Mittwoch, 18. Juli 2012

Die Laien


 I.  Die Aufgabe

Die Kirche hat die Aufgabe, "allen Menschen den Heilsweg zu verkünden" (GE 3). An ihr haben sämtliche Glieder der Kirche Anteil.

Die Sendung der Kirche ergreift also auch die nichtgeweihten Glieder des Gottesvolkes. Alle Christen tragen Verantwortung für die Kirche. Sie wird grundlegend wahrgenommen durch den täglichen Einsatz für Gottes Ehre und das Heil der Menschen.

Den Laien ist das Zeugnis des Glaubens aufgetragen. Sie sollen ihren Glauben in der Welt leben und bekennen. Sie sollen "für Christus Zeugnis geben und allen, die es fordern, Rechenschaft ablegen von der Hoffnung auf das ewige Leben, die in ihnen ist" (LG 10).

Die Laien sollen mit den Priestern und Bischöfen am Aufbau des Volkes Gottes mitarbeiten. Sie sollen die Kirche in der Gesellschaft und in der Welt der Arbeit präsent machen und die irdischen Wirklichkeiten aus dem Glauben gestalten. Die Laien sind aufgerufen, am Evangelisierungswerk der Kirche mitzuwirken (AG 41).


II.  Die Wirklichkeit

1. Bewährung

Wer die vergangenen 40 Jahre überdenkt, kommt um das Urteil nicht herum, daß es in dieser Zeit zahlreiche Laien gegeben hat, die sich dem Abbau und der Auflösung in unserer Kirche entgegengestemmt haben. Ja, man muß es aussprechen: Am besten haben sich in dieser Wirrnis die gläubigen Laien gehalten, häufig besser als der Klerus.

Es sind jene Gläubigen, die heute wegen ihrer Treue zur Kirche beschimpft werden. Es ist soweit gekommen: Wer am unversehrten katholischen Glauben festhält, wird als Traditionalist oder Fundamentalist verunglimpft. Fundamentalismus ist ein Totschlagwort; es ist zu dem Zweck erfunden, unangenehme Wahrheiten der Glaubens- und Sittenlehre und deren Bekenner bzw. Verkündiger unschädlich zu machen.

Es darum an dieser Stelle gesagt: Das unbedingte Festhalten an der Wahrheit ist kein verwerflicher Fundamentalismus sondern Treue zu unserem Herrn und Heiland Jesus Christus.

Jawohl, wir hängen an der Tradition, weil wir beim Apostel Paulus gelesen haben: " Ich mache euch, Brüder, aufmerksam auf die Heilsbotschaft, die ich euch verkündet habe. Sonst hättet ihr ja vergebens geglaubt" (1 Kor 15,1-2). Tradition heißt für uns nicht Asche verwahren, sondern eine Flamme am Brennen erhalten.


2. Zerstörung

Die Schar gläubiger Laien, auf die Verlaß ist, hat sich freilich in den letzten Jahrzehnten stark vermindert, und zwar in der Hauptsach durch die Schuld der Theologen und des Klerus. Es steht außer jedem Zweifel, daß beispielsweise der Umgang mit der Heiligen Schrift, wie er seit über 30 Jahren in unserer Kirche üblich geworden ist, den Glauben zahlreicher katholischer Christen zerstört hat.

Um nur ein Beispiel dieses Verlustes anzuführen: Der Initiator des Kirchenvolksbegehrens in Österreich, Plankensteiner, hält die Auffassung der Protestanten von der Kirche für "evangeliumsgemäßer" als die katholische Lehre. (1) Das ist die Sprache des Abfalls.

Das Glaubenswissen der meisten Christen ist erschreckend gering. "Der Katholik weiß nicht mehr, was katholisch ist" (2).  Den meisten Christen fehlt auch das gottgeschenkte Selbstbewußtsein, einen Schatz zu besitzen, der über jeden irdischen Besitz geht und darum wert ist, allen anderen vermittelt zu werden.

Die Attacken gegen das Kreuz in Schulzimmern offenbaren etwas von der inneren Schwäche des deutschen Katholizismus. Es gibt einzelne Laien, welche die Kirche mit dem Heiligen Vater in der Öffentlichkeit verteidigen. Viele, allzu viele Laien aber scheuen sich, ihre katholische Überzeugung vernehmlich zu bekunden. Das Verlangen nach Bequemlichkeit und Ruhe ist stärker als die Erinnerung an ihre Sendung.

Die geistige Auszehrung ist am meisten fortgeschritten bei der Jugend. Es ist nicht übertrieben, festzustellen: Das Gros der Jugend ist für Glauben und Kirche verloren, und zwar durch eigene Schuld der irrlichternden Prediger und Religionslehrer.


3. Die hauptberuflichen Laien

Seit dem Konzil (GS 62) hat sich in den deutschsprachigen Ländern ein neuer Stand von theologisch ausgebildeten kirchlichen Laienfunktionären gebildet. Ich meine die Pastoral- und Gemeindereferenten. Ich denke nicht daran, über diese viele tausende Personen den Stab zu brechen. Ich billige allen guten Willen zu. Darunter sind manche, die echt aufbauend arbeiten.

Doch das darf nicht darüber hinwegtäuschen: Es gibt zahlreiche hauptamtliche kirchliche Bedienstete aus dem Laienstand, die nicht mehr voll im Glauben stehen*. Die modernistischen Theologen haben ihnen den Glauben zerstört. Die an der Lehre teilhabenden Laien wie Pastoral- und Gemeindereferenten sind mindestens so hilflos den verwirrten Aufstellungen vieler theologischer Lehrer ausgeliefert wie die Priester.

Wie kann die Sendung der Kirche von ihnen erfüllt werden? Welchen Glauben verkündigen sie? An den Einsatz hauptamtlicher Laien im Dienst der Kirche hatte man die Erwartung geknüpft, sie würden die Botschaft des Evangeliums zu den entchristlichten Massen tragen. Diese Erwartung wurde bitter enttäuscht.

Wer unsicher im Glauben ist, vermag weder apostolisch zu wirken, noch Mission zu betreiben. Die meisten hauptamtlichen Laien gehen nicht zu den abständigen und abgefallenen Christen, um sie  zur Herde Christi zurückzuholen. Sie beschäftigen sich lediglich mit den Gutwilligen, die aus eigenem Antrieb die Kirche aufsuchen. Allzu viele verfassen Papiere, um die Existenz ihres Schreibtisches zu rechtfertigen.


(1) Kirche heute Nr. 11 /November 1987 S. 5.
(2) Löwenstein, Endlich Ruhe am Stammtisch 44.

* Anm.: s. z. B.: Kiliansnotizen: Schizophrenien. 

Prof. Georg May: Die Sendung der Kirche; Editiones Una Voce Deutschland e.V., AD 1999; S. 37- 40




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