SEITEN

Dienstag, 24. April 2012

Gedanken zum "Dialogprozess": II. Der Klärungsbedarf

Von Georg May

1. Die Forderung

Gespräche soll man ansetzen, wenn Klärungsbedarf besteht, dem dadurch Genüge geleistet werden soll. In der Wissenschaft besteht die immerwährende Notwendigkeit, die Erkenntnis voranzutreiben und zu vertiefen.

Darum treten erstklassige Fachleute zusammen, damit sie ihr Wissen in die Gesprächsrunde einbringen und dadurch die Einsicht in die Sache gefördert wird. Wer je an wissenschaftlichen Symposien teilgenommen hat, weiß, wie schwer es ist, ohne gründliche Vorbereitung etwas Gediegenes zum Verständnis eines Gegenstandes beizutragen.


2. Die Nichterfüllung

Angesichts dieses Anspruchs erübrigt sich der Dialog in der Kirche der Gegenwart. Es gibt keine Unklarheiten, die durch einen Dialog auf breiter Ebene geklärt werden müßten.

Die Glaubens- und die Sittenlehre ist durch die Vorlage des höchsten Lehramtes lichtvoll und überzeugend dargestellt worden. Aber den Systemveränderern ist es gar nicht um Klärung unklarer Sachverhalte zu tun. Es geht ihnen nicht darum, irgendwelche Unsicherheiten oder Zweifel zu beseitigen.

Sie bezwecken vielmehr, das, was uns gut bekannt ist, zu beseitigen. Die Systemveränderer treten mit der Absicht in den sogenannten Dialog ein, ihre Meinung so lange vorzutragen, bis jede abweichende Ansicht zum Schweigen gebracht ist. (Anm.: z. B. hier: bitte klicken!)

Der Dialog wird dann als gelungen bezeichnet, wenn die unkatholischen Aufstellungen mit überwältigender Mehrheit angenommen werden. Um deutlich zu reden: Wer heute über den Zölibat sprechen will, der will ihn abschaffen. Wer über das Frauenpriestertum reden will, der will es einführen.

Die immer erneute Eröffnung von Sprechforen dient lediglich zur Ermunterung jener Kreise, die durch Reden die Systemveränderung der Kirche durchsetzen wollen. Die Bischöfe mögen daher bedenken, was sie tun, wenn sie so unbedacht und leichtfertig Sprechforen einrichten. (Anm.: z.B. hier, hier oder hier)

Wer in den Dialog mit den Systemveränderern eintritt, der liefert sich ihnen aus. Dialogisieren mit ihnen heißt kapitulieren. Es gibt Fragen, in denen schon die Diskussion über sie schädlich ist, weil sie Unsicherheit verbreitet und weitergehende Forderungen hervorruft.

Man tue auch nicht so, als ob nur der Glaube der Kirche nicht zur Disposition von Begehrern und Dialoganten stehe. Es gibt ebenso im Bereich der Disziplin Positionen, die nicht aufgegeben werden können, ohne schwere Gefahren für die Kirche heraufzubeschwören.


Prof. Georg May, Die Sendung der Kirche; Editiones Una Voce; AD 1999


Weiteres zum Thema:

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen