Heute ist die Situation ähnlich, nur umgekehrt: Der Scientismus, die Wissenschaftsgläubigkeit der Gegenwart, führt eigentümlicherweise dazu, dass der Vernunft nicht mehr getraut wird, d. h. so etwas wie Wahrheit soll es nicht geben; das letzte Wort soll der Relativismus sein: die Vernunft ist eigentlich ohnmächtig, die Wahrheit zu erkennen.
Jetzt sind es die Gläubigen, die paradoxerweise die Fähigkeit der Vernunft verteidigen. Wenn Sie heute jemanden finden, der mit Nachdruck die Wahrheitsfähigkeit der Vernunft behauptet, können Sie beinahe schon annehmen, dass es ein Katholik ist.
Da wo Gott geleugnet wird, bricht am Ende auch die Vernunft zusammen. Wer das am deutlichsten gesehen und ausgesprochen hat im 19. Jahrhundert war Friedrich Nietzsche. Friedrich Nietzsche schreibt einmal, "dass auch wir Aufklärer, wir freien Geister des 19. Jahrhunderts, noch unser Feuer nehmen aus dem Brand, den der Christenglaube entzündet hat - der auch der Glaube Platons war - dass Gott die Wahrheit, dass die Wahrheit göttlich ist".
Und dann sagt Nietzsche: Wenn dieser Glaube an die Göttlichkeit der Wahrheit schwindet, dann zerstört sich die Aufklärung selbst - denn die Aufklärung war angetreten mit dem Pathos der Wahrheit. Sie will die Menschen aufklären darüber, wie es in Wirklichkeit ist.
Nietzsche sagt: Und wenn es dann Gott nicht gibt, gibt es keine Wahrheit, sondern es gibt nur die individuellen Perspektiven jedes einzelnen Menschen ohne Wahrheitsanspruch - und das bedeutet die Selbstzerstörung der Aufklärung.
Dann gibt es auch keine Aufklärung mehr, sondern an die Stelle tritt dann ein Zeitalter neuer Mythen, eine Abdankung des Denkens, ein Zusammenbruch des Denkens - weil: entweder ist das Universum und ist der Mensch ein Wesen, hinter dem eine Absicht steht oder es ist alles ein Zufallsprodukt. Dann ist aber auch unser Denken ein Zufallsprodukt und hat mit Wahrheit garnichts zu tun.
Der Philosoph Robert Spaemann im Gespräch mit Radio Vatikan
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Das Dasein eines Schöpfers zu leugnen, ist größerer Unsinn als der finsterste Aberglaube.
Gottfried Keller
Apropos: Erst vor Kurzem fand ich zufällig diesen ironischen Comic-Strip zum Thema "Scientismus": http://www.walkingchristian.com/2012/10/16/the-despair-of-scientism/
AntwortenLöschenDie reine Wissenschaftsgläubigkeit zu verbreiten und damit den Gottesglauben auszulöschen war und ist übrigens eines der erklärten Ziele des Kommunismus, bzw. der ihm zugrunde liegenden falschen Philosophie des dialektischen und historischen Materialismus (Diamat).
AntwortenLöschenSie sind weit damit gekommen, aber sie waren und sind auch sehr eifrig in ihrem "Missionsdrang".