Fortsetzung Teil 3
Das unwandelbare Wesen der Wahrheit
Die Erneuerung unseres Glaubens und unseres Glaubenswissens kann gewiß nicht bedeuten, daß man Glaubenslehren durch andere ersetzt, genausowenig wie man etwa die eheliche Liebe erneuern kann durch die Liebe zu einer dritten Person. Die einzige wahre Erneuerung unseres Glaubens und unseres religiösen Wissens kann nur geschehen durch ein immer tieferes Verständnis der unwandelbaren ewigen Wahrheit, wie sie uns von Gott geoffenbart und von der Kirche in ihrer amtlichen Lehre immer genauer und ausführlicher dargelegt wurde.
Das betrifft nicht allein die geoffenbarten Wahrheiten von dem ewigen Wesen Gottes: von seiner unendlichen Barmherzigkeit, Gerechtigkeit, Liebe, Weisheit und Heiligkeit, sondern auch alle geschichtlichen Wahrheiten der Offenbarung: Inkarnation, Passion, Kreuzigung, Auferstehung Christi: sie können sich niemals ändern. Ebensowenig die Wahrheit über die Wunder und die in ihnen sich offenbarenden Eigenschaften der Allmacht und Barmherzigkeit.
Die bloße Idee, daß sich irgendeine Wahrheit im Laufe der Geschichte ändern könne, daß es z. B. zu einer bestimmten Zeit wahr gewesen sei, daß Christus "Fleisch annahm durch den Heiligen Geist aus Maria, der Jungfrau", zu einer andern Zeit aber nicht, ist schlichtweg absurd.
Gewisse mittelalterliche Denker wiesen darauf hin, daß selbst Gottes Allmacht die Wahrheit über ein vergangenes Ereignis nicht ändern könne, da das in sich unmöglich und widersprüchlich sei. So sagt auch C.S. Lewis in seinem Buch "Das Problem des Leidens": "Unsinn bleibt Unsinn, auch wenn von Gott die Rede ist."
Die Unwandelbarkeit von Glauben und Glaubenswissen
Wenn wir einmal verstanden haben, daß die Wahrheit von ihrem Wesen her unveränderlich ist, begreifen wir auch, daß sich unser Glaube und unser Glaubenswissen nicht geschichtlich verändern kann, soweit die Wahrheit in Betracht kommt.
Der Glaube, mit dem der hl. Paulus bekannte: "Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes" ist der gleiche Glaube, mit dem wir diese Worte mit voller Zustimmung im Herzen wiederholen. Der Glaube, mit dem die Jünger glaubten, daß "Christus vom Tod erstanden ist, wie Er es vorausgesagt hat", ist nicht verschieden von unserem Glauben im 20. Jahrhundert* an die Auferstehung Christi oder von dem irgendwelcher Afrikaner, die seit den Tagen des hl. Augustinus bis heute daran geglaubt haben.
So bietet also die wesentliche Unwandelbarkeit des Glaubens selber die Grundlage und Garantie dafür, daß kein Akt des Glaubens und der Erkenntnis, mit dem wir die Wahrheit ergreifen, jemals der geschichtlichen Veränderung unterliegt.
Aber da man vom Glauben abfallen kann und sich Irrtümer mit dem wahren Glauben vermischen können, findet die Tatsache der geschichtlichen Unwandelbarkeit des Glaubens, in dem der Mensch die Wahrheit findet, ihren einzigartigen und glorreichen Ausdruck in der Unfehlbarkeit der Kirche, dann nämlich, wenn dieser Glaube in endgültigen dogmatischen Entscheidungen ausgesprochen wird.
Da die amtliche Lehre der Kirche durch ein wunderbares Geschenk des Hl. Geistes - gegen das man in unseren Tagen nicht selten schwer sündigt - als irrtumsfrei garantiert wird, so folgt aus dieser von jedem rechtgläubigen Katholiken anerkannten Tatsache, daß ebenso, wie die Glaubenslehre der Kirche keiner geschichtlichen Veränderung unterworfen ist, Erneuerung niemals dadurch zustande kommen kann, daß man ein Dogma gegen ein neues austauscht.
* Anm.: und auch nicht verschieden von dem im 21. Jahrhundert
Fortsetzung folgt hier
Prof. Josef Seifert:
Die Grundlage jeder Erneuerung: Der Glaube
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"...ein Dogma gegen ein neues austauscht." Und er könnte fortfahren: "Abgesehen davon, meine Herren Kirchenerneuerer, ist es nicht möglich, ein Dogma zu ändern oder gar auszutauschen."
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