Fortsetzung, Teil 4
Der Urgegensatz zwischen wahr und falsch
Dieser in der Gesellschaft, in der Geschichte ständig ausgetragene Kampf, bald untergründig schwelend, bald in Flammen ausschlagend, verweist uns auf einen tieferliegenden, die Geister bestimmenden Urgegensatz: den zwischen wahr und falsch.
Wir können uns z. B. rein philosophisch, kraft unserer natürlichen Einsicht klarmachen, daß es einen unendlichen Unterschied ausmacht, ob diese Welt mit all ihren erfahrbaren Tatsachen die einzige Wirklichkeit ist, oder ob es über aller Zeitlichkeit und Weltlichkeit einen lebendigen, transzendenten Gott gibt, eine unendliche Weisheit, Macht, Güte, Gerschtigkeit. Wenn das eine wahr ist, muß das andere falsch sein, und dementsprechend die Folgerungen daraus richtig oder verkehrt.
Ähnlich steht es mit dem Gegensatz zwischen Anerkennung der menschlichen Freiheit und einem deterministischen Weltbild, gemäß dem alles, was ich frei zu tun scheine, nicht wirklich der Freiheit entspringt; danach wäre Freiheit nur eine Illusion, ein bloßes Gefühl; für nichts wäre ich dann wirklich verantwortlich, nichts, was ich tue, wäre wirklich gut oder böse.
Wenn dieser Determinismus recht hätte, wäre der Sinn so vieler Akte vernichtet, wäre jede sittliche Bemühung, jede Dankbarkeit, jede Schuldzuschreibung unsinnig.
Ähnlich verhält es sich mit der Anerkennung oder Nichtanerkennung anderer Wahrheiten, z. B. dem daß ein unkörperlich-seelisches Prinzip im Menschen existiert, oder daß wir überhaupt der Erkenntnis objektiver Wahrheit fähig sind, usw.
Zwischen diesen Wahrheiten und allen Irrtümern, die sie leugnen, besteht ein geistiger Gegensatz, der nicht geringer ist als der zwischen physisch einander bekämpfenden Mächten, sondern in gewisser Weise noch tiefer und fundamentaler.
Daß aber heute ein riesiger Kampf gerade darum entbrannt ist, diesen fundamentalen Gegensatz zwischen wahr und falsch zu verwischen und damit die Grundlagen unseres geistigen Lebens schlechthin zu zerstören, ein Kampf des Irrtums, der Verwirrung, der Lüge, der Verwischung aller Unterschiede, das zu sehen braucht es, scheint mir, keiner langen Betrachtung.
Und daß dieser Kampf gerade gegen die Kirche, die "Säule und Grundfeste der Wahrheit", und innerhalb der Kirche gegen das Dogma, gegen ihre Unfehlbarkeit, gegen die großen Wahrheiten, auf denen das christliche Leben beruht, geführt wird, kann kein vernünftiger und ehrlicher Mensch mehr leugnen.
Der Kampf des Teufels gegen Gott
Doch das verweist uns schon auf den tiefsten Gegensatz und Kampf, der die Welt durchzieht, den Kampf zwischen Gut und Böse, gipfelnd im Kampf Satans gegen den allheiligen Gott.
Über diesen Kampf wissen wir nur aus der Offenbarung. Die Apokalypse berichtet uns von seinem Ursprung. Im 12. Kapitel heißt es: "Und es entstand ein Kampf im Himmel. Michael und seine Engel kämpften mit dem Drachen, und seine Engel kämpften. Aber sie konnten nicht standhalten, und ihr Ort wurde im Himmel nicht mehr gefunden."
Luzifer will in seinem Stolz nichts Größeres über sich anerkennen - "non serviam!" - und sich selbst zu Gott machen; Michael, in der Demut der Wahrheit, kann nicht anders als sich gegen ihn stellen und stürzt ihn und seine Engel in der Kraft Gottes aus dem Himmel. Dieser Kampf, dieser Urkampf aber findet seine Fortsetzung in der Geschichte der Menschheit, im Kampf des Drachen gegen "die Frau" und ihren Knaben sowie "gegen ihre übrigen Kinder, die Gottes Gebote halten und am Zeugnis Jesu festhalten".
In diesem erbitterten Krieg ist der Mensch hineingeworfen, von Anfang an. Der Teufel verführt die Stammeltern zum Ungehorsam, zum Stolz, zum "Sein-wollen-wie-Gott", und hier bereits verkündet Gott die ewige Feindschaft zwischen der Schlange und "der Frau" und zwischen ihren "Nachkommen".
Auf der Höhe der Heilsgeschichte kommt auch dieser Kampf zu seinem Höhepunkt: das ganze Heilswirken Christi ist zugleich unerbittlicher Kampf gegen den Teufel und alles Böse. Erinnern wir uns, mit welcher Schärfe er gegen die Falschheit der Pharisäer auftritt, wie er die Wechsler aus dem Tempel treibt, wie er uns immer wieder vor die Entscheidung stellt: "Wer nicht mit mir ist, der ist gegen mich" - wie er "nicht den Frieden bringen" will, "sondern das Schwert", wie er sich selbst als den Richter verkündet, der einmal die Böcke von den Schafen scheiden wird; erinnern wir uns an die Mahnung des hl. Petrus, nüchtern und wachsam zu sein, "denn euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlingen kann" (1 Petr 5.8), oder an die Warnung des hl. Paulus, daß unser Kampf nicht geht "gegen Fleisch und Blut, sondern gegen die Mächte, die Gewalten, gegen die Weltbeherrscher dieser Finsternis, gegen die bösen Geister in den Himmelshöhen" (Eph 5,12).
Aber wir brauchen nicht weiter zu suchen: die ganze Offenbarung - auch abgesehen von der Apokalypse - ist durchzogen von der Lehre eines letzten geistigen, im tiefsten Fundament religiösen Kampfes, in den die Engel und jeder Mensch, jede geschaffene Person hineingestellt ist.
Fortsetzung folgt
Prof. Josef Seifert: Der kämpfende Mensch ( Teil 1) (bitte HIER klicken!)
Prof. Josef Seifert: Der kämpfende Mensch ( Teil 2) (bitte HIER klicken!)
Prof. Josef Seifert: Der kämpfende Mensch ( Teil 3) (bitte HIER klicken!)
( Teil 5) (bitte HIER klicken!)
( Teil 6) (bitte HIER klicken!)
( Teil 7) (bitte HIER klicken!)
( Teil 8, Schluß) (bitte HIER klicken!)
Über den Philosophen Josef Seifert (geb. 1945) bei wikipedia (bitte HIER klicken!)
(Hervorhebungen durch Administrator)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen