Maria Immakulata Foto: Lawrence OP |
Als Du, o Gott, den Menschen schufst, hast Du ihm die Gabe der Freiheit gegeben. Was sonst lebt, ist gebunden in die Gesetze der Natur. Die Pflanze wächst, wie sie muß, und das Tier folgt der Notwendigkeit seines Wesens; dem Menschen aber hast Du das Geheimnis des inneren Anfangs gegeben.
Er vermag aus sich selbst zu handeln; so gehört sein Tun ihm, und in seinem Tun gehört er sich selbst. In dieser Freiheit sollte er Dir dienen, aber er hat sie gebraucht, um sich wider Dich zu empören. Da ist sie verdorben, und er ist zum Knecht geworden.
Du aber hast ihn nicht sich selbst überlassen. Du hast Deinen Sohn in die Welt gesandt, und Er hat dem Menschen eine neue, höhere Freiheit verkündet. Jeden von uns ruft er und streckt ihm Seine Hand entgegen, daß er Ihm glaube, Ihm vertraue, Ihm gehorche, und so die Knechtschaft überwinde.
Gib mir Deinen Heiligen Geist, daß ich die göttliche Freiheit ahne, in welcher Christus steht, und das Verlangen nach "der herrlichen Freiheit der Kinder Gottes" empfinde, die Er allein zu geben vermag. Ich bin in dieser Welt, und sie drängt und bindet mich - der Geist aber möge mir die Zuversicht geben, daß ich zur ewigen Freiheit in Dir berufen bin.
Er möge mir helfen, in den Nöten und Forderungen jeder Stunde um sie zu ringen; in beständiger Anstrengung das Böse zu überwinden; rein und gut zu werden und Seiner Heiligkeit Raum zu schaffen. Und in aller Verkettung, aller Armseligkeit und scheinbarer Vergeblichkeit möge Er uns die unbeirrbare Hoffnung schenken auf jenen Tag, in welcher alle Fesseln fallen, und ich der Freiheit der Kinder Gottes teilhaftig werde.
Amen.
Romano Guardini: Theologische Gebete; AD1944 (s. Quellen)
Wunderbar, dass der große Guardini in der Blogozese mal wieder zu Wort kommt!
AntwortenLöschenGesegneten zweiten Advent!
@Johannes
AntwortenLöschenJa, das musste jetzt unbedingt 'mal wieder sein.
Auch Dir einen gesegneten 2. Adventsonntag!