SEITEN

Samstag, 5. Mai 2012

Amüsante Sünden?

Von P. Bernward Deneke FSSP

Einige Male bereits habe ich die Beobachtung gemacht: Wenn ich bei einer Hochzeits- oder Totenmesse auf die Bedingungen zum Empfang der Heiligen Kommunion hinweise, erhebt sich unter eher kirchenfernen Teilnehmern jeweils an einer bestimmten Stelle eine gewisse Unruhe. Es ist nicht ein Ausdruck von Protest, nicht einmal von verhaltenem Ärger. Vielmehr handelt es sich um Zeichen der Belustigung: Man lächelt vor sich hin, kichert sogar, wirft einander vielsagende Blicke zu, tuschelt miteinander.

Die Unruhe entsteht noch nicht bei der Bemerkung, daß nur ein getaufter, katholischer Christ den Leib des Herrn empfangen darf. Auch nicht bei der Auskunft über das erforderte Mindestmaß an eucharistischer Nüchternheit. Sie stellt sich erst dann ein, wenn ich sage: „Wer kommunizieren will, muß darüber hinaus sein Gewissen vor Gott prüfen. Ist es von einer schweren Sünde belastet, dann ist vor der heiligen Kommunion die sakramentale Beichte nötig. Wer das Sakrament der Buße schon seit längerer Zeit nicht empfangen hat, sollte von der heiligen Kommunion Abstand nehmen.“

Man mag sich fragen, was denn an solchen christlichen Selbstverständlichkeiten belustigend sei. Sind die betreffenden Personen der kirchlichen Sprache etwa schon derart entwöhnt, daß bereits die Vokabeln „schwere Sünde“ und „sakramentale Beichte“ den Lachnerv kitzeln? Und wirkt sich darin die häufige Verulkung religiösen Ernstes in der medialen Öffentlichkeit aus, das frivole Spiel, das da oft gerade mit dem Wort „Sünde“ betrieben wird? Gewiß ist es so. Es trägt aber doch auch das innerkirchlich vorherrschende Schweigen zur Frage des würdigen Kommunionempfangs ein gerütteltes Maß an Mitschuld.

Denken wir uns eine Familie mit Kindern im jugendlichen Alter. Die Eltern hatten es früher für nötig erachtet, einige Regeln für das Zusammenleben im Haus einzuschärfen. Dann aber waren solche Appelle immer seltener geworden, am Ende ganz unterblieben. Zwischenzeitlich haben sich die Sprößlinge natürlich daran gewöhnt, das Familiengesetz zu übertreten. Vater und Mutter schauten ihnen dabei zu und machten keine Anstalten, sie zurechtzuweisen.

Eines schönen Tages aber kommen die Eltern dann doch auf die lästigen Regeln zurück, die ohnehin nicht mehr ernstgenommen werden: „Liebe Kinder, wißt ihr denn nicht, daß ihr dieses und jenes eigentlich gar nicht tun dürft?“ Wie werden die Jugendlichen, inzwischen längst der Familienordnung entwachsen, wohl darauf reagieren? Jedenfalls kann man es ihnen nicht verübeln, wenn sie sich eher amüsiert als verärgert zeigen: „Was, jetzt kommt ihr plötzlich wieder mit diesen Ladenhütern…?“

Zum Ladenhüter scheint in Teilen der katholischen Welt auch die Ermahnung zum würdigen Kommunionempfang geworden zu sein. Jahrzehntelang konnte man in vielen Kirchen nichts oder nur sehr Undeutliches darüber vernehmen. Selbst die Lesung aus dem 1. Korintherbrief des heiligen Paulus, die am Gründonnerstag und am Fronleichnamstag vorgetragen wird, mußte sich in der Leseordnung des Missale Papst Pauls VI. eine Kürzung um die wichtigen Sätze gefallenlassen:

