Freitag, 20. Juli 2012

Aufgabe der Hierarchie - Aufgabe der Laien

Kürzlich hat Helmut Krätzl, em. Weihbischof in Wien, in einem Vortrag vor katholischen Laien behauptet,  das Konzil habe das "gemeinsame Priestertum" nach apostolisch-altkirchlicher Tradition "wiederentdeckt". Er versteht diesen Begriff wohlgemerkt anders als ihn die Tradition der Kirche unter dem "allgemeinen Priestertum" versteht:

Er meint dadurch Bestätigung gefunden zu haben in der Ansicht, dass alle getauften und gefirmten Menschen "Priester" seien. Eine Abgrenzung zwischen Hierarchie und Laientum sei deshalb in der Kirche nicht (mehr) angebracht. So folgert er: "Nach dem Konzil dürfte man in diesem Sinn nicht mehr von Laien reden, da alle durch Taufe und Firmung zu „Priestern“ geweiht sind."

Tatsächlich steht aber die hierarchische Verfasstheit der Kirche und die Unterscheidung von Laie und sakramental geweihtem Priester nicht zur Disposition. In der dogmatischen Konstitution Lumen gentium heißt es entsprechend: "Das gemeinsame Priestertum der Gläubigen aber und das Priestertum des Dienstes, das heißt das hierarchische Priestertum, unterscheiden sich (...) dem Wesen und nicht bloß dem Grade nach. (Freilich sind sie einander zugeordnet in der je besonderen Weise, am Priestertum Christi teilzunehmen) (LG 10)

In zahlreichen kirchlichen (vor allem  nachkonziliaren und Konzils-) Dokumenten wird diese unterschiedliche, je eigene Art der beiden Stände (Kleriker und Laien) immer wieder deutlich erklärt. So z.B. auch hier: 

Wenn es die Aufgabe der Hierarchie ist, die für diesen Bereich geltenden sittlichen Grundsätze zu lehren und verbindlich zu interpretieren, dann ist es die Aufgabe der Laien, in freier Initiative und ohne erst träge Weisungen und Direktiven von anderer Seite abzuwarten, das Denken und die Sitten, die Gesetze und die Lebensordnungen ihrer Gemeinschaft mit christlichem Geist zu durchdringen.
(vgl. II. Vat., AA 7)

Papst Paul VI. in der Enzyklika Populorum progressio 81 (1967)

Vier Jahre später zitierte der gleiche Pontifex diese Worte in dem Apostolischen Brief Octogesima adveniens (1971):
Deswegen wollen Wir mit erneutem Nachdruck alle Glieder der christlichen Familie zum Handeln bewegen, indem Wir Uns auf dieselben Worte berufen, mit denen Wir in der Enzyklika über den zu fördernden Fortschritt der Völker alle Gemeinschaften zur Inangriffnahme des Werkes ermahnt haben: die Laien müssen es als ihre Aufgabe ansehen, die Ordnung der irdischen Dinge zum Besseren zu wenden. Wenn es der ehrwürdigen Hierarchie zukommt, jene Gesetze und sittlichen Gebote zu lehren und autoritativ zu erläutern, denen auf diesem Gebiet Folge zu leisten ist, dann ist es Aufgabe der Laien, durch ihre freien Entschlüsse und Unternehmungen darauf hinzuwirken - ohne Anweisungen oder Vorschriften von anderswoher erst abzuwarten -, nicht nur das sittliche und geistige Verhalten der Menschen, sondern auch die Gesetze und Strukturen der bürgerlichen Gemeinschaft mit christlichem Geist zu durchdringen (1).

(1) Enzyklika Populorum progressio 81: A. A. S. 59 (1967), S.296-297.

Weiteres zum Thema:

Die Laien (Prof. Georg May)





(Hervorhebungen in Fettdruck von Admin)

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