Von P. Bernward Deneke FSSP, Wigratzbad
Kirche sei Gemeinschaft um den auferstandenen Herrn, die in der Eucharistie das „Ostergeheimnis“ (so das letzte Konzil) feiere. Daher müsse christliche Gläubigkeit vor allem von der Freude an der Auferstehung geprägt sein.
Eine Passionsfrömmigkeit, die in gequältem Betrachten des leidenden und sterbenden Heilands bestehe, sei passé. Sie produziere zumeist jämmerliche Karfreitagsgestalten. Demgegenüber sei der echte Christ ein erlöster, aufrechter, eben: ein österlicher Mensch... So der Tenor gewisser theologischer und pastoraler Stellungnahmen unserer Tage.
Wie bei den meisten Schlagworten und Modeansichten ist auch hier Wahres mit Halbwahrheiten und direkt Falschem vermischt. So besteht gewiss kein Zweifel daran, dass die Kirche in Gemeinschaft mit Jesus Christus, dem Auferstandenen, steht, mehr noch: Seinen geheimnisvollen Leib bildet.
Doch bereits die Rede von der Feier des „Ostergeheimnisses“ bedarf zum richtigen Verständnis weiterer Erläuterungen. Denn es ist zumindest fragwürdig, den Ausdruck „mysterium paschale“, den das II. Vaticanum benutzt, in der deutschen Sprache einfach mit „Ostergeheimnis“ wiederzugeben.
Fällt nicht den meisten Gläubigen zu dem Wort „Ostern“ vorwiegend, ja ausschließlich die Auferstehung Jesu ein? Tatsächlich aber versteht die Kirche unter dem „Pascha des Herrn“ nicht nur das Geschehen des Ostermorgens, sondern Seinen ganzen Hinübergang aus dieser Welt zum Vater; jenen Weg „durch Leiden und Kreuz zur Herrlichkeit der Auferstehung“, den uns das Angelusgebet dreimal täglich in Erinnerung ruft.
In der frühen römischen Kirche dachte man bei „Pascha“ sogar in erster Linie an die (ähnlich klingende) „Passio“, weil man in Unkenntnis der hebräischen Sprache beide Worte für gleichbedeutend hielt. „Die Kirche feiert in der Eucharistie das Ostergeheimnis“ heißt demnach nichts anderes als das, was uns die guten alten Katechismen lehren: In der Heiligen Messe wird das Kreuzesopfer Jesu Christi unblutigerweise dargebracht – nur dass unser Blick dabei geweitet und zugleich mit dem „seligen Leiden auch die Auferstehung vom Tode und die glorreiche Himmelfahrt“ (wie der Römische Kanon nach der heiligen Wandlung betet) betrachtet wird.
Folglich ist auch die Behauptung, das christlich-österliche Leben müsse vor allem von der Freude an der Auferstehung geprägt sein, einseitig. Nehmen wir als exemplarisches Leben das des heiligen Paulus, dann stellen wir alsbald fest: So sehr für ihn die Begegnung mit dem auferstandenen Jesus das Schlüsselerlebnis war und sehnsuchtsvolle Hoffnung auf Vollendung die beherrschende Kraft, so wichtig war es ihm doch auch, nichts anderes zu wissen als Jesus, den Gekreuzigten (1 Kor 2,2), mit dem Paulus sich ans Kreuz geheftet wusste (Gal 2,19) und dessen Leiden er gleichsam ergänzen wollte in dem, was noch aussteht für die Kirche (Kol 1,24).
Gänzlich verfehlt ist schließlich die Meinung, eine intensive Passionsfrömmigkeit drücke den Menschen nieder, anstatt ihn aufzurichten, und bringe daher Jammergestalten hervor. Das Gegenteil ist der Fall. Wer mit lebendigem Glauben, vertrauensvoller Hoffnung und inniger Liebe oft auf den schaut, den wir durchbohrt haben (Joh 19,37), den wird der am Kreuz Erhöhte empor- und an sich ziehen (Joh 12,32).
Welche Kraft gerade von der Betrachtung des Leidens und Sterbens Jesu ausgeht, das erahnen wir angesichts so vieler Heiliger vom Altertum bis in die Gegenwart. Für sie bestand kein Widerspruch zwischen inniger Anteilnahme an der Passion und österlichem Jubel. Vielmehr wussten sie aus eigenem Erleben, dass dieser ohne jene gar nicht zu haben ist.
Daher werden wir uns bewährte Andachten wie den Kreuzweg, den Schmerzhaften Rosenkranz, die Betrachtung der letzten Worte des Herrn und die Verehrung der 5 Wunden nicht im Namen der Österlichkeit ausreden lassen. Dass es auch in der Kirche Gottes „Feinde des Kreuzes“ gibt, hatte schon der heilige Paulus zu beklagen (Phil 3,18). Gemeinsam mit ihm können wir allen Kritikern getrost den gekreuzigten Christus entgegenhalten: Mag er auch vielen Ärgernis und Torheit sein, so ist er uns doch Gottes Kraft und Weisheit (1 Kor 1,23-24)!
Hinweise:
- mit freundlicher Genehmigung des Verfassers
- der Beitrag erschien bereits im Schweizerischen Katholischen Sonntagsblatt (SKS)
DANKE!
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