„Wer daher unwürdig dieses Brot ißt oder den Kelch des Herrn trinkt, der wird schuldig am Leib und am Blut des Herrn. Es prüfe sich daher der Mensch, und so esse er dann von dem Brot und trinke aus dem Kelch. Denn wer nur ißt und trinkt, der ißt und trinkt sich ein Gericht, da er den Leib des Herrn nicht unterscheidet.“ (1 Kor 11,27-29)

Dabei wäre gerade diese Ermahnung so wichtig. Müssen denn nicht alle, die sich vom Geheimnis der eucharistischen Gegenwart Jesu, von dieser sich uns schenkenden, ja ausliefernden Liebe ergreifen lassen, zugleich auch den heiligen Eifer verspüren, die größte aller Gaben vor Entweihung zu schützen? Die sakrilegische Kommunion ist aber die Entweihung schlechthin! So hat es die Christenheit von ihren Anfängen an gesehen. So rufen es die ostkirchlichen Liturgien den Gläubigen unmittelbar vor der Kommunion ins Gedächtnis: „Das Heilige den Heiligen!“ Und so lehrt es die Kirche bis heute in ihrem Katechismus.

Nein, weder Sünde und Beichte noch die Voraussetzungen zur heiligen Kommunion sind amüsante Angelegenheiten. Mehr heiliger Ernst in diesem Bereich könnte der Kirche und ihrem Glauben auch wieder mehr Achtung verschaffen. Und ist das nicht ein Gebot der Stunde?


Hinweise:
- mit freundlicher Genehmigung des Verfassers
- der Beitrag erschien bereits im Schweizerischen Katholischen Sonntagsblatt (SKS) 



Zum Thema:

In diesem Fall haben die Gottesdienstbesucher die Mahnungen des Pfarrers ernstgenommen:
Messe in Innsbrucker Pfarre: Kein Erwachsener geht zur Kommunion
Allerdings man fragt sich, wieso der Pfarrer für seine Hinweise für einen würdigen Kommunionempfang gerügt wird...

6 Kommentare:

  1. Man kann die hl. Kommunion nicht unwürdig empfangen, wenn es keine "Sünden" mehr gibt, sondern allenfalls "soziales Fehlverhalten", bei dem metaphysische Implikationen von vornherein außen vor gelassen werden.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Erstens das, und außerdem spielt es auch eine Rolle, ob ich wirklich an die Realpräsenz Gottes in dem "Stückchen Brot" glaube.
      Ist es Gott? Oder nicht? Und wie verhalte ich mich dementsprechend?

      Löschen
  2. Hier irrt P.Deneke leider: die Leute sind nicht sitzengeblieben weil sie irgendetwas verstanden oder eingesehen hätten,sondern als Protest und, wie man in Österreich sagt,"Bstemm"...d.h.Bockigkeit,Trotz.

    Mary

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Sorry, die Feststellung, dass in dem Fall der Erstkommunionfeier in Amras die Gottesdienstbesucher die Mahnungen des Pfarrers ernstgenommen hätten und deswegen nicht zur Kommunion gegangen seien, stammt nicht von P. Deneke, sondern von mir.

      Ich gebe zu, dass diese Einschätzung einem gewissen Wunschdenken entsprungen ist und vielleicht auch nicht ganz ernst gemeint war. Aber ich will den Leuten auch nicht einfach unterstellen, dass sie eben aus dieser Haltung, die Du mit "Bstemm" beschreibst, die Kommunion nicht empfangen wollten.

      Es wäre sehr traurig, wenn es so ist, wie Du schreibst - aber leider ist es wohl so.

      Löschen
  3. Wo es nur noch eine Allerlösung für alle zu geben scheint, ist es völlig wurscht, wie und ob man überhaupt zur heiligen Kommunion geht ... Wenn alle automatisch nach ihrem Tod in den Himmel kommen, braucht es natürlich auch keine Kirche. Also, warum sollte man sich vor dem Kommunionempfang noch prüfen? Ein Hauptproblem in der ganzen Sache scheint mir die Leugnung der Hölle zu sein.

    AntwortenLöschen
  4. @Leo
    Ja, das ist sicher einer der Knackpunkte...

    AntwortenLöschen