Dienstag, 6. September 2011

Ehebruch, Sünde und Kommunionempfang

"Wer in der Frage der Unauflöslichkeit der Ehe und der eng damit zusammenhängenden Zulassung zur Eucharistie aus Barmherzigkeit Hoffnungen auf eine baldige Änderung der kirchlichen Lehre weckt, muss wissen, dass damit Christus – und in seiner Nachfolge der Kirche – Unbarmherzigkeit unterschoben und die Unauflöslichkeit der Ehe aufgehoben wird."

Diese Worte der Eheleute Norbert und Renate Martin aus Vallendar, langjährige Mitglieder im Päpstlichen Rat für die Familie, machen deutlich, dass durch die Forderung, zivil wiederverheiratete Geschiedene zur Kommunion zuzulassen, wie das Erzbischof Zollitsch von Freiburg in Aussicht stellte (1), sehr wohl auch die Unauflöslichkeit der gültig geschlossenen, sakramentalen Ehe zur Disposition gestellt wird.

Wenn Erzbischof Zollitsch versichert, dass er "fest überzeugt (ist) von der Unauflöslichkeit der Ehe und von ihrem Charakter als Sakrament" (Interview in der "Augsburger Allgemeinen" am 06.09.2011), gleichzeitig aber die Untreue eines oder beider Ehepartner nicht mehr als Sünde bezeichnen will, so macht das ein Dilemma deutlich, dass nur durch das Bestreben, den Menschen mehr entgegen zu kommen als Gottes Willen zu erfüllen, erklärt werden kann.

Zur Frage "Was ist eigentlich Barmherzigkeit?" verweise ich auf den hervorragenden Beitrag von Johannes auf Johannes' Blog (Teil 1 und Teil2), was die kirchliche Lehre über die Unauflöslichkeit der Ehe angeht, hier einige Ausschnitte aus dem "Hirtenwort über die christliche Ehe und Familie" von Franjo Kuharic (1919 - 2002), Erzbischof von Zagreb (ehem. Jugoslawien) aus dem Jahr 1973. (Man könnte meinen, die Zeit sei seitdem stehengeblieben: er ist heute so aktuell wie damals.)

Desweiteren möchte ich auf das Schreiben der Glaubenskongregation an die Bischöfe der kath. Kirche "Über den Kommunionempfang von Wiederverheirateten geschiedenen Gläubigen" vom 14.09.1994 verweisen und auf die Ausführungen des damaligen Kardinals Joseph Ratzinger, in welchen eigentlich alles Nötige gesagt ist.

(1) Das vollständige Interview der "ZEIT" mit Erzbischof Zollitsch, erschienen in der Ausgabe Nr. 36 vom 01.09.2011 finden Sie HIER ( 1., 2., 3., 4.  Seite)


Weiteres zum Thema:

    Links zum Thema: "Wiederverheiratete Geschiedene" und Zulassung zum Kommunionempfang

      5 Kommentare:

      1. Kannst Du die von der Zeit unterstellten Aussagen im verlinkten Interview finden? Ich kann sie nur in den Fragestellungen der Zeit finden, nicht aber in den Antworten von Erzbischof Zollitsch, in denen er den fiesen Fallen (entweder landet er in diesem oder de anderen Straßengraben), die die Fragen aufstellen, geschickt aus dem Weg geht. Da steht nirgendwo was von "zu meinen Lebzeiten werden wir das Kirchenrecht in diesem Punkt ändern", sondern nur "die Situation ist schwierig, und wir sind als Christen dazu aufgerufen, in Barmherzigkeit denen zu helfen, deren Lebensentwurf gescheitert ist, wie das geht, müssen wir ausführlich diskutieren, um zu verantworteten Ergebnissen zu kommen".

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      2. Antwort, Teil 1

        Lieber Vincentius Lerinensis,

        hier die Aussagen von EB Zollitsch im Wortlaut (ich werde mein Post um den Link zum vollständigen Interview in der „Zeit“ ergänzen):

        http://www.zeit.de/2011/36/Interview-Zollitsch/seite-2

        „ZEIT: Bundespräsident Wulff hat sich sehr für den Besuch von Benedikt in Deutschland eingesetzt. Wulff ist katholisch, geschieden und wieder verheiratet. Nach den geltenden Regeln ist er darum vom Abendmahl ausgeschlossen. Gibt das in der katholischen Hierarchie zu denken?

        Zollitsch: Selbstverständlich gibt das zu denken. Der Bundespräsident hat sehr viel Wert darauf gelegt, dass der Papst kommt. Wir stehen ja ganz allgemein vor der Frage, wie wir Menschen helfen, deren Leben in wichtigen Dingen unglücklich verlaufen ist. Dazu gehört auch eine gescheiterte Ehe. Das ist eine Frage der Barmherzigkeit, und darüber werden wir in nächster Zeit intensiv sprechen.

        ZEIT: Was ist denn Ihre Antwort: Ist der Bundespräsident ein guter Katholik?

        Zollitsch: Er ist für mich ein Katholik, der seinen Glauben lebt und darunter leidet, wie die Situation ist. Ich bin dem Bundespräsidenten dankbar für sein öffentliches Glaubenszeugnis.

        http://www.zeit.de/2011/36/Interview-Zollitsch/seite-3

        ZEIT: Dann fragen wir langfristig: Werden unsere Kinder das Fallen des Zölibats noch erleben?

        Zollitsch: Ich glaube nicht, dass die Lösung der Weltkirche so ist. Ich glaube aber, dass wir in der Frage der wiederverheirateten Geschiedenen weiterkommen werden – zu meinen Lebzeiten.“

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      3. Antwort, Teil 2

        Nachdem die Medien über dieses Interview berichtet hatten, gab EB Zollitsch ein weiteres Interview in der „Augsburger Allgemeinen“.
        Darin nimmt er Bezug zu obenstehendem "Zeit"-Interview:

        http://www.augsburger-allgemeine.de/politik/Hier-kommt-nicht-ein-Kirchenfuerst-id16571841.html

        „AuA: Wiederverheiratete Geschiedene dürfen nicht die Kommunion empfangen, weil dies dem Gesetz Gottes widerspreche. Sie wurden kürzlich mit dem Satz zitiert: „Ich glaube aber, dass wir in der Frage der wiederverheirateten Geschiedenen weiterkommen werden – zu meinen Lebzeiten.“ Das brachte Ihnen scharfe Kritik von konservativer Seite ein. Die Befürchtung ist, dass der katholische Glaube durch eine Anpassung an den Zeitgeist verwässert wird. Fühlen Sie sich missverstanden?

        Zollitsch: Was ich will, ist ganz einfach: Ich bin fest überzeugt von der Unauflöslichkeit der Ehe und von ihrem Charakter als Sakrament. Und doch müssen wir erleben, dass Ehen scheitern, dass Ehepartner vom anderen verlassen werden. Die Situation dieser Menschen gilt es wahr und ernst zu nehmen. Denn wenn Menschen, die gültig verheiratet sind, zivil geschieden werden und wieder zivil heiraten, dann leben sie in den Augen der Kirche nicht in geordneten Verhältnissen. Umso mehr bleibt die Frage, ob und unter welchen Umständen man sagen darf, dass sie nicht mehr in Sünde leben und deshalb auch wieder die Kommunion empfangen dürfen. Diese Frage gilt es theologisch zu durchdringen und pastoral zu durchdenken.“


        Nun ist diese Aussage in sich widersprüchlich, denn wenn EB Zollitsch darüber nachdenken will, ob zivil wiederverheiratete Geschiedene nach einer bestimmten Zeit oder unter bestimmten Voraussetzungen nicht mehr in Sünde leben (also der fortgesetzte Ehebruch keine Sünde mehr ist), z. B. nach 3 Wochen oder 3 Jahren oder nach reiflicher Prüfung (wie immer diese aussehen mag) und damit sei die Sache dann wieder geordnet (in Ordnung), dann kann damit ja nur gemeint sein, dass die erste Ehe aufgehoben und die zweite (oder dritte, oder vierte) jetzt die gültige Ehe ist.
        Dann aber kann er wohl kaum behaupten, dass er überzeugt ist „von der Unauflöslichkeit der Ehe und von ihrem Charakter als Sakrament“.

        Das Problem von EB Zollitsch ist, dass er sich manchmal sehr unkorrekt ausdrückt. Vielleicht meint er es manchmal wirklich nicht so, wie es dann rüberkommt. Dann aber müsste er seine Aussagen richtigstellen (wie zuletzt Bischof Kapellari) oder sie zumindest konkretisieren.
        Dies hat er allerdings in diesem Fall in dem Interview mit der „Augsburger Allgemeinen“ getan: „Was ich will, ist ganz einfach…“, sagt er. Was soll man da noch anders verstehen können?

        Pax et bonum
        Frischer Wind

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      4. Daß das nicht richtig gestellt wird, ist tatsächlich ein Kritikpunkt, den ich teilen würde. Schon alleine die Pressestellen in Freiburg und Bonn hätten gleich am 31.8. eigentlich reagieren können/müssen.

        Ich würde auch nach wie vor meine Kritik aufrecht erhalten, daß die ganze Debatte immer nur um die wiederverheiratet Geschiedenen, also "unterkomplex" geführt wird.

        Wenn man allerdings bei Erzbischof Zollitsch mal einen guten Willen unterstellt sowie daß ihm die Komplexität der Frage bewußt ist und er sie bei seinen Gesprächspartnern voraussetzt (was natürlich ein Irrtum ist, aber unter Bischöfen nicht unbedingt ein Einzelfall wäre), dann sind seine Aussagen tatsächlich ganz einfach.

        Bisher gibt es nur einen Ansatz, mit der wiederverheirateten Geschiedenen umzugehen, nämlich sie zum Offizialat zu schicken und die erste Ehe für nichtig erklären zu lassen. Wenn das nicht geht (weil sie eben gültig ist), dann gibt es in der Praxis einfach keinen Plan B mehr bzw. die einzige Idee besteht darin, einfach "Schwamm drüber" zu sagen.

        Beides, also auch die gegenwärtige Praxis über das Eherecht (und in der Regel über den Gummicanon 1095, Nr. 3: "Unfähig, eine Ehe zu schließen, sind jene ... die aus Gründen der psychischen Beschaffenheit wesentliche Verpflichtungen der Ehe zu übernehmen nicht imstande sind.") zu gehen, tragen nicht gerade zu einem eindeutigen Zeugnis der Kirche für die Unauflösligkeit der (sakramentalen und vollzogenen, das muß man ja eigentlich auch immer dazu sagen) Ehe bei. An dieser Situation etwas zu ändern, auch kirchenrechtlich, würde ich durchaus unterstützen (mindestens muß der genannte Canon präzisiert werden).

        Wenn es dabei noch gelänge, die von Dir verlinkten Schreiben aus Rom in die Praxis umzusetzen, umso besser. Bisher scheitert das in der Regel an mangelnder Phantasie. Naja, und daß die Variante "auf eheliches Zusammenleben verzichten" eher selten vermittelt werden kann :-/

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      5. Ja, die Sache ist nicht einfach.
        Wir wollen Erzbischof Zollitsch diesen guten Willen einmal unterstellen, er beteuert ja immer wieder, dass er die Unauflöslichkeit der Ehe nicht in Frage stellen will. Im „Mannheimer Morgen“ (Ausgabe von gestern, 12.09.2011) wird er so zitiert:
        "Das schmälert auch nicht das klare Bewusstsein, dass die Ehe unauflöslich ist". In der Seelsorge stelle sich aber die Frage nach einem "theologisch verantwortungsvollen und pastoral angemessenen Umgang. Darüber gilt es offen und unaufgeregt zu beraten."

        Fortsetzung in meinem Post „Erzbischof Zollitsch und Prof. Lüdicke zum ersten..." vom 13.09.2011 ff

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