Lourdes; Besuch bei Elisabeth; Foto: Lawrence OP |
Hier beginnt der Ernst der Hingabe. Auf Ehre und Unehre, Leben und Tod ist sie in Gottes Hand.
In dieser Not geht sie von Hause fort, über die Berge, zu Elisabeth, der mütterlichen Frau, mit der sie offenbar ein altes Vertrauen verbindet. Sie, so hofft die Bedrängte, wird verstehen, was sich zugetragen hat. Und sie tut es wirklich, denn der Geist, der das Geheimnis in Maria wirkt, erfüllt auch Elisabeth, so daß sie, noch bevor jene etwas gesagt hat, die Wahrheit erkennt: "Gesegnet Du unter den Frauen, und gesegnet die Frucht Deines Leibes!" (Lk 1,42)
Das ganze Geheimnis ist von der unsäglichen Innerlichkeit erfüllt, in welcher Maria das gottmenschliche Leben trägt, ihm das Ihrige gibt und das Seinige empfängt.
In jedem christlichen Dasein gibt es den heiligen Bereich des Werdens, worin Christus lebt, uns tiefer inne, als wir uns selbst sein können. Da wirkt und wächst er; ergreift unser Sein, zieht unsere Kräfte an sich, dringt in unser Denken und Wollen, durchwaltet unsere Regungen und Empfindungen, damit sich das Wort des Apostels erfülle: "Ich lebe, doch nicht ich, sondern Christus lebt in mir". (Gal 2,20)
Romano Guardini in: Der Rosenkranz Unserer Lieben Frau, AD 1940
(s. Quellen)
(Hervorhebugen durch Administrator)
Danke Frischer Wind, was für eine schöne Hinführung zu den Geheimnissen des Rosenkranzes.
AntwortenLöschenIch hoffe, es trägt auch zur Verbreitung dieses Guardini - Büchleins bei, das so tief begreift und so schön klar und spricht! Lobpreisende Perlen der Ehrfurcht und Liebe.
Es gibt auch die theologisch gut begründete Meinung, dass Maria Josef ihre Freude mitgeteilt habe. Sie hatte ja kein Schweigegebot vom Engel auferlegt bekommen. Henri Caffarel erklärt Mt 1,18-19 so (... Josef, ihr Mann, der gerecht war und sie nicht bloßstellen wollte, beschloss sich in aller Stille von ihr zu trennen): "Josef hat keinen Augenblick der Zweifel gestreift; dazu kennt er Maria zu gut, ihre vollständige Unterwerfung unter Gott, ihre Reinheit, ihre Heiligkeit, ihre Achtung vor dem Gesetz, ihre Verpflichtung ihm gegenüber. Der geringste Verdacht wäre ehrenrührig, nicht für Maria sondern für den Verdächtiger. Von daher rührt der Schmerz Josefs nicht.
AntwortenLöschenDer Gerechte hat vielmehr einen wachen Sinn für das Mysterium. Gott hat ihm Maria als sein Gut anvertraut, zu einem Zweck, der über jede menschliche Einsicht geht. Josef weicht vor Maria, vor dem Werk Gottes in Maria in heiliger Scheu zurück, wie alle, die sich ihrer Unwürdigkeit bewußt werden; er reagiert wie die Gerechten des AT, wie Petrus, der sprach: Herr geh weg von mir, ich bin ein Sünder. Welchen Platz könnte er einnehmen, welche Rolle er spielen, wo Gott allein das Spiel leitet? Maria stellte dem Verkündigungsengel die Frage: Was soll aus meiner Jungfräulichkeit werden? Er, Josef, stellt sich eine andere Frage: Was soll aus unserer Ehe werden?
Ihm drängt sich die grausame Alternative auf. Entweder bleibt er bei Maria, dann maßt er sich, wenn er den Glauben zuläßt, das Kind wäre das seine, den Vatertitel an, der Gott allein zukommt. Oder er verzichtet auf Maria und entläßt sie, indem er alle Vorsichtsmaßnahmen ergreift, damit sie keine öffentliche Schande tritt. Zieht er sich aber auf diese Weise zurück, so opfert er seine Ehe ... Wie sollte Josef da nicht gepeinigt sein?
(aus: Nimm Maria, deine Frau zu dir, 42f).
Klar, dass Josef von der Situation völlig überfordert war und seine Aufgabe erst durch eine besondere Offenbarung Gottes finden konnte.
Die Deutung Caffarels wird der Größe und Heiligkeit des Hl. Josef besser gerecht als die übliche Vorstellung, er habe als Vater einen Anderen vermutet und wolle sich deshalb von Maria trennen.
@sacerdos viennensis
AntwortenLöschenEine schöne und sicher legitime Vorstellung über den Umgang Josefs mit dem Ereignis der Menschwerdung Gottes in Maria, seiner ihm anvertrauten Braut.
Josef Dillersberger (Matthäus 1) sagt zur gleichen Schriftstelle:
"Dieser auch von der Allgemeinheit bereits beobachtete Zustand seiner Braut versetzte Joseph in eine peinvolle Verlegenheit. Er wußte nur eines mit Bestimmtheit: Er selbst hatte seine Braut unberührt gelassen. Er war ja "ein Gerechter" heißt es (...) Eben dieselbe Gerechtigkeit bewog ihn nun zu einer peinlich genauen Erwägung der Sachlage und was er zu tun hätte. Wir dürfen sicher annehmen, daß er als gerechter Mann von seiner Braut nicht schlecht denken wollte. Trotz allen Gegenscheines wollte er also bis ins Denken hinein gerecht bleiben. Nichtsdestoweniger, auch und gerade wenn er das Höchste nicht ausschloß, daß hier Gott ein Wunder gewirkt haben könnte, gab es für ihn einen objektiven Tatbestand: Das, was in Maria war, stammte nicht von ihm. Er hatte also kein Recht auf ihre Leibesfrucht
Als gerecht denkender Mann kann er also das Verlöbnis mit ihr nicht mehr aufrecht erhalten, denn das hieße ja, daß er sich ein Recht zuschreibe, das er ganz sicher nicht hatte. Nun wollte er aber auch gegen seine Braut vollkommen gerecht sein. Es gab nach jüdischem Recht und Brauch in einem solchen Falle die Möglichkeit einer Anklage (...). An eine solche Anklage wollte Josef nicht denken. Ja, es ist wohl nicht anzunehmen, daß der Text diese Anklage meinte, wenn er sagte, er wollte sie nicht "bloßstellen".
Eine Bloßstellung der Braut in diesem Zustand bedeutete vielmehr jeder gesetzliche Scheidebrief. Wenn also Josef erwog, sie "heimlich" zu entlassen, dann ist auch nicht an diesen Scheidebrief zu denken, der schon dadurch eine Öffentlichkeit erlangte, daß ihn zwei Zeugen unterschreiben mußten; außerdem bestand die Bestimmung, daß man diesen Brief auch dem Vater der Braut aushändigen konnte.
Entgegen der Annahme vieler ist also hier an eine wirklich geheime Entlassung zu denken. (...)
Im Grunde ist es freilich müßig, sich diese heimliche Entlassung genauer vorzustellen, denn der Text läßt uns ja deutlich fühlen, daß Josef noch zu keinem genauen Entschluß gekommen war.(...)
So befreite ihn der Engel, der ihm im Traume erschien, von aller Sorge..."
(vgl. Josef Dillersberger, Matthäus 1, Otto Müller Verlag Salzburg, 1953)
Wähend die Textstelle bei Matthäus aber eine Zeit betrachtet, in der Marias Zustand bereits äußerlich sichtbar ist ("ward sie erfunden als eine, die im Schoße empfangen hatte"), ist der Zeitraum, über den Guardini oben spricht, derjenige unmittelbar nach der Verkündigung, bei Lukas 1,38ff: "...Und der Engel schied von ihr. Maria aber machte sich in diesen Tagen auf und wanderte eilends ins Gebirge, in eine Stadt Juda. Sie trat in das Haus des Zacharias...".
Man könnte also - wie Guardini es wohl tut, davon ausgehen, dass Maria in diesem Zeitraum (einige Tage) und in dieser Eile Josef noch nichts von der Verkündigung erzählt hat - zumal sie erst verlobt waren und noch keinen gemeinsamen Hausstand hatten.
Sehr bedenkenswerte Erwägungen.
AntwortenLöschenMir fällt dazu ein,daß neben dem eher menschlichen Vertrauens- oder möglicherweise gar liebenden Verzeihenaspekts,zu dem er als Liebender vielleicht auch "aus sich" fähiggewesen wäre, ihm ja doch offenbart werden mußte, w e r in seiner Verlobten da heranreift, welche Aufgabe ihm da anvertraut wird.darauf kommt ja eher nicht "von allein", sollte man auch nicht:-)