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Mittwoch, 15. Februar 2012

Ein Sakristan erlebt die Liturgiereform - Ein Augenzeugenbericht

 
Pfarrer Dr. Joseph Overath beschreibt in seinem Augenzeugenbericht eindrucksvoll das Erleben der unmittelbar auf das II.Vatikanum folgenden "Errungenschaften", die mit Berufung auf das letzte Konzil Eingang in das kirchliche Leben gefunden hatten.


Hier (in "Theologisches", Dez. 2005, S. 40ff) ist der ganze Text zu lesen sowie hier:

Zwischen Missale Romanum und Sacramentarium Mimeographicum

- Ein Sakristan erlebt die Liturgiereform -

Daraus eine Episode:
Es lag eine große Spannung in der Luft. Dem Superior war auch anzumerken, daß hier eine Tradition gebrochen wurde – so war das subjektive Empfinden. Dazu kam, daß bis 1968 Marcel Lefebvre (1905–1991) Generaloberer der Spiritaner war. Lefebvre war lange Jahre in der Afrikamission gewesen, 1948 Apostolischer Legat für die französichen Gebiete auf dem Schwarzen Kontinent geworden und seit 1955 Erzbischof von Dakar im Senegal (6). 1960 war er in die Vorbereitungskommission des Konzil berufen worden; dann war er als Generaloberer der CSSp Konzilsteilnehmer. 1962 war er nach Europa zurückgekehrt, auch aus Protest gegen die Afrikanisierung der Ortskirchen.

Nach der Errichtung des „Tisches“ nun herrschte eines Tages große Aufregung im Klösterchen: der „Chef“ kommt zur Visitation. Wer Visitationen mitgemacht hat, der weiß auch von den vorherigen Verbesserungen zu berichten. Das, was der „Chef“ nicht sehen darf, wird versteckt und nach der Abreise wieder hervorgeholt. Bloß nicht auffallen!, das war damals in Broichweiden das Motto.

Uns wurde von verschiedenen Patres erzählt, da komme ein stockkonservativer Bischof. Der Bereich Kirche/Sakristei war auch betroffen von heuchlerischen Eingriffen in den wirklichen Alltag des Klosters. Am Tag vor der Ankunft Lefebvres mußte der „Tisch“ weggeräumt werden. Ich erinnere mich noch ganz genau, daß wir schwer zu schleppen hatten – in der Freizeit! Der Tisch wurde die enge Sakristeitreppe zum Keller hinuntergezwängt. Hier würde wohl der „Chef“ nicht visitieren...

Am nächsten Tag dann begann die Visitation. Alle Schüler kamen zur hl. Messe in die Klosterkirche, alle Patres und Brüder waren anwesend. Es begann ein „Theaterstück“. Man hatte die „Bühne“ eigens auf „konservativ“ gestaltet. Wir waren instruiert, wieder die Kommunionbank zu benutzen. Marcel Lefebvre zelebrierte die hl. Messe mit dem alten Missale Romanum. Er trug Pontifikalhandschuhe. Der Empfang der hl. Kommunion ging so vor sich: Man küßte zunächst den Bischofsring, dann wurde die hl. Hostie auf die Zunge gelegt...

Ein weiteres Zeitzeugnis 


3 Kommentare:

  1. Der vollständige Text ist ein Genuss, weil es so ähnlich landauf landab zuging, aber es bleibt die bittere Frage. "Warum haben die Leut das damals alles so mitgemacht?`"

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    1. Tja, darauf habe ich auch keine wirkliche Antwort. Unkenntnis, Unsicherheit, gut gemeint...?

      Wahrscheinlich war es wie sonst auch: Einige Wenige geben vor, wohin es geht, die anderen machen mehr oder weniger mit...

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    2. Eine große Rolle spielte wohl vor allem das unbedingte Vertrauen der katholischen Bevölkerung in die kirchliche Obrigkeit, der Bischöfe und der eigenen Ortsgeistlichen, der die damaligen Gläubigen keine dem Glauben abträglichen Handlungen zutrauten...

      Man kann schon hier erahnen, welchen Vertrauensverlust die Kirche durch die Maßnahmen, die vielerorts im Namen des Konzils durchgeführt wurden (aber mitnichten von diesem gewollt), erlitten hat.

      Hier scheint die Wurzel zu liegen für den darauffolgenden Glaubensabfall so Vieler und die allgemeine Glaubens- und Kirchenkrise der gegenwärtigen Zeit...

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