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Mittwoch, 20. Juni 2012

Wiederverheiratete Geschiedene und Zulassung zum Kommunionempfang

Am Ende seines Aufsatzes "Eucharistie und Ehesakrament"; veröffentlicht in dem Sammelband "Der Glaube als Lebensinspiration", bespricht Leo Kardinal Scheffczyk einige Einwände gegen seine Ausführungen über die Unmöglichkeit der Zulassung von sogenannten "wiederverheirateten Geschiedenen" zum Kommunionempfang.

Prof. Dr. Manfred Hauke fasst den Schluss des Aufsatzes zusammen:

"So wird etwa gesagt, daß in bestimmten Fällen ein wiederverheirateter Geschiedener seine Sünde bereue und den guten Vorsatz habe, allen angerichteten Schaden wiedergutzumachen.

Dazu meint Scheffczyk, das eigentliche Problem liege gar "nicht in dem moralischen Verhältnis des Wiederverheirateten zu seiner ersten Ehe, deren Zerrüttung ja sogar völlig schuldlos zustande gekommen sein kann, so daß gar keine Reue gefordert ist.

Die Sünde, die das eigentliche Problem bildet", besteht in der Wiederverheiratung und dem Vorspiegeln einer zweiten Ehe, die vor Gott gar keine Ehe sein kann, wenn die erste Ehe noch fortbesteht. Ein Kommunionempfang trotz schwerer Sünde wäre ein innerer Widerspruch.

Möglich ist freilich bei wiederverheirateten Geschiedenen ein Zusammenleben ohne geschlechtliche Gemeinschaft, wenn die erste Beziehung nicht wieder aufgenommen werden kann.

Ein weiterer beliebter Einwand macht die "persönliche Gewissensentscheidung" geltend, worin ein jeder über den Kommunionempfang entscheiden könne.

Diese Argumentation ist unsinnig, weil das Gewissen für einen Christen ein praktisches Urteilen im Horizont des Glaubens bedeutet. Das Gewissen ist kein Organ für die Beurteilung  von Glaubenswahrheiten.

"Die Stellungnahme der Glaubenswahrheit gegenüber erfogt ... im Glauben oder im Unglauben, nicht im Gewissen. Das Gewissen kann die Glaubenseinsicht nur auf der Ebene menschlicher Sittlichkeit konkretisieren und befestigen". Andernfalls würden in der Kirche einander nicht verschiedene "Gewissensentscheidungen" gegenüberstehen, "sondern zwei verschiedene Wert- und Glaubensordnungen. Es stehen sich im Grunde Glaube und Unglaube (oder Glaubensmangel) gegenüber". (Ebd., 390.)

Ein dritter Einwand beruft sich auf die göttliche Barmherzigkeit. Dahinter steckt ein verharmlostes Gottesbild, das "die geheimnishafte Größe Gottes auf das Mitleid beschränkt. Demgegenüber ist festzuhalten, daß zum Geheimnis Gottes auch seine fordernde Heiligkeit und Gerechtigkeit gehört".

"Dieser dogmatische Befund", meint Scheffczyk, "scheint vor allem gegenüber den betroffenen Christen hart und pastoral wenig situationsgemäß zu sein. Aber andererseits ist auch zu erkennen, daß das pastorale Bemühen um diese Gläubigen dadurch nicht verunmöglicht oder gar unnütz wird. Im Gegenteil: Die pastorale Aufgabe wird hier erst in ihrer ganzen Dringlichkeit und Weite offenbar.

Das gleiche kann man von engagiert vorgetragenen pastoralen Erwägungen nicht sagen, die für die betreffenden Gläubigen die Zulassung zu den Sakramenten fordern. Dann wären diese ja den anderen Gläubigen in allem gleichgestellt und nicht mehr Adressaten einer besonderen pastoralen Sorge.

Man kann daran sehen, wie sehr die pragmatischen Lösungen in die Gefahr des Selbstwiderspruches geraten". (Ebd., 392.)


aus: Manfred Hauke, "Ganz und gar katholisch" - Ein erster Einblick in das theologische Werk von Leo Cardinal Scheffczyk, AD 2003; S. 101/102  (s. Quellen)


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2 Kommentare:

  1. Ja, die Crux an der ganzen Gewissensentscheidungskiste ist, daß sowohl die Priester, die ein indifferentes Verhalten bei wiederverheirateten Geschiedenen fordern, als auch die Laien, die dem folgen, von einem in der Lehre der Kirche ungeformten Gewissen ausgehen.

    Wäre denn das Gewissen, wie es die Lehre der Kirche für Gewissensprüfungen eigentlich vorsieht, an der Lehre der Kirche geschult, dann käme man überhaupt nicht zu der gewünschten Gewissensentscheidung.

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    1. Stimmt, das ist ein Riesenproblem.
      "Gewünschte" Gewissensentscheidung...interessanter Begriff...

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