Dienstag, 31. Januar 2012

Wesentlich in der Frühkirche: Das Gebet nach Osten

aus:  Msgr. Dr. theol. Dr. phil h.c. Klaus Gamber:
Die Reform der Römischen Liturgie, Vorgeschichte und Problematik, S.47f (s. Quellen)

 
"Die Zelebration "versus populum"


Entscheidend für die Stellung zum Altar war in der Frühkirche und im Mittelalter die Ausrichtung beim Gebet nach Osten hin. So meint Augustinus: "Wenn wir zum Gebet aufstehen, kehren wir uns nach Osten, von wo der Himmel sich erhebt. Nicht als ob Gott dort wäre und er die anderen Weltgegenden verlassen hätte..., sondern damit der Geist gemahnt werde, zu einer höheren Natur sich zu bekehren, nämlich zu Gott." (1)

Dieses Wort des Afrikaners zeigt, daß die Christen sich nach der Predigt zum anschließenden Gebet erhoben und nach Osten gekehrt haben. Auf dieses Hinwenden nach Osten beim Gebet weist Augustinus am Schluß seiner Ansprachen immer wieder hin, wobei er als feststehende Formel die Wendung "Conversi ad Dominum" (Hingewendet zum Herrn) gebraucht. (2)

Dölger ist in seinem grundlegenden Buch "Sol salutis" der Überzeugung, daß auch die Antwort des Volkes "Habemus ad Dominum" im Anschluß an den Ruf des Priesters "Sursum corda" ein Hingewendetsein nach Osten meint, zumal einige orientalische Liturgien dazu in einem diakonalen Ruf eigens auffordern. (3)

Dies gilt für die koptische Basilius-Liturgie, wo es zu Beginn der Anaphora heißt: "Kommt heran, ihr Männer, steht da in Ehrfurcht und schaut nach Osten!", oder die ägyptische Markus-Liturgie, wo ein ähnlicher Ruf ("Schauet nach Osten!") mitten im Eucharistiegebet, und zwar vor der Überleitung zum Sanctus, seinen Platz hat.

In der kurzen Liturgiebeschreibung im 2. Buch der Apostolischen Konstitutionen aus dem Ende des 4. Jahrhunderts wird ebenfalls ein Aufstehen zum Gebet und eine Ausrichtung nach Osten vorgeschrieben. (4)  Im 8. Buch wird der entsprechende Ruf des Diakons mitgeteilt: "Stehet aufrecht zum Herrn hin!") (5)  Die Hinwendung zum Herrn und die Ausrichtung nach Osten war demnach für die Frühkirche dasselbe. (6)

Die Sitte, zum Sonnenaufgang hin zu beten, ist, wie Dölger gezeigt hat, uralt und war bei Juden und Heiden üblich. Sie wurde schon früh von den Christen übernommen. So ist bereits i. J. 197 für Tertullian das Gebet nach Osten eine Selbstverständlichkeit. In seinem Apologeticum (c.16) spricht er davon, daß die Christen "in Richtung der aufgehenden Sonne hin beten". (7)

In ihr sah man ein Symbol für den zum Himmel aufgefahrenen und von dort wiederkommenden Herrn. Damit die Strahlen der aufgehenden Sonne während der Meßfeier in das Kircheninnere fallen konnten, hat man im 4./5. Jahrhundert in Rom, gelegentlich auch andernorts, den Eingang im Osten angebracht, wobei die Türen aus diesem Grund geöffnet bleiben mußten und auch eine Gebetsrichtung zu den Türen hin notwendig wurde. (8)


(1)  Augustinus, De sermone domine in monte II 18 (PL 34, 1277).

(2)  Vgl. J. Dölger, Sol salutis. Gebet und Gesang im christlichen Altertum mit  besonderer Rücksicht auf die Ostung in Gebet und Liturgie (= Liturgiegeschichtliche Quellen und Forschungen 4-5, 1. Aufl. Münster 1920, 2. Aufl. !925) 254-256. Wir zitieren nach der am meisten verbreiteten 1. Auflage

(3)  Dölger, Sol salutis 256, 251.

(4) Const. Apost. II 57, 14 (ed. Funk 165); vgl. Dölger, Sol salutis 127f.

(5)  Canst. Apost. VIII 12,2 (ed. Funk 494).

(6)  Vgl. Dölger, Sol salutis 250-251; E. Peterson, Frühkirche, Judentum und Gnosis (Rom 1959)15-35: Das Kreuz und das Gebet nach Osten. Hier wird auf die Tatsache hingewiesen, daß der Osten als Gebetsrichtung oft durch ein Kreuz bezeichnet wurde. Ein solches Kreuz an der Wand wurde in einer Kammer eines Hauses in Herculaneum gefunden; vgl. Conte Corti, Untergang und Auferstehung von Pompeji und Herculaneum (München 1951) Abb. 29 nach S. 96.

(7)  Vgl. Dölger, Sol salutis 103.

(8)  Vgl. Tertullian, Adv. Valent. 3 (PL 2, 515): Nostrae columbae etiam domus simplex, in editis semper et apertis et ad lucem; vgl. St. Beißel, Bilder aus der Geschichte der altchristlichen Kunst und Liturgie in Italien (Freiburg 1899) 84; Dölger 121.


(Hervorhebungen durch Administrator)




Weiteres zum Thema "Liturgiereform":

Hl. Don Bosco, bitte für uns!



Der Traum des hl. Don Bosco:

Die Rettungssäulen der Kirche:
Hl. Eucharistie und
die Gottesmutter Maria



Worte Don Boscos beim Abschiedsgruß der Schul-Schlußfeier 1865

Sagt offen und frei mit St. Paulus: Ich schäme mich nicht des Evangeliums! Seid Männer und keine Nichtsnutze! Freie Stirn, freien Schrittes zum Dienste des Herrn, in Familie und Öffentlichkeit, in der Kirche, und auf dem Marktplatz.

Was ist Menschenfurcht? Zerknülltes Papier, das nicht beißt. Was sind die frechen Worte der Charakterlosen? Seifenblasen. Kümmern wir uns nicht um die Widersacher und Spötter! Der ganze Mut der Schlechten besteht in der Furcht der andern.

Tretet bestimmt auf, und Ihr werdet sehen, wie sie zahm werden! Gebet allen ein gutes Beispiel, und ihr werdet die Achtung und das Lob des ganzen Landes haben. Umso mehr, als ihr junge Studenten seid.

Ein Bauer, der Glauben hat und dem Kreuz in seiner Hütte den Ehrenplatz zuweist, den habe ich gern. Aber einen Professor, ein Offizier, ein Beamter, ein Student, der beim Glockenzeichen mit seiner Familie den Angelus und das Gebet für die armen Seelen  betet, vor dem habe ich Hochschätzung, ja Begeisterung.

Macht darum Ehre Euch und dem Oratorium! Erholung, ja, aber auch Arbeit und Frömmigkeit.
Ihr habt Talente? Benutzt sie immer zum Guten! Weist in die Schranken, den aufgeblasenen Hochmut gewisser ehrloser Kommilitonen, die Ihr vielleicht da und dort findet.

Seid euch bewußt: Wissenschaft ohne Gewissen ist der Verderb des Menschen.

Kurz, verhaltet Euch so, daß die Leute , wenn sie Eure mutige Haltung sehen und Eure fromme Ehrfurcht vor den Gesetzen Gottes und der Kirche, auf ihre Frage, wer Ihr denn seid, mit Verwunderung die Antwort hören: "Es ist ein Schüler Don Boscos!"


Hl. Don Bosco (1815-1888) in: Memorie VIII, 165f
entnommen aus: Wie Don Bosco seine Buben erzog, Verlag Ars sacra Josef Müller (s. Quellen)


Montag, 30. Januar 2012

Die Zelebration "versus populum"

Die Forderung, daß der Priester am Altar dem Volk das Gesicht zukehren solle, hat erstmals Martin Luther aufgestellt (1). Diese Forderung ist jedoch von ihm soviel man weiß, nie und in den verschiedenen protestantischen Kirchen nur vereinzelt befolgt worden, vor allem bei den Reformierten (2).

Erst die jüngste Zeit hat die Zelebration "versus populum" zu einem fast allgemeinen Brauch in der römischen Kirche werden lassen, während die Ostkirchen und vielfach auch die evangelischen Gemeinden an der bisherigen Praxis festhalten.

In der Ostkirche war eine Zelebration "versus populum" zu keiner Zeit üblich, wie auch ein entsprechender Ausdruck dafür fehlt. Die meiste Ehrfurcht wird der Vorderseite des Altars erwiesen. Hier darf nur der Priester (und neben ihm der Diakon) stehen. Innerhalb der Bilderwand darf nur der Zelebrant an der Vorderseite des Altares vorbeigehen.

Bemerkenswert ist ferner, daß bei einer Konzelebration, die bekanntlich in der Ostkirche eine lange Tradition hat, der Hauptzelebrant, wie auch sonst, mit dem Rücken zur Gemeinde steht, während die konzelebrierenden Priester sich links und rechts von ihm am Altar aufstellen. Niemals haben sie jedoch ihren Platz an der Rückseite (Ostseite) des Altars.

Der Brauch zum Volk hin zu zelebrieren, kam bei uns in den zwanziger Jahren in der Jugendbewegung auf, als man daran ging, innerhalb einer kleinen Gruppe die Eucharistie zu feiern. Die liturgische Bewegung, vorweg Pius Parsch, propagierte ebenfalls diesen Brauch.

Man glaubte damit eine frühchristliche Tradition wieder zu erneuern, weil man sah, daß in einigen alten römischen Basiliken ebenfalls der Altar "versus populum" ausgerichtet ist. Doch hat man dabei, wie es scheint, übersehen, daß in diesen Basiliken, im Gegensatz zu den übrigen Kirchen, (3) nicht die Apsis, sondern der Eingang im Osten liegt.


(1)  Er schreibt in seinem Büchlein "Deutsche Messe und Ordnung des Gottesdienstes" v.J. 1526 zu Beginn des Kapitels "Des Sonntags für die Laien": "Da lassen wir die Meßgewänder, Altar, Lichter noch bleiben, bis sie alle werden oder uns gefällt zu ändern. Wer aber hier anders verfahren will, lassen wir geschehen. Aber in der rechten Messe unter eitel Christen müßte der Altar nicht so bleiben und der Priester sich immer zum Volk kehren, wie ohne Zweifel Christus beim Abendmahl getan hat. Nun, das erharre seiner Zeit"; vgl. K. Gamber, Die Zelebration "versus populum" eine Erfindung und Forderung Martin Luthers, in: K. Gamber, Ritus modernus. Gesammelte Aufsätze zur Liturgiereform (Regensburg 1972) 21-29.

(2)  Vgl. Fr. Schulz, Das Mahl der Brüder, in: Jahrbuch für Liturgik und Hymnologie 15 (1970) 34 Anm.8. So ließ seinerzeit Martin Bucer in Straßburg Abendmahlstische aufstellen, "daß der Diener das angesicht gegen das Volck wendet".

(3)  Außerhalb Roms sind nur wenige Kirchen bekannt, die den Eingang im Osten haben. Am bekanntesten ist die Basilika in Tyrus, die von Eusebius beschrieben wird. Wie bei dieser, so handelt es sich auch bei den andern um Bauten Konstantins bzw. dessen Mutter Helena; vgl. G. Kunze, Lehre Gottesdienst Kirchenbau in ihren gegenseitigen Beziehungen I (Göttingen 1949) 51ff., vor allem 53.

(Hervorhebungen durch Administrator)

aus:  Msgr. Dr. theol. Dr. phil h.c. Klaus Gamber: Die Reform der Römischen Liturgie, Vorgeschichte und Problematik, S.46f (s. Quellen)

Jede Stimme zählt: Demokratische Entscheidung in der Blogoezese steht an...

"Wer sind wir (als Blogoezese) eigentlich?"

wollte der Herr Alipius (Klosterneuburger Marginalien) wissen, und  startete eine
Herr-Alipius-Was-sind-wir?-Definitions-Aktion.

Inzwischen hat eine Vorausscheidungs-Runde stattgefunden aus der die 16 meistgewählten Herr-Alipius-Was-sind-wir?-Definitions-Aktions-Antworten hervorgegangen sind.

Aus diesen darf jetzt JEDER  bis Freitag Mittag 3 (DREI) Wortkonstrukte auswählen, um so wiederum drei endgültige Gewinner zu küren.

Herzliche Einladung (bitte HIER klicken!)

Eine Stellungnahme der etwas anderen Art zu diesen unglaublichen Vorgängen in der Blogoezese hier von Catocon auf Kreuzfährten: Wahrheit statt Mehrheit
 Zum Wesen der Blogozese (unbedingt lesenswert!!!), bitte HIER klicken!

Conversi ad Dominum - Wendet euch hin zum Herrn!

Nicht alles, was heute liturgische Praxis sei, lasse sich durch Konzilstexte begründen, sagte Kurienkardinal Kurt Koch auf einer Tagung (1), die die Theologie Joseph Ratzingers zum Thema hatte. So sei beispielsweise nirgends die Rede davon, daß der Priester die Eucharistie den Gottesdienstteilnehmern zugewandt leite, so der Kurienkardinal. (s. Bericht HIER bei kath.net) 

(1)  Internationales Symposium am 28. Januar 2012 der Joseph Ratzinger Papst Benedikt XVI.-Stiftung in Freiburg im Breisgau

Joseph Kardinal Ratzinger, heute Papst Benedikt XVI., schreibt in seinem Buch "Der Geist der Liturgie" (im Jahre 2000; S. 68ff) zur Frage der Zelebrationsrichtung unter anderem:

"...die Zelebrationsrichtung versus populum erscheint heute geradezu als die eigentliche Frucht der liturgischen Erneuerung durch das II. Vaticanum. In der Tat ist sie die sichtbarste Folge der Neugestaltung, die nicht nur eine äußere Anordnung liturgischer Orte bedeutet, sondern auch eine neue Idee vom Wesen der Liturgie als gemeinschaftlichem Mahl einschließt. (...)

In Wahrheit ist damit eine Klerikalisierung eingetreten, wie sie vorher nie existiert hatte. Nun wird der Priester - der Vorsteher, wie man ihn jetzt lieber nennt - zum eigentlichen Bezugspunkt des Ganzen. Alles kommt auf ihn an. Ihn muß man sehen, an seiner Aktion teilnehmen, ihm antworten; seine Kreatvität trägt das Ganze.

Verständlich, wenn man diese eben erst geschaffene Rolle nun wieder zu reduzieren versucht, indem man vielfältige Aktivitäten verteilt und die "kreative" Gestaltung vorbereitenden Gruppen anvertraut, die vor allem "sich selbst einbringen" wollen und sollen.

Immer weniger steht Gott im Blickfeld, immer wichtiger wird alles, was die Menschen tun, die sich hier treffen und schon gar nicht sich einem "vorgegebenen Schema"unterwerfen wollen.

Die Wendung des Priesters zum Volk formt nun die Gemeinde zu einem in sich geschlossenen Kreis. Sie ist - von der Gestalt her - nicht mehr nach vorne und oben aufgebrochen, sondern schließt sich in sich selber.

Die gemeinsame Wendung nach Osten war nicht "Zelebration zur Wand", bedeutete nicht, daß der Priester "dem Volk den Rücken zeigt": So wichtig war er gar nicht genommen. Denn wie man in der Synagoge gemeinsam nach Jerusalem blickte, so hier gemeinsam "zum Herrn hin".

Es handelte sich - wie es einer der Väter der Liturgiekonstitution des II. Vaticanums, J. A. Jungmann, ausdrückte - vielmehr um Gleichrichtung von Priester und Volk, die sich gemeinsam in der Prozession zum Herrn hin wußten. Sie schließen sich nicht zum Kreis, schauen sich nicht gegenseitig an, sondern sind als wanderndes Gottesvolk im Aufbruch zum Oriens, zum kommenden Christus, der uns entgegengeht. (...)"

Es gibt gute Gründe, wieder auf das "Wesentliche", der "gemeinsamen Wendung nach Osten beim Hochgebet" zurüchzukommen. "Nicht der Blick auf den Priester ist wichtig, sondern der gemeinsame Blick auf den Herrn. Nicht um Dialog geht es nun, sondern um gemeinsame Anbetung, um den Aufbruch, der sich in gemeinsamer Richtung ausdrückt." (ebd.)


 Foto:  Wieskirche, Juni 2011, © FW

Sonntag, 29. Januar 2012

Salesianischer Ehrenkodex für Journalisten

Franz von Sales (1567–1622)
1. Oberstes Prinzip jeder journalistischen Tätigkeit ist die Liebe zur Wahrheit. Franz von Sales sagt: „Leben Sie nach den Wahrheiten, die der Glaube uns lehrt, und pflegen Sie die kostbare Gabe, die Sie so sehr zu ihrem Vorteil empfangen haben.“

2. Die Strategie des Journalisten, der Wahrheit zu ihrem Sieg zu verhelfen, ist die Methode der Liebe, Sanftmut und des Friedens. Franz von Sales sagt: „Wie wunderbar gelingt es einem doch, Herzen zu gewinnen und mitzureißen, wenn man eine gute Sache geschickt und liebenswürdig vertritt.“

3. Zur journalistischen Tätigkeit gehört die Berücksichtigung der Geistesverfassung der jeweiligen Zeit. Franz von Sales sagt: „Natürlich berücksichtige ich die Geistesverfassung unserer Zeit. Ich musste es tun; es ist sehr wichtig zu wissen, in welcher Zeit man schreibt.“

4. Zur journalistischen Tätigkeit gehört ein leserorientiertes Schreibverhalten ohne dadurch die Wahrheit zu beeinträchtigen. Franz von Sales verstand es, schwierigste Themen dem einfachen Volk klar und deutlich darzulegen.

5. Objektive Berichterstattung eines Journalisten bedeutet nicht einfach wertneutrale Berichterstattung. Der Journalist soll allerdings seine zugrunde liegenden Wertvorstellungen offen legen, um der Gefahr ungerechtfertigter Meinungsmanipulation zu entgehen. Franz von Sales hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass er in seinen Schriften die Lehre der katholischen Kirche darlegen und verteidigen will.

6. Zur objektiven Berichterstattung eines Journalisten gehört das Ziel, jeder Gefahr der einseitigen Betrachtung eines Themas entgegenzuwirken. Franz von Sales war immer bestrebt, auch die Schriften seiner Gegner zu kennen, um bei sich jede Einseitigkeit zu vermeiden.

7. Der Journalist soll durch seine Arbeit Informationen und Sachverhalte deutlich darstellen und klären, ohne aber dadurch betroffene Menschen zu ruinieren. Franz von Sales sagt: „Man muss wohl über das Schlechte empört und fest entschlossen sein, sich niemals darauf einzulassen; dennoch muss man den Nächsten gegenüber ganz mild bleiben.“

8. Genauigkeit bei der Recherche und eine umgreifende und zumindest ressortspezifisch tiefgreifende Bildung sind unumgängliche Qualitäten einer seriösen und qualifizierten journalistischen Tätigkeit. Franz von Sales war bemüht, täglich zwei Stunden für seine Weiterbildung aufzuwenden, seine Schriften sind geprägt von minutiöser Genauigkeit.

9. Trotz permanentem Zeit- und Termindruck soll sich der Journalist um einen guten spachlichen Stil und um eine solide Kenntnis der Grammatik und Semantik bemühen. Franz von Sales, der ebenfalls unter aktuem Zeitmangel litt, gilt heute als Klassiker der französischen Sprache.


entnommen der Seite des Franz-Sales-Verlages (bitte HIER klicken!)

(Hervorhebungen von Administrator)

Hl. Franz von Sales, bitte für uns!



Herr, ich bin dein, ganz, ganz, ganz dein,
ohne Vorbehalt dein.
Ach Herr, ich bin gewiß dein
und will es immer mehr sein.
Gütiger Jesus,
zieh mich immer tiefer in dein Herz hinein,
damit deine Liebe mich
ganz aufzehre und ich mich
in ihren Wonnen ganz verliere.


Hl. Franz von Sales  (1567 - 1622)
Bischof von Genf/Annecy,
Mystiker, Ordensgründer, Kirchenlehrer,
Patron der Schriftsteller und Journalisten


 +    +    +    +    +


Allen, die heute Namenstag feiern

herzliche Glück- und Segenswünsche!


+    +    +    +    +




Samstag, 28. Januar 2012

Fassen wir uns mal an die eigene Nase...


Obgleich nämlich die katholische Kirche mit dem ganzen Reichtum der von Gott geoffenbarten Wahrheit und der Gnadenmittel beschenkt ist, ist es doch Tatsache, daß ihre Glieder nicht mit der entsprechenden Glut daraus leben, so daß das Antlitz der Kirche den von uns getrennten Brüdern und der ganzen Welt nicht recht aufleuchtet und das Wachstum des Reiches Gottes verzögert wird.

II. Vatikanisches Konzil:


Foto: Rosette der Kirche St. Paul in den Mauern, Rom:
Christkönig, umgeben von Heiligen; Lawrence OP  

(Hervorhebungen von Administrator)

Krankensalbung aus Laienhand?

Von P. Bernward Deneke FSSP

Gleich zweimal mußte ich in knapp zwei Wochen einen ähnlichen Vorgang erleben. Es geschah jeweils in einem Ostschweizer Spital. Im ersten Fall trat ich bei einem Sterbenden ein und sah auf seiner Stirne deutlich ein Ölkreuz glänzen. „Die Krankenhausseelsorgerin hat ihm gerade vorher die Krankensalbung gespendet“, lautete die Auskunft. Im zweiten Fall berichtete mir ein Patient, die Seelsorgerin habe ihm das Sakrament der Krankensalbung angeboten, er aber habe es abgelehnt. Und es lag die Frage im Raum: „Kann das die Laientheologin denn überhaupt?“

Was heißt hier „können“? Selbstverständlich „kann“ sie dem Leidenden das Öl auftragen; das ist ja auch wirklich nicht schwer und erfordert weder ein theologisches Fachstudium noch eine pastorale Ausbildung. Aber durch die bloße Handlung einer Ölsalbung kommt das heilige Sakrament als gnadenwirksames Zeichen noch nicht zustande, denn dafür müssen einige Bedingungen erfüllt werden.

Zunächst muß es sich bei dem Empfänger um einen Menschen handeln, der wegen Krankheit oder Altersschwäche in Lebensgefahr geraten ist (so der Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 1514). Bekanntermaßen wird diese Voraussetzung oft nicht erfüllt; man nimmt routinemäßig Salbungen an älteren Menschen vor, bei denen eine ernsthafte Lebensgefahr nicht erkennbar ist. In den beiden erwähnten Fällen jedoch bestand kein Zweifel daran, daß der Zeitpunkt für die Krankensalbung gegeben war.

Sodann verlangt die Kirche, dass „Materie“ und „Form“ des Sakramentes stimmen, daß also das (für gewöhnlich bischöflich geweihte) Krankenöl und der kirchliche Ritus mit der vorgeschriebenen Spendeformel verwendet werden. Ich bin bei der besagten Salbung durch die Seelsorgerin nicht anwesend gewesen, vermag daher nichts darüber zu sagen, mit welchem Öl und welchem Ritus sie zur Handlung geschritten ist. Und trotzdem kann ich mit Gewißheit sagen: Es wurde kein Sakrament gespendet! Weshalb?

Weil nach verbindlicher katholischer Lehre als Spender des Sakramentes ein Priester verlangt ist. Das ergibt sich bereits aus der maßgeblichen Schriftstelle im Jakobusbrief (5,14-15): „Ist jemand unter euch krank? Dann lasse er die Priester (Presbyter) der Kirche zu sich rufen; und sie sollen Gebete über ihn sprechen und ihn dabei mit Öl salben im Namen des Herrn. Und das Gebet des Glaubens wird den Kranken retten, und der Herr wird ihn aufrichten; und wenn er Sünden begangen hat, so wird ihm vergeben werden.“

Von dieser Stelle hat das Konzil von Trient in seiner 14. Sitzung (1551) erklärt, daß hier tatsächlich das Sakrament der Krankensalbung gemeint ist, welches „von Jesus Christus eingesetzt und vom Apostel Jakobus verkündet“ wurde: „Seine Wirkung ist die Gnade des Heiligen Geistes, deren Salbung die Vergehen, falls noch welche zu tilgen sind, und die Überbleibsel der Sünde wegnimmt und die Seele des Kranken aufrichtet und stärkt, indem sie ein großes Vertrauen auf die göttliche Barmherzigkeit erweckt, das den Kranken hebt, so daß er die Lasten und Schmerzen der Krankheit leichter trägt und den Versuchungen Satans, der seiner Ferse nachstellt, leichter widersteht und manchmal, wenn es das Heil der Seele fördert, auch die körperliche Gesundheit wiedererlangt.“

Nach solchen licht- und trostvollen Ausführungen stellt das Konzil von Trient aber auch klar, was zur Frage „Krankensalbung durch Laien?“ zu sagen ist. Es tut dies mit einer Ausschlußformel, fährt also scharfes Geschütz auf, um damit den Anspruch höchster Lehrautorität zu unterstreichen: „Wer behauptet, die Presbyter der Kirche, die nach dem Apostel Jakobus zur Salbung des Kranken gerufen werden sollten, seien nicht die vom Bischof geweihten Priester, sondern die Ältesten jeder Gemeinde, und deshalb sei der eigentliche Spender der Letzten Ölung nicht allein der Priester – der sei ausgeschlossen.“

Nun tun sich die Kreise, welche die Salbung durch Laien bejahen, vermutlich mit dogmatischen Entscheidungen des als „antiprotestantisch“, „gegenreformatorisch“ und „reaktionär“ verschrienen Konzils eher schwer. Gibt es amtlicherseits nichts Neueres zum Thema? Durchaus! Im Katechismus der Katholischen Kirche, erschienen im Jahr 1993, ist zu lesen: „Nur Priester (Bischöfe und Presbyter) sind die Spender der Krankensalbung.“ (Nr. 1516) Und das Kirchenrecht, promulgiert im Jahr 1983, stellt lapidar fest: „Die Krankensalbung spendet gültig jeder Priester, und nur er.“ (can.1003 § 1)
Jesus Christus, unser Erlöser, will zu den Kranken kommen, sie zu trösten und zu stärken. Das kann bei jedem Krankenbesuch durch einen gläubigen und liebevollen Menschen geschehen. Er will den Leidenden aber vor allem auch im Sakrament seine heilende und aufrichtende Gnade schenken, und das wirkt er allein durch seine geweihten Diener.


Hinweise:
- mit freundlicher Genehmigung des Verfassers
- der Beitrag erschien bereits im Schweizerischen Katholischen Sonntagsblatt (SKS)

Freitag, 27. Januar 2012

Ökumene und Zeugnis für die apostolische Überlieferung


Ohne Zweifel müssen die katholischen Gläubigen bei ihrer ökumenischen Aktion um die getrennten Christen besorgt sein, indem sie für sie beten, sich über kirchliche Angelegenheiten mit ihnen austauschen, den ersten Schritt zu ihnen tun.


Aber in erster Linie sollen sie doch ehrlich und eifrig ihr Nachdenken darauf richten, was in der eigenen katholischen Familie zu erneuern und was zu tun ist, damit ihr Leben mit mehr Treue und Klarheit für die Lehre und die Einrichtungen Zeugnis gebe, die ihnen von Christus her durch die Apostel überkommen sind.


Gebet um die Einheit der Kirche

Schutzmantelmadonna, 17. Jh., Ukraine
O Herr Jesus Christus,

Du hast am Vorabend Deines Leidens für alle Deine Jünger bis zum Ende der Zeit gebetet,

daß sie eins bleiben möchten, wie Du im Vater bist und der Vater in Dir.

Schau erbarmungsvoll herab auf die vielen Spaltungen unter denen, die Deinen Glauben bekennen,

und heile die zahlreichen Wunden, die Menschenstolz und die Macht der Hölle Deinem Volk geschlagen haben!

Reiße nieder die Wälle der Trennung, welche die Christen in Parteien und Sekten scheiden.

Sieh barmherzig die Seelen an, die in einer nicht von Dir, sondern von Menschen gegründeten Gemeinschaft geboren sind!

Befreie sie von diesen falschen Formen der Gottesverehrung und führe alle in die eine Gemeinschaft, die du von Anfang eingesetzt hast, die heilige katholische und apostolische Kirche!

Erleuchte alle Menschen mit der Erkenntnis, daß der Stuhl des heiligen Petrus, die Kirche von Rom, Fundament, Mittelpunkt und Werkzeug der Einheit ist!

Öffne ihre Herzen für die längst vergessene Wahrheit, daß unser Heiliger Vater, der Papst, Dein Diener und Stellvertreter ist und daß sie dir gehorchen, wenn sie in Sachen der Religion ihm Gehorsam leisten, so daß es wie oben im Himmel nur eine Gemeinschaft gibt, die Deinen heiligen Namen bekennt und verherrlicht.


Seliger John Henry Newman,
Betrachtungen über die christliche Lehre in: Betrachtungen und Gebete, Im Kösel-Verlag, München 1952, 148-149

Donnerstag, 26. Januar 2012

Der kämpfende Mensch (8, Schluß)



Josef Seifert  (1975)

Fortsetzung, Teil 8, Schluß

Kampfmittel und Bundesgenossen

Ein letztes Wort noch zu der Art unseres Kampfes und zu den Mitteln, deren wir uns dabei bedienen müssen. Ich habe schon mehrmals erwähnt, daß der Kampf des Christen ganz verschieden sein muß von natürlicher Agressivität und ihrer gereizten bitteren Art.

Er muß beherrscht sein von der entschiedenen Zustimmung zum Guten und muß die Absage an  alles Böse in uns selbst enthalten, das sich so leicht einmischt und die Reinheit der Absicht verdirbt; er muß die Liebe, die Güte in uns wachsen lassen und die Geduld, die vertrauend den Ausgang Gott überläßt und nicht gewaltsam den Sieg erzwingen will; er muß geführt werden mit dem Respekt vor der Freiheit der Mitmenschen und mit dem inneren Frieden trotz aller Misserfolge.

Der Kampf muß nicht nur in seinem Ziel sondern in seiner ganzen Art gut sein, in seinem ganzen Wesen lichtvoll, geführt mit den "Waffen des Lichts" (Röm 13,12).

Das Urbild eines solchen Kämpfers ist St. Michael, der leuchtende Engelfürst, und auf Erden Christus selbst, der in seiner gehorsamen Hingabe in Leiden und Tod alle Gesetze natürlichen Kampfes umgekehrt hat, der die Mächte der Finsternis zertrümmert hat, indem er sich ihrem Haß auslieferte, der am Kreuze siegte, durch das der Satan seinen höchsten Triumpf zu erringen schien.

"Devictus vicit" - diesen Spruch auf einem Christusbild hatte Kardinal Mindszenty täglich vor Augen -: daß wir auch als Besiegte siegen, wenn wir mit Christus, in seiner Liebe kämpfen, das wird in den Stunden äußerer Niederlage unsere Zuversicht sein.

Wenn wir diesen Höhepunkt des guten und bösen Kampfes zugleich vor Augen haben, der in einem einzigen Ereignis, in der Kreuzigung des Herrn zusammentrifft, werden wir am sichersten die entscheidenden und angemessenen Waffen in dem guten Kampf erkennen und wählen.

Wir müssen ohne Frage im öffentlichen Leben mit allen legitimen Mitteln einsetzen, jeder nach seinen Möglichkeiten und Fähigkeiten, das riesige in Gang gesetzte Zerstörungswerk zu verhindern. Wir müssen Menschen zu gewinnen versuchen, und sie wach machen für diesen Kampf.

Wir müssen kämpfen gegen zersetzende Irrtümer, und destruktive Gesetze und Gewohnheiten. Wir wissen aber, daß der Kampf ganz wesentlich im eigenen Herzen ausgetragen wird, im Neinsagen zu allem Bösen in uns selber. Mehr als alle eigene Anstrengung aber wirkt in uns die Gnade Gottes, und darum heißt es beten, sühnen, die Gnadenquellen der hl. Sakramente erschließen.

Und weil wir nicht gegen Fleisch und Blut allein kämpfen, sondern gegen "die bösen Geister in den Himmelshöhen", gegen den "Menschenmörder von Anbeginn", so sollen wir uns auch übernatürliche Helfer suchen bei den leuchtenden Kämpfern Gottes, den heiligen Engeln, bei allen Heiligen und Maria, der Königin aller Engel und Heiligen, und durch sie bei Gott, von dem letztlich jede gute Gabe kommt.
Ende des Kampfes: Die Anbetung Gottes

Der letztlich entscheidende Kampf wird also in uns selber ausgetragen; wie weit wir in uns das Böse durch das Gute überwinden, das entscheidet über Sieg oder Niederlage auch des Gottesreiches, soweit es an uns liegt.

Wenn wir bedenken, daß keine äußere Handlung, nicht einmal eine eigentliche Tätigkeit die Welt entscheidend verändert hat, sondern das Leiden, daß im Ja von Gethsemani und im blutigen Opfer am Kreuz der größte aller Siege errungen wurde, oder auch dies, daß die entscheidende Mitwirkung der Menschheit zu diesem Sieg in der stillen Kammer von Nazareth und im Mitleiden der Mutter unter dem Kreuz geleistet wurde, dann wissen wir Christen, wo die eigentliche Entscheidung fällt und welches die stärksten "Waffen des Lichtes" sind.

Ich möchte nicht schließen ohne den Hinweis darauf, daß das Böse wesenhaft aus dem Kampf lebt, während das Gute nur in der Konfrontation mit dem Bösen zum Kampf gezwungen ist. Das Böse kann nicht ohne das Gute existieren, gegen das es gleichwohl in seiner Bosheit kämpft. Das Gute jedoch steht in sich selber, ist reine  Harmonie, und der Kampf ist mit ihm nicht wesenhaft verbunden.

Darum vollzieht auch der kämpfende Christ, und das ist wesentlicher und eigentlicher als alles Kämpfen, Akte, die den letzten Sinn der Schöpfung ausmachen über und nach allen Kämpfen: die Anbetung Gottes, die Verherrlichung Gottes, das, was der Prophet im Alten Bunde geschaut hat als das dreifach Sanctus der Engel, die sich ihm im Tempel Gottes zeigten.

Und mit dieser Erkenntnis, daß aller Kampf leben soll aus der Sehnsucht nach jenem Zustand, in dem das Gute herrschen wird ohne Kampf, und in der Zuversicht, daß er in der Gnade Gottes darein münden wird, können wir diese Betrachtung über den Kampf des Christen schließen.

Diese Hoffnung hat einen unvergleichlichen Ausdruck gefunden in den Worten, mit denen Augustinus sein vielleicht größtes philosophisch-theologisches Werk beschließt. Was den Glaubenden, Liebenden am Ende des Kampfes der "zwei Staaten" erwartet, schildert er so:

"Ibi vacabimus et videbimus, videbimus et amabimus, amabimus et laudabimus. Ecce quod erit in fine sine fine" (De Civitate Dei XXII, XXX). - 
"Dort werden wir frei sein und schauen, schauen und lieben, lieben und loben. Siehe, das wird sein am Ende ohne Ende."



Dieser Vortrag erschien in "Der Fels", Nr. 10 und 11 des Jahrgangs 1975
Herzlichen Dank dem Fels e.V. für die Genehmigung der Veröffentlichung des Vortrages auf diesem Blog.

Prof. Josef Seifert: Der kämpfende Mensch ( Teil 1)    (bitte HIER klicken!)
                                                                 ( Teil 2)    (bitte HIER klicken!)
                                                                 ( Teil 3)    (bitte HIER klicken!)
                                                                 ( Teil 4)    (bitte HIER klicken!)
                                                                 ( Teil 5)    (bitte HIER klicken!)
                                                                 ( Teil 6)    (bitte HIER klicken!)
                                                                 ( Teil 7)    (bitte HIER klicken!)


Über den Philosophen Josef Seifert (geb. 1945) bei wikipedia (bitte HIER klicken!)


 (Hervorhebungen durch Administrator) 

Botschaft des Hl. Vaters (auch) an katholische Blogger!

Stille und Wort

"Mit Interesse sind die verschie- denen Websites, Anwendungen und sozialen Netzwerke zu betrachten, die dem Menschen von heute behilflich sein können, Momente des Nachdenkens und echten Fragens zu erleben, aber auch Räume der Stille und Gelegenheit zu Gebet, Meditation oder Austausch über das Wort Gottes zu finden. In der auf das Wesentliche konzentrierten Form kurzer Botschaften, oft nicht länger als ein Bibelvers, kann man tiefe Gedanken zum Ausdruck bringen, wenn man es nicht versäumt, das eigene innere Leben zu pflegen."

Papst Benedikt XVI. in seiner Botschaft zum 46. Welttag der sozialen Kommunikationsmittel am 24.01.2012



Foto:

(Und ab und zu dürfen es auch einmal längere Vorträge sein...)

Mittwoch, 25. Januar 2012

Der kämpfende Mensch (7)

Josef Seifert  (1975)

Fortsetzung, Teil 7

Es ist bedenkenswert, daß gerade in unserer Zeit eine Heilige zur Kirchenlehrerin erhoben wurde - Katharina von Siena -, die immer wieder darauf hingewiesen hat, daß das Stillschweigen und die Feigheit angesichts der in der Kirche und Gesellschaft grassierenden Irrtümer und Übel die größte Grausamkeit ist.

Plato hat seiner Zeit und Gesellschaft eine Diagnose gestellt, die wir weitgehend auf die unsere übertragen können. Wenn man kranken Kindern, so schreibt er, einmal einen Arzt schickt, der sie schneidet und brennt und so vom Geschwür befreit, und einmal einen Koch, der sie mit Süßigkeiten verwöhnt und so ihre Krankheit nur verschlimmert, so werden sie, wenn man sie gewähren läßt, den Koch mit Triumpfgeschrei empfangen, den Arzt aber aus der Stadt treiben.

Nicht anders machen es, sagt Plato, erwachsene Bürger: Den Philosophen, der die Ungerechtigkeiten aufdeckt, werden sie hinaustreiben und vielleicht sogar außerhalb der Stadt ans Kreuz schlagen, den Sophisten aber, der sie in schönen Illusionen wiegt, werden sie mit lautem Jubel begrüßen.

Wenn wir uns solcherart klarmachen, "was am Menschen ist", so werden wir immun sein gegen diesen falschen Vorwurf der Lieblosigkeit. Gewiß müssen wir uns beim Kampf gegen Übel und Irrtümer vor Lieblosigkeit in der Art und Weise des Vorgehens hüten, aber wir können uns deswegen nicht vom Kampf selbst dispensieren.

Wir müssen ihn angehen und führen aus der Liebe zu Gott, aus der Liebe zum Herzen Jesu, in dem sich Gottes Liebe zu jedem von uns so überwältigend geoffenbart hat; unser Kampf muß - in der Teilhabe an diese Liebe - sich von Bitterkeit und Feindseligkeit fernhalten, er muß ein lichtvoller Kampf sein, der von Güte beherrscht und von Sanftmut durchdrungen ist.

Das ist gewiß nicht leicht, aber besser ist es, überhaupt zu kämpfen als den Kampf zu unterlassen, weil wir ihn doch nicht völlig fehlerlos führen können.

Ein falscher Friede

Ebenso wie das Wort Liebe scheint auch das Wort Friede gegen Kampf und Kampfgeist zu sprechen. Ein Urwort des Evangeliums ist der Friede, und schon im Alten Testament wird im Messias der große Friedensbringer erwartet, der dann selber sagt: " Meinen Frieden hinterlasse ich euch...". So ist in der Tat die Friedensliebe für jeden Christen unerläßlich, und "selig sind die Friedfertigen".

Aber auch hier muss man näher zusehen, worin der Friede Christi ("nicht, wie die Welt ihn gibt") wirklich besteht, um nicht der Täuschung zu verfallen und einen unverträglichen Gegensatz zwischen Kampfgeist und Friedensliebe aufzustellen.

Wirklicher Friede im Menschen und zwischen den Menschen ist nur möglich als Ausstrahlung des Friedens Gottes. Der Friede ist unmöglich im Bösen, unmöglich in der Unwahrheit, in der Lüge. Der Friede ist die "Ruhe in der Ordnung", wie Augustinus sagt.

Die berühmte Stelle in seinen "Bekenntnissen" (X,27), wo er davon spricht, daß Gott geleuchtet, und endlich seine Blindheit verscheucht, daß Gott gerufen, und endlich seine Taubheit durchdrungen habe, schließt mit den Worten: " Et exarsi in pacem" - "Und ich bin entbrannte in Sehnsucht nach deinem Frieden".

Aber dieser Friede entspringt der wahren Ordnung, der Ordnung, in der der Mensch Gott anerkennt und über alles liebt, der Ordnung, in der er alle Güter in ihrer Rangstufung sieht. Letztendlich ist der Friede die Ausstrahlung der Harmonie, des inneren Lichtes, der inneren Schönheit, die im Guten liegt; dazu gehört als letztes Element auch die Geborgenheit in Gott, in dem lebendigen, liebenden Gott, der uns erlöst hat; denn selbst die Schau einer platonischen Ideenwelt des Guten würde allein nie den Frieden bringen; ja, auch die Erkenntnis Gottes könnte uns keinen letzten Frieden schenken, wären wir nicht durch die Erlösung der heiligmachenden Gnade Gottes und der Gemeinschaft mit ihm teilhaftig geworden.

Es gibt aber auch einen falschen, nur scheinbaren Frieden: die Eintracht mit dem Bösen, und im Bösen, dem u. U. ein friedliches Nichtstun entspringt. "Mag etwas falsch sein, mag etwas schlecht sein - nur den Frieden halten!" Dieser Friede ist der radikale Gegensatz zum wahren Frieden.

Hier gilt das Wort des Herrn: "Ich bin nicht gekommen, den Frieden zu bringen, sondern das Schwert." Hier ist das Wort des hl. Johannes, des "Liebesjüngers", der Häretikern gegenüber sogar den Gruß verbietet - dann, wenn er als Ausdruck der Übereinstimmung gewertet werden kann (2Joh 10).

Die radikale Ablehnung eines solchen Friedens mit den Bösen wird verständlich, wenn wir bedenken, daß das Böse der radikale Widerspruch zum wirklichen Frieden ist, da es keinerlei Harmonie, sondern die tiefste Disharmonie ist, die sich überhaupt im Kosmos findet, der Widerspruch gegen Gott selbst.

Wer Frieden hält mit den Bösen bzw. ihrem bösen Verhalten zustimmt, der vermehrt nur den Unfrieden in der Welt. Der Kampf gegen das Böse und gegen den Irrtum ist darum notwendige Konsequenz aus der wahren Friedensliebe. Der Kampf gegen den Unfrieden ist Kampf für den Frieden.

Wir dürfen natürlich nicht den Kampf in sich, abgesehen von seinem Anlaß und seiner Zielrichtung, als einen Wert ansehen.

Es kann vorkommen, daß eine Art militärisch-männliches Ideal von Kampfgeist und Heldenmut den Menschen so einnimmt, daß ihm der Kampf an sich Spaß macht und er die brennende Sehnsucht nach dem Frieden verliert, die allein zum Kampf berechtigt.

Der Kampf des Christen ist nur echt, wenn er getragen ist von der Sehnsucht nach dem ewigen Leben, wo alle Gründe für den Kampf entfallen und jede Disharmonie aufgehoben ist im Frieden Gottes.


Schluß folgt


Prof. Josef Seifert: Der kämpfende Mensch ( Teil 1)    (bitte HIER klicken!)
                                                                 ( Teil 2)    (bitte HIER klicken!)
                                                                 ( Teil 3)    (bitte HIER klicken!)
                                                                 ( Teil 4)    (bitte HIER klicken!)
                                                                 ( Teil 5)    (bitte HIER klicken!)
                                                                 ( Teil 6)    (bitte HIER klicken!)
                                                     ( Teil 8, Schluß)    (bitte HIER klicken!)


Über den Philosophen Josef Seifert (geb. 1945) bei wikipedia (bitte HIER klicken!)


 (Hervorhebungen durch Administrator) 

Fest der Bekehrung des hl. Apostel Paulus




Da umleuchtete ihn plötzlich ein Licht vom Himmel. Er stürzte zu Boden und vernahm eine Stimme, die zu ihm sprach: "Saulus, Saulus, warum verfolgst Du Mich?" Er fragte: "Wer bist Du, Herr?" Dieser antwortete: "Ich bin Jesus, den Du verfolgst..."



Apg 9,3-5




Heiliger Paulus,
bitte für uns! 





Foto: Bekehrung des  Apostel Paulus; Lawrence OP

Dienstag, 24. Januar 2012

Der kämpfende Mensch (6)

Josef Seifert  (1975)

Fortsetzung, Teil 6

Kein Widerspruch zur christlichen Liebe

Nun hört oder spürt man heute immer wieder den Einwand:
Widerspricht Kampf und kämpferischer Geist nicht der Liebe? Ist es darum nicht völlig in Ordnung, daß man kaum noch dem Ausdruck "ecclesia militans" begegnet, daß sich die "streitende Kirche" mehr und mehr in eine Kirche der Entspannung verwandelt?

Ist die Liebe nicht das größte aller Gebote, und ist sie nicht in sich der Gegensatz zu jedem Haß und zu jedem Kampf? Ist nicht die wahre Definition des Christen: "einer, der liebt", einer, der Liebe ausstrahlt, und zwar nicht nur auf den oder jenen, sondern auf alle Menschen, nicht nur auf den "Nächsten", sondern gerade auch auf die Fernsten?

Nun, es gibt natürlich einen Haß, der mit der Liebe unverträglich ist: jenen Haß, der aus Begierlichkeit und Hochmut entspringt und sich gegen das Gute, letztlich gegen Gott richtet. Dieser Haß ist der Urgegensatz zur Caritas, zur christlichen Liebe.

Auch der Haß gegen menschliche Personen ist mit der christlichen Liebe nicht zu vereinbaren, auch dann nicht, wenn es sich um böse Menschen handelt. Es gilt: Die Sünde hassen, den Sünder lieben! Das Verbot des Hassens schließt aber nicht ein Verbot des Kämpfens ein: um das Gute durchzusetzen, muß der Christ nicht selten gegen die Parteigänger des Bösen antreten.

Aber auch hierbei muß er sich vorsehen, daß er sich nicht durch Gereiztheit, Bitterkeit, unnötige Schärfe, unrechte Mittel u. dgl. "vom Bösen überwinden läßt", sondern klug und gerecht, zuchtvoll und tapfer und immer liebend "das Böse durch das Gute überwindet."

"Interficere errorem, diligere errantem", sagt der hl. Augustinus: "Töte den Irrtum, aber liebe den, der sich irrt!"

Doch gibt es auch einen Haß, den der Christ nicht genug haben kann. Dieser Haß verträgt sich nicht nur mit der christlichen Liebe, er geht vielmehr notwendig aus ihr hervor, er ist das Nein, das einfachhin zu ihrem Ur-Ja gehört. Der Psalmist sagt: "Vos qui diligitis Deum, odite malum" ("Ihr, die ihr Gott liebt, hasset das Böse").

Die Wahrheit können wir nur lieben, wenn wir zugleich Irrtum und Lüge hassen und verabscheuen, das Gute können wir nur lieben, wenn wir das Böse hassen und von uns stoßen. Schon die Liebe zum Mitmenschen verlangt das: wir lieben ihn nur wirklich, wenn wir das Böse an ihm, das ihn ins Unglück stürzt: seine Fehler und Sünden bekämpfen, in dem Maß und in der Weise, wie es uns möglich ist.

Und schließlich: Wenn wir Gott lieben, die absolute Wahrheit und Güte, so müssen wir notwendig seinen erklärten und unbekehrbaren Feind, die "verkörperte Lüge" und Bosheit hassen. Dieser Haß gegen den Teufel ist einfach die Kehrseite der Liebe zu Gott, ist reine "Wertantwort", d. h. hier die innere Stellungnahme, die dem in sich Bösen und Verabcheuungswürdigen der teuflischen Bosheit gebührt.

Aus diesem Haß fließt das "abrenuntio" ("ich widersage") des Taufversprechens: allen Werken und aller verlockenden Pracht des Teufels sollen wir ein heiliges "Nein" entgegenstellen, das notwendig aus dem "Ja" zu Gott fließt.

Dieser Haß des Bösen geht Hand in Hand mit dem reinen Schmerz der Liebe darüber, daß Böses, Hassenswertes überhaupt existiert. Es ist sozusagen ein von Liebe durchglühter Haß, ein heiliger Haß im Sinne des Psalmisten: "Mit vollkommenen Hasse, O Gott, werde ich deine Feinde hassen."

Größte Grausamkeit: Feiges Schweigen vor Irrtum und Bosheit

Sicher ist der heute oft vernommene Hinweis richtig, daß die Ablehnung des Irrtums nicht selten mit Bitterkeit und Härte zusammengeht, daß die Ablehnung des Bösen die Liebe noch keineswegs garantiert. Aber daraus zu schließen, wir dürften nicht gegen Irrtum und Sünde kämpfen, ist eine ganz falsche Reaktion.

Vielmehr ist es gerade heute notwendig, die viel wichtigere Wahrheit herauszustellen (wie es Dietrich von Hildebrand in seinem schon erwähnten Buch "Das trojanische Pferd in der Stadt Gottes" im Kapitel über den Irenismus getan hat), daß jeder, der liebt, den Irrtum und das Böse hassen muß, daß also die Liebe die Bekämpfung des Irrtums und des Bösen einschließt - notwendig gehört dies zu wahrer Liebe, obwohl es so selten geschieht.

Wir müssen uns klarmachen, wie unverantwortlich die heutige Verschleierung klarer Begriffe durch den falschen Irenismus ist, der dadurch ja eine unerläßliche Tat der Liebe verhindert: die Menschen von ihren Irrtümern und allem, was für sie vom Übel ist, zu befreien.

Was man vom Arzt als ganz selbstverständlich verlangt: die möglichst klare Diagnose der Krankheit, das will man auf geistigem Gebiet, wo es um viel größere Werte und Gefahren geht, "um des lieben Friedens willen" hintertreiben.

Und weiter: Wird man es einem Chefarzt hingehen lassen, wenn er nicht einschreitet gegen ihm unterstellte Ärzte, die laufend Patienten durch Medikamente vergiften oder durch "Kunstfehler" umbringen oder wenigstens gefährden? Kann man ihn als lieblos, intolerant, oder fanatisch bezeichnen, wenn er solche Leute entläßt?

Auf geistigem und religiösem Gebiet sind aber entsprechende Fehlhaltungen gang und gäbe, und dabei geht es hier doch um viel höhere Werte bzw. viel schlimmere Übel, nicht nur um das zeitliche, sondern um das ewige Leben des Menschen.

So vollbringt also, wer hier eine klare Diagnose stellt und die Nebelschleier der "Entspannung" zerreißt, eine wirkliche Tat der Liebe; während andererseits jeder, der auf verantwortlichem Posten steht und Irrlehrer ungehindert gewähren läßt, verantwortungslos eine Pflicht der Liebe verrät.

Fortsetzung folgt



Prof. Josef Seifert: Der kämpfende Mensch ( Teil 1)    (bitte HIER klicken!)
                                                                 ( Teil 2)    (bitte HIER klicken!)
                                                                 ( Teil 3)    (bitte HIER klicken!)
                                                                 ( Teil 4)    (bitte HIER klicken!)
                                                                 ( Teil 5)    (bitte HIER klicken!)
                                                                 ( Teil 7)    (bitte HIER klicken!)
                                                     ( Teil 8, Schluß)    (bitte HIER klicken!) 


Über den Philosophen Josef Seifert (geb. 1945) bei wikipedia (bitte HIER klicken!)


 (Hervorhebungen durch Administrator) 

In Demut bet' ich dich, verborgene Gottheit, an...



Adoro te devote, latens Deitas,
Quæ sub his figuris vere latitas;
Tibi se cor meum totum subjicit,
Quia te contemplans totum deficit.

In Demut bet' ich dich, verborgene Gottheit, an,
Die du den Schleier hier des Brotes umgetan.
Mein Herz, das ganz in dich anschauend sich versenkt,
Sei ganz dir untertan, sei ganz dir hingeschenkt.

Visus, tactus, gustus in te fallitur,
Sed auditu solo tuto creditur.
Credo quidquid dixit Dei Filius;
Nil hoc verbo veritátis verius.

Gesicht, Gefühl, Geschmack betrügen sich in dir,
Doch das Gehör verleiht den sicheren Glauben mir,
Was Gottes Sohn gesagt, das glaub' ich hier allein,
Es ist der Wahrheit Wort, und was kann wahrer sein?

In cruce latebat sola Deitas,
At hic latet simul et Humanitas,
Ambo tamen credens atque confitens,
Peto quod petivit latro pœnitens.

Am Kreuzesstamme war die Gottheit nur verhüllt,
Hier hüllt die Menschheit auch sich gnädig in ein Bild.
Doch beide glaubt mein Herz, und sie bekennt mein Mund,
Wie einst der Schächer tat in seiner Todesstund'.


Plagas, sicut Thomas, non intueor:
Deum tamen meum te confiteor.
Fac me tibi semper magis credere,
In te spem habere, te diligere.

Die Wunden seh' ich nicht, wie Thomas einst sie sah,
Doch ruf' ich: Herr, mein Gott, du bist wahrhaftig da!
O gib, daß immer mehr mein Glaub' lebendig sei,
Mach meine Hoffnung fest, mach meine Liebe treu.


O memoriale mortis Domini!
Panis vivus, vitam præstans homini!
Præsta meæ menti de te vívere,
Et te illi semper dulce sapere.

O Denkmal meines Herrn an seinen bittern Tod,
O lebenspendendes und selbst lebend'ges Brot!
Gib, daß von dir allein sich meine Seele nährt
Und deine Süßigkeit stets kräftiger erfährt.

Pie Pelicane, Jesu Domine,
Me immundum munda tuo sanguine:
Cujus una stilla salvum facere
Totum mundum quit ab omni scelere.

O guter Pelikan, o Jesus, höchstes Gut!
Wasch' rein mein unrein Herz mit deinem teuren Blut.
Ein einz'ger Tropfen schafft die ganze Erde neu,
Wäscht alle Sünder rein, stellt alle schuldenfrei.

Jesu, quem velatum nunc aspicio,
Oro, fiat illud quod tam sitio:
Ut te revelata cernens facie,
Visu sim beátus tuæ gloriæ. Amen

O Jesu, den verhüllt jetzt nur mein Auge sieht;
Wann stillst das Sehnen du, das in der Brust mir glüht:
Daß ich enthüllet dich anschau' von Angesicht
Und ewig selig sei in deiner Glorie Licht? / Amen.





Hymnus, anlässlich der Einführung des Hochfestes Fronleichnam (Corpus Domini) 1264 durch Papst Urban IV. von Thomas von Aquin verfasst
(s. wikipedia)

Foto: Black friairs Oxford; Lawrence OP

Montag, 23. Januar 2012

Der kämpfende Mensch (5)

Josef Seifert  (1975)

Fortsetzung, Teil 5

Gottesstaat und Teufelstaat

Augustinus hat ein großes Panorama dieses Kampfes in seinem Werk "De civitate Dei" entworfen; er spricht von den zwei Städten oder Reichen, die sich erbittert bekämpfen, freilich nicht so, daß sie sich säuberlich und sichtbar voneinander grtrennt gegenüberstehen, sondern so, daß Gottesstaat und Weltstaat nebeneinander und durcheinander existieren, wobei der Gegensatz und der Riß durch die sichtbaren Gemeinschaften, ja durch den einzelnen Menschen hindurchgeht, bis das Weltgericht die endgültige und ewige Scheidung bringt.

Letztes Ziel und Grundgesetz des Gottesstaates ist der "amor Dei usque ad contemptum sui", wie Augustinus es einmal ausdrückte: "die Liebe zu Gott, bis zur Verachtung seiner selbst, bis zur Absage an sich selbst", dort nämlich, wo man in Widerstreit zu Gott gerät. Im Staat des Teufels hingegen herrscht ein "amor sui usque ad comtemptum Dei", eine perverse Selbstliebe, die bis zur Verachtung, bis zum Haß gegen Gott geht.

Wenn wir von diesem Glauben, von diesem durch Vernunft und Erfahrung überreich bestätigten Glauben ausgehen, so begreifen wir den ungeheuren, den absoluten Ernst des Kampfes, in den wir hineingestellt sind.

Es ist einmal der Ernst des Sittlichen an sich, über das schon Sokrates sagt, daß die Ungerechtigkeit ein größeres Übel ist als alle anderen Übel; selbst wenn man aus der Stadt gestoßen und gekreuzigt oder in Pech gesotten würde, so sei das besser als Unrecht zu tun, als sich des sittlich Bösen schuldig zu machen; und umgekehrt ist das größte Gut für den Menschen eben das sittlich Gute, das an den unendlich guten und heiligen Gott rührt.

Gut und Böse sind auch mit den unvermeidlichen Folgen verknüpft, die sich für den Menschen aus seiner Einstellung zu Gut und Böse ergeben, weil er sich darin zugleich für Gott oder gegen Gott entscheidet: zu ewigem Heil oder Unheil.

So ist das größte Gut des Menschen: im Guten veharren und ewiges Heil in Gott, das größte Übel: im Bösen verharren und ewige Verdammnis.

Wir sollten nicht meinen, daß dieser Kampf zwischen Licht und Finsternis, zwischen Haß und Liebe für uns bereits entschieden sei. Jeder von uns, der sich ehrlich erforscht, muß sehen, wie tief das "Unkraut", die Saat des bösen Feindes, in ihm Wurzeln geschlagen hat und wie er eben keineswegs immun ist gegen die Ansteckung durch die "Weltbeherrscher dieser Finsternis". Nein, der Krieg geht weiter, in all seiner Härte und Heimtücke, solange wir leben.

Bedenken wir recht: es ist etwas Ungeheuerliches, daß der Mensch, das begrenzte, endliche, in allem abhängige Geschöpf einem unendlichen überlegenen Gott gegenübersteht, den er in Ehrfurcht und Hingabe anerkennen und anbeten soll, dem er sich aber auch, wie die Engel, wie jede geschaffenen Person, verweigern kann, indem er sich gegen ihn entscheidet: diese Urmöglichkeit ist ihm gegeben.

Es ist ihm möglich, sich selbst vorzuziehen, sein eigenes Glück, seine eigene Befriedigung, seine eigene Lust und Macht und Ehre, und Gott, der ihn an seinem Glück zu hindern scheint, während er ihn tatsächlich nur an der Vergötzung des eigenen Ich in Begehrlichkeit und Stolz hindert, zu vernachlässigen, abzulehnen, zu beneiden, schließlich sogar zu hassen. So kann jeder geschaffene Geist in einem nur der göttlichen Allwissenheit ganz offenbaren Geheimnis sich gegen Gott und sein eigenes wahres Glück wenden.

Wir müssen uns klarmachen, wie tief dieser Kampf geht und wie allseitig er uns in Anspruch nimmt. Denken wir etwa an den höchsten guten Akt, den wir setzen können, den der Liebe zu Gott, und an all das, was ihm widerstreitet in uns: an Eitelkeit, an Ruhmsucht, an Hichmut, an Stolz, oder an Gleichgültigkeit, an Undankbarkeit gegen den uns unendlich liebenden Gott.

Oder denken wir an das andere Grundgebot, das der Nächstenliebe - wir sehen, wie seine Erfüllung von tausend Gefahren bedroht ist. Wir könnten auch im einzelnen die Zehn Gebote oder die drei übernatürlichen Tugenden durchgehen, um zu erkennen, welche Scharen von Feinden, welche Schwaden von Verlockungen in uns gegen sie zum Kampf antreten und wie sehr diese Mächte in der Welt herrschen - Christus sagt ja nicht umsonst, daß Satan der Fürst dieser Welt ist.

"Ich habe den guten Kampf gekämpft", sagt der hl. Paulus am Ende seines Lebens (2 Tim 4,7), den guten Kampf, den jeder Christ bestehen muß. Ziel diese Kampfes ist das Suchen und Festhalten der Wahrheit, die Erfüllung "jeglicher Gerechtigkeit", des sittlichen Guten, und dadurch die Rettung des Menschen, die zwar durch Gott geschieht, aber nicht ohne unsere Mitwirkung.

"Der dich geschaffen hat ohne dich, rechtfertigt dich nicht ohne dich", sagt Augustinus. Aber alles das gipfelt in der Verherrlichung Gottes, und darauf vor allem mußalles Ringen und Kämpfen unseres Lebens gerichtet sein, wie denn auch das in der Kirche fortdauernde Opfer Christi zuerst und über allem der Verherrlichung Gottes dient.

Für den "modern" empfindenden Menschen dürfte hier ein Hinweis nicht unangebracht sein. Die Forderung nach der Verherrlichung Gottes entspringt in keiner Weise einer Art "Selbstsucht" oder "Ruhmsucht" Gottes; sie wurzelt vielmehr in der metaphysischen Grundbeziehung des "Gebührens".

Wie schon einem hohen Kunstwerk Bewunderung und edlen Menschen Achtung und Liebe gebühren, auf Grund ihres Wertes, ihrer in sich ruhenden Kostbarkeit, so gebührt es est recht und über allem Gott, dem unendlich Guten und Urquell alles geschöpflich Guten, "alle Ehre und Herrlichkeit", Anbetung und Liebe "über alles".

Ferner: Nur, wenn wir diesen ersten Zweck und Sinn der Schöpfung, die Verherrlichung Gottes, frei vollziehen, können wir durch Gott "belohnt" und beseligt werden; wie denn schon das Glück menschlicher Liebe voraussetzt, daß wir den andern in Ehrfurcht anerkennen und um seiner selbst willen lieben. (1)

Der böse Kampf des Teufels und seiner Helfershelfer, zielt auf die Unterdrückung der Wahrheit, die Entmutigung und Verzweiflung an der Wahrheit, auf den Sturz des Menschen in die Sünde und richtet sich letzten Endes gegen die Verherrlichung Gottes.

So nimmt es nicht Wunder, wenn er sich mit aller Kraft gegen das Zentrum der Verherrlichung, des Lobes, der Danksagung wendet, gegen die hl. Eucharistie. Wenn der Teufel es fertig brächte, durch Verführung zu Unglauben, Gleichgültigkeit, Entweihung, Blasphemie dieses unsagbare Geheimnis der Liebe und der Verherrlichung Gottes sozusagen in sein Gegenteil zu verkehren, dann wäre der letzte Sinn des Universums überhaupt getroffen.

Wir sehen deshalb auch, wie wenig wir mit einem "humanistischen" Marxismus zusammengehen können, denn sein (übrigens nicht nur sein) Humanismus gipfelt ja im Menschen; sein Ideal ist eine Menschheit, die ihren inn in sich selber trägt, aus der also der wahre letzte Sinn vollkommen eliminiert ist.

Und wenn es wirklich eine rein "humanitäre" Gesellschaft geben könnte, eine im bloß-menschlichen Sinn perfekte Welt (es wird sie nie geben!) - sie wäre unbedingt abzulehnen.

Wir sollten also den guten Kampf rückhaltlos kämpfen, allem Bösen und Falschen, aber auch allen letztlich unmöglichen Kompromissen zwischen "Gott und dem Mammon" widersagen, mögen wir selbst auch noch so geneigt sein, wenigstens hier und da Kompromisse zu schließen.

Jeder Kompromiß, jede noch so harmlos scheinende Verwischung der elementaren Gegensätze nutzt nur dem "Vater der Lüge", dem "Menschenmörder von Anbeginn". "Seid also wachsam" - nicht umsonst trifft uns diese Mahnung in so vielen Variationen im Wort des Herrn und der Apostel. Es ist wahrhaftig "Zeit, vom Schlafe aufzustehen" und wachen Geistes sich in den Kampf zu werfen, wo immer wir gefordert sind.


(1)  vgl. Dietrich von Hildebrand: Ethik, Kap. 18: "Die Beziehung des Gebührens"

Fortsetzung folgt


Prof. Josef Seifert: Der kämpfende Mensch ( Teil 1)    (bitte HIER klicken!)
                                                                 ( Teil 2)    (bitte HIER klicken!)
                                                                 ( Teil 3)    (bitte HIER klicken!)
                                                                 ( Teil 4)    (bitte HIER klicken!)
                                                                 ( Teil 6)    (bitte HIER klicken!)
                                                                 ( Teil 7)    (bitte HIER klicken!)
                                                     ( Teil 8, Schluß)    (bitte HIER klicken!) 

Über den Philosophen Josef Seifert (geb. 1945) bei wikipedia (bitte HIER klicken!)


 (Hervorhebungen durch Administrator) 
Related Posts Plugin for WordPress, Blogger...