Montag, 20. Februar 2012

Wie Maria bei der Verkündigung dem Ruf Gottes antworten

Predigt von S.Ex. Juan Ignacio Arrieta, Sekretär des Päpstlichen Rates für die Interpretation von Gesetzestexten, anlässlich der Spendung der Subdiakonats- und Niederen Weihen für die Petrusbruderschaft (FSSP) in Wigratzbad am Samstag, den 11. Februar 2012

Hochwürdiger Pater Regens, liebe Weihekandidaten, liebe Gläubige,

mit wahrer Freude habe ich die Einladung angenommen, heute hier bei Ihnen zu sein, um einer beträchtlichen Anzahl von Seminaristen die Niederen Weihen und den Subdiakonat zu spenden. Die Tatsache, mich selber etwas mit der außerordentlichen Form vertraut gemacht zu haben, war auch mir persönlich als Priester von Nutzen. An erster Stelle möchte ich all denen meine Glückwünsche aussprechen, die in Kürze die verschiedenen Weihestufen empfangen werden; ich grüße auch herzlich alle Eure hier anwesenden Familien und Freunde.

 Das Fest Unserer Lieben Frau von Lourdes, das wir an dem Tag der ersten Erscheinung in der Grotte von Massabielle im Jahr 1858 begehen, gibt uns Gelegenheit, die Perikope aus dem Evangelium nach Lukas zu hören, die über die von der Menschheit ersehnte Botschaft des Engels Gabriel berichtet.
„Im sechsten Monat wurde der Engel Gabriel von Gott in eine Stadt Galiläas namens Nazareth zu einer Jungfrau gesandt. Sie war verlobt mit einem Manne namens Joseph aus dem Hause David; und der Name der Jungfrau war Maria.“ (Lk 1,26-27)

Diese Begebenheit erfüllt uns mit Freude und sie ist uns wohlvertraut, da doch die Christen im Gebet des Engel des Herrn täglich dessen gedenken. Es ist der Moment des Eindringens Gottes in die Geschichte durch die Großherzigkeit einer Frau, die der Allmächtige sich auserwählt hatte, indem er sie von der Erbschuld bewahrte. Sie war voll der Gnade und blieb doch ganz frei, Gottes Willen anzunehmen. Von ihrer Freiheit hing der gesamte Heilsplan der göttlichen Liebe ab: die Menschwerdung des Wortes und dessen Tod am Kreuz setzten den freien Willen eines ganz einzigartigen Geschöpfs voraus.

Jedes Wort des Dialogs zwischen der Mutter Gottes und dem Erzengel ist von tiefer Bedeutung und jedem von uns ist es aufgetragen, diese in unserem persönlichen Gebetsleben zu durchdringen. Die vom Erzengel gewählte Ausdrucksweise bei der Übermittlung der Botschaft lassen die Kraft und die souveräne Macht dessen durchscheinen, der alles geschaffen hat und fähig ist, alles neu zu schaffen: Er greift in den Lauf der Geschichte ein, indem er sich eines passenden Werkzeugs bedient, das von einer Demut erfüllt ist, die der göttlichen Gnade zu wirken erlaubt.

Seitens der Jungfrau Maria finden wir in ihrem Fiat viele Aspekte, die wir bewundern und als Beispiel nehmen können. Ihre Worte offenbaren eine für ihr Alter untypische Reife; die heitere und abgeklärte Vertrautheit mit der geistlichen Welt können nur durch beharrliches Gebet und tiefem Umgang mit Gott erklärt werden. Auf diesem Hintergrund wird klar, wie Maria mit sofortiger Bereitschaft und Gefügigkeit antworten konnte, aber auch die Fähigkeit, das Herz der Botschaft zu erfassen, so dass sie sich bei ihrer Antwort deren großen und schmerzhaften Folgen bewusst war.
Für die Menschen war Maria nur die Verlobte von Joseph; aber für Gott war Maria voll der Gnade, wie der Erzengel Gabriel sie selber grüßte.

Liebe Weihekandidaten, die ihr in wenigen Augenblicken die verschiedenen Stufen der Niederen Weihen (und des Subdiakonats) empfangen werdet: diese Begebenheit aus dem Evangelium, die ihr nachher hören werdet, ist ein strahlendes Vorbild, dem wir unser Leben beständig gleichgestalten sollen. Besonders für euch ist in diesem Augenblick die Gelegenheit gekommen, Gott für all das zu danken, was er in euch gewirkt hat, seit ihr begonnen habt, seiner Stimme zu folgen, und auch um Eure Antwort in diesem einzigartigen Spiel Gottes mit dem Geschöpf zu erneuern, das der Ruf ist, ihm zu dienen, um zu Werkzeugen seiner göttlichen Gnade zu werden. Dies ist das letzte Ziel eurer Anwesenheit in diesem Seminar, dies ist der Grund, weshalb ich euch heute die verschiedenen Weihestufen erteile.

Es handelt sich hierbei noch nicht um das Weihesakrament. Die Stufen, die ihr heute empfangt, beruhen auf dem allgemeinen Priestertum, das ihr vor Jahren in der Taufe empfangen habt.  Dieses und das Weihepriestertum haben denselben Ursprung in der Anteilnahme am Priestertum Christi, wenn sie auch wesentlich voneinander verschieden sind. Die niederen Weihestufen übertragen Aufgaben, die auf die Ausübung des Weihesakramentes im Dienst des Wortes und in endgültiger Weise im eucharistischen Opfer ausgerichtet sind. Sie sind sozusagen Zwischenziele, durch die die Kirche euch Teilaspekte des Priestertums anvertraut, damit ihr mit diesen Aufgaben vertraut werdet und dann noch fruchtbringender die Befugnisse ausführt, die dem Weihesakrament im Eigentlichen zukommen. 

Die Stufe des Ostiariers vertraut euch die Aufgabe an, die heiligen Orte zu schützen, an denen der eucharistische Herr gegenwärtig ist, indem ihr von all denen, die eine Kirche betreten, ehrfürchtiges Benehmen fordert. Durch das Lektorat werdet ihr öffentlich im Namen der Kirche die Lobgesänge der himmlischen Liturgie verkünden; den Exorzisten wird die Vollmacht übergeben, die Katechumenen von den Fesseln des Bösen zu befreien; die Akolythen haben den Auftrag, das vorzubereiten, was nötig ist, um das Opfer des Altares zu vollbringen. Denen unter euch, die das Subdiakonat empfangen, wird die Aufgabe übertragen, am Altar zu dienen, indem ihr unmittelbar die Materie des eucharistischen Opfers bereitet und mit Vollmacht die heiligen Lesungen der Messe verkündet.
All diese Befugnisse, die ich euch jetzt anvertraue, hat die Kirche seit Jahrhunderten bestimmten Auserwählten verliehen und hat hierfür klare Voraussetzungen formuliert. Im Anschluss an die Lehre des Katechismus der katholischen Kirche möchte ich für die Stufen, die ich euch heute spende, vier Voraussetzungen in Erinnerung rufen (KKK 874-879)

Die erste Voraussetzung besteht im Bewusstsein, dass diese Weihestufen euch durch die Autorität der Kirche übergeben werden, nicht aufgrund eigener Verdienste oder Wünsche, sondern kraft einer Wahl, die von einem anderen getroffen wurde, der selbstverständlich auf euren freien Willen zählt. Ihr übernehmt demzufolge die Ämter dieser Weihestufen in offizieller und öffentlicher Form.

Die zweite Eigenschaft, von der der Katechismus spricht, ist die Kollegialität. Dieser Aspekt ist wesentlicher Teil des Begriffs Ordo, er bezeichnet eine Körperschaft von Regierenden, der man eingegliedert wird. Die Kollegialität, die Tatsache der Zugehörigkeit zu einem Ordo bringt auch die Pflicht zum Gehorsam gegenüber dem Haupt mit sich und auch das Bewusstsein der Notwendigkeit einer harmonischen Ausübung der verschiedenen zugewiesenen Aufgaben: gemeint sind hier freilich jene, die dem Ordo entsprechen und nicht etwa andere.

An dritter Stelle finden wir den Aspekt des Dienstes, der für jedes Amt in der Kirche, das mit Autorität ausstattet, charakteristisch ist. Hierauf kommt Papst Benedikt XVI. oft zurück. Vor fünfzehn Tagen sagte der Papst beim Angelus-Gebet, dass für den Menschen Autorität oft Macht, Herrschaft, Erfolg bedeute. Für Gott hingegen, so fuhr der Papst fort, bedeute Autorität Dienen, Demut, Liebe; es bedeute, in die Logik Jesu einzutreten, der sich niederbeugt, um die Füße der Jünger zu waschen. Dies ist die Logik, in die sich das Denken der Muttergottes und ihre Antwort an den Engel einfügen.

Als letzte und vierte Voraussetzung spricht der Katechismus von dem persönlichen Aspekt. Die Aufgaben werden als  persönliche empfangen. Sie werden aufgrund einer persönlich eingegangenen Verpflichtung verwirklicht und beziehen somit die eigene Verantwortung und Großherzigkeit eines jeden von uns ein. Unsere Person wird dadurch zum Werkzeug; wir werden auch mit unserer Person zum Werkzeug, mit unserer Initiative, unserer Freundlichkeit, unserem Verstand… Deshalb ist es unverzichtbar, dass einerseits jeder den Seeleneifer in der  persönlichen Begegnung mit Christus innerlich zu vermehren sucht, und andererseits ist es notwendig, dass jeder daran arbeitet, seine menschlichen Tugenden zu verbessern, die uns helfen, Jesus den anderen zu bringen.

Im Gespräch zwischen Maria und dem Erzengel Gabriel können wir die wesentlichen Züge dieser Merkmale erkennen. Die Reaktion Mariens ist das Vorbild, nach dem wir unsere Antwort an Gott ausrichten sollen. Sie wird für uns jetzt und immerdar die mütterliche Hilfe sein, die es uns erleichtern wird, unsere Schwierigkeiten aufgrund unserer Veranlagung oder unserer Umgebung zu überwinden.
In der heutigen Lesung aus der Apokalypse werden wir jene Verheißung hören, die für alle einen großen Trost darstellt:
„Ein großes Zeichen erschien am Himmel: eine Frau, mit der Sonne bekleidet, den Mond unter den Füßen, und auf dem Haupt einen Kranz von zwölf Sternen.“

Wie im Leben der Kirche, so leuchtet auch im Leben eines jeden einzelnen von uns inmitten der Feststellung unserer eigenen Unfähigkeit und Begrenztheit das große Zeichen Mariens auf. Ihrem Schutz wurden wir von Christus in seiner feierlichen Todesstunde anvertraut. Sie wird über unsere Zukunft wachen und wird unseren Dienst für ihren göttlichen Sohn froher und fruchtbarer machen. 


Fotos von den Weihen am 11.02.2012 in Wigratzbad:  bitte HIER klicken!

In englischer Sprache:
Bericht von Fr Simon Henry vom Blog "Offerimus Tibi Domine" (bitte HIER klicken)


Foto: Bischof Arrieta, Rom; © FSSP

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