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Montag, 20. August 2012

Bernhard von Clairvaux: Selbsterkenntnis

Zum heutigen Namenstag:

Bernhard von Clairvaux:
Gottes Anruf
Wie Gott zum Gewissen spricht
Darin ermahne ich euch: Hört die innere Stimme; seid bestrebt, mehr von innen heraus die Stimme Gottes als von außen die Stimme eines Menschen zu vernehmen. (...)  Es braucht sich in der Tat keiner zu bemühen, dass er diese Stimme zu hören bekommt. Es kostet eher Mühe, die Ohren zu verstopfen, um nicht zu hören

Es ist nicht nur eine Stimme voll Macht, sondern auch ein Lichtstrahl, der den Menschen die Sünden vorhält und die dunklen Winkel erhellt (1Kor 4,5). Es besteht aber nicht der geringste Unterschied zwischen dieser inneren Stimme und dem Lichtstrahl, denn ein und derselbe ist der Sohn Gottes, das Wort des Vaters, der Abglanz der Herrlichkeit.

Denn was anders wird duch jenen Lichtstrahl oder jenes Wort bewirkt als Selbsterkenntnis? Da wird das Buch des Gewissens aufgeschlagen, in der unglücklichen Reihe der Erlebnisse zurückgeblättert, manch traurige Geschichte wieder aufgerollt, der Geist wird licht und vor seinen Augen liegt die Erinnerung offen da.

Höre nur auf dein Inneres, richte die Augen deines Geistes darauf und du wirst selbst erleben, wie es geht, und dadurch lernen. "Denn niemand weiß, was im Menschen ist, als der Geist des Menschen, der in ihm selber ist" (1Kor 2,11).

Wenn Hoffart, wenn Geiz, wenn Neid, wenn Ehrsucht oder ein ähnlicher Schandfleck darin verborgen liegt, kann er dem prüfenden Auge kaum entrinnen. Wenn Unzucht, wenn Raub, wenn Grausamkeit, wenn irgendwie Betrug oder irgendeine Schuld eingelassen wurde, vor diesem inneren Richter wird der Schuldige sich nicht verbergen noch vor ihm leugnen können; denn jener sündhafte Freudenkitzel ging rasch vorüber und die ganze lockende Lust fand ein schnelles Ende.

Aber dafür drückte sie deiner Erinnerung ein bitteres Siegel auf, ließ hässliche Spuren zurück. In diesem Sammelbecken ist aller Schmutz und aller Unrat wie im Kielraum zusammengeflossen. Ein umfangreiches Buch ist das Gewissen, in das alles eingeschrieben ist, und zwar mit dem Griffel der Wahrheit.

Aus: Bernhard von Clairvaux., Die Botschaft der Freude, Benziger Verlag Einsiedeln AD 1953; S. 43-45, gekürzt)

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