von Pater Bernward Deneke FSSP
In den frühen 70er Jahren versuchten einige junge Leute, die sich als entschiedene Christen verstanden, Weihnachten einmal ganz anders zu feiern. Dafür zogen sie sich in eine Berghütte zurück. Auf einen Weihnachtsbaum verzichteten sie, ebenso auf Weihnachtsschmuck, Weihnachtsgebäck, Weihnachtslieder und Weihnachtsgeschenke. Ja, nicht einmal eine Weihnachtskrippe wurde aufgestellt.
Welche Gründe hatten diese Christen für ihre Entscheidung gegen die bei uns übliche Weihnachtsfeier? Sie sagten, durch die späteren Bräuche sei das eigentliche Geschehen zu Bethlehem romantisierend überlagert und so zur Idylle verfremdet worden. Was sich damals vor 2000 Jahren zugetragen habe, sei alles andere als eine Idylle gewesen. Die verniedlichenden Krippendarstellungen mit musizierenden Engeln und Hirten hätten mit der rauhen Realität der Geburt Jesu nichts zu tun, ganz zu schweigen von den anderen Zutaten, insbesondere von dem kitschigen Flitterkram um einen „holden Knaben mit lockigem Haar“. Auch Geschenke sind nach Meinung dieser Eiferer völlig unangemessen angesichts der Armut in Bethlehem; ausserdem werde durch sie mehr der profitgierigen Wirtschaft in die Hände gearbeitet als Gott und den Menschen gedient.
Man braucht an der Aufrichtigkeit solcher Vorstellungen nicht zu zweifeln. Gerade tiefreligiöse Naturen haben sich ja schon immer an der süsslichen Veräusserlichung des Weihnachtsfestes gestossen. Nicht erst in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts, auch längst vorher gab es Menschen, die angesichts der Geburt des Gottmenschen eher die Stille suchten als ausladende Feierlichkeiten, eher die Schlichtheit und Einfachheit als aufwendige Inszenierungen, glitzernden Schmuck und kostspielige Geschenke
Und trotzdem: Ist das, was wir als „traditionelle Weihnachtsfeier“ bezeichnen würden, gänzlich verfehlt? Müssten wir uns also zuerst von vielen angenehmen Gewohnheiten trennen und von liebgewonnenen Bräuchen Abschied nehmen, damit wir dann wirklich Weihnachten feiern könnten?
Die Antwort lautet wie so oft: Ja und nein.
Ja, denn es hat sich tatsächlich manches in die Gestaltung dieses Festes eingeschlichen, was weder angemessen noch irgendwie dienlich ist. Da gibt es bestimmte Weihnachtslieder, die mit der Ankunft des menschgewordenen Gottessohnes rein gar nichts zu tun haben, sondern nur (meistens mehr schlecht als recht) ein romantisch-sentimentales Winterbild mit dicken Schneeflocken, grünenden Tannenbäumen und Glockengeläut zu malen versuchen. Da gibt es eine Sorte von Weihnachtsdekoration in und an den Häusern, die den längst schon seiner Heiligkeit und bischöflichen Würde beraubten St. Nikolaus zur billigen Witzfigur degradiert, dabei keinerlei Beziehung zur Christgeburt hat. Und auch gibt es einen wirklichen Konsumrausch, der die christliche Feier zum Hochfest der Geschäftsleute macht und den „wunderbaren Tausch“ der Menschwerdung (Gott empfängt aus Maria die Menschennatur und schenkt uns dafür in der Gnade Seine göttliche Natur) in einen traurigen Geschenk-Tauschhandel verkehrt.
Das alles und noch manches mehr ist ein Missbrauch des Weihnachtsfestes. Ohne auch nur eine Träne zu vergießen, sollte sich ein aufrechter Christ davon trennen können.
Aber diese Oberflächlichkeiten und Entstellungen dürfen wir eben nicht mit der traditionellen katholischen Weihnacht verwechseln! Lesen wir doch wieder einmal in einigen ruhigen Minuten die Texte der alten Weihnachtslieder, z.B. „Es ist ein Reis entsprungen“, „Zu Bethlehem geboren“, „Ich steh an Deiner Krippen hier“: Wir werden feststellen, dass diese gemütvolle Poesie aus der Betrachtung der Geburt Jesu entstammt und wieder zu ihr hinführt. Schauen wir uns einige gelungene Krippendarstellungen an: Sprechen diese nicht, bei aller Zeitgebundenheit, die sie als Kunstwerke natürlich aufweisen, von der Ehrfurcht und der innigen Liebe zu dem Kindlein, das uns der Vater durch Maria geschenkt hat? Und auch der Vorgang des Sich-Beschenkens offenbart uns seine eigentliche Bedeutung, wenn wir dabei das grosse Geschenk vor Augen haben, das uns die Weihnacht gebracht hat und das uns auffordert, ebenfalls einander zu beschenken.
Weihnachten einmal ganz anders? Auf jeden Fall darf es gewiss noch gläubiger, dankbarer, inniger und liebender gefeiert werden als bisher. Dafür aber braucht man sich nicht unbedingt in eine einsame Hütte zurückziehen.
Hinweise:
- mit freundlicher Genehmigung des Verfassers
- der Beitrag erschien bereits im Schweizerischen Katholischen Sonntagsblatt (SKS)
Danke!
AntwortenLöschenHilft sehr zur Hinwendung auf das Wesentliche